Milliardengeschäft mit der Hautfarbe
Besonders in Afrika und Asien boomt der Handel mit Cremes, die die Haut heller machen sollen.
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Okwara erlebte solche Anfeindungen nicht etwa in den USA oder in Europa – sondern in Kenia. "Selbst unter Afrikanern, Menschen mit dunklerer Haut, gibt es Ebenen des Stigmas." Derartige Diskriminierung ist in Afrika und Asien weit verbreitet – und befeuert eine Milliarden-Industrie von Produkten, die die Haut heller machen sollen. Doch im Zuge einer weltweiten Anti-Rassismus-Bewegung ist ein Wandel im Gange.
Produkte, die die Haut aufhellen sollen, sind seit Jahrzehnten auf dem Markt. Einige beinhalten schädliche Substanzen wie Hydrochinon. Einige enthalten schädliche Substanzen und Bleichmittel, die zum Beispiel Ausschläge verursachen können, wie die indische Dermatologin Rashmi Sarkar sagt. Generell hätten viele Cremes nur einen temporären Effekt und die Konsumenten müssten sie ein Leben lang nutzen.
Das hält aber viele nicht vom Kauf der Produkte ab. Vaidehi Sriram spürte schon als Kind, was es in Indien bedeutet, einen dunkleren Hautton zu haben. Lehrer hätten das Aussehen von helleren Mädchen gelobt, erzählt die 36-Jährige. Auf Familienfeiern sagten ihr Verwandte, sie sei zu dunkel, um später einen guten Mann zu finden. Sie rieten ihr, auf rosafarbene Kleider zu verzichten, da diese sie dunkler erscheinen ließen. So taten Sriram und ihre Schwester in ihrer Jugend das, was etliche Frauen und Männer in Asien und Afrika tun: Sie schmierten sich Cremes ins Gesicht und hofften auf eine hellere Haut. "Manchmal haben wir dann so weiß wie ein Geist ausgesehen."
Die Industrie für hautaufhellende Produkte boomt. Auf dem Markt wurden 2018 einer Studie des Marktforschungsinstituts Strategy MRC zufolge rund 4,4 Milliarden Dollar umgesetzt, bis 2027 sollte dieser Wert auf 8,7 Milliarden Dollar wachsen. Das liege daran, dass das Äußere eine immer wichtigere Rolle spiele und die Kunden mehr Geld hätten. Vor allem die Region Asien-Pazifik werde ein "lukratives" Wachstum erleben. Die größten Player auf dem Markt sind weltbekannte Beauty-Konzerne.
Doch langsam wird die Industrie gezwungen, sich zu verändern. Die Black-Lives-Matter-Bewegung in den USA hintergrat zunehmend die geltenden Schönheitsideale. "Im Zuge von Anti-Rassismus-Protesten und -Bewegungen überlegen einige Hersteller und Firmen, ihre Hautaufhellungsprodukte zu ändern", sagt Rupali Swain vom Marktforschungsinstitut GMI.
Zu ihnen gehört der Kosmetik-Gigant Unilever. Deren aufhellende Creme "Fair & Lovely" ist seit vielen Jahren in Indien sehr beliebt. Bis vor einigen Jahren gab es dafür sogar Fernsehspots, in denen Menschen nach dem Gebrauch der Creme – und mit hellerer Hautfarbe – glücklicher und erfolgreicher dargestellt werden. Aber inzwischen stößt das Wort "fair" – das auch mit "hell" übersetzt werden kann – im Markennamen auf Kritik. Daher will der Konzern das Produkt nun in "Glow & Lovely" umbenennen. "Wir sehen ein, dass Wörter wie "fair", "white" und "light" ein singuläres Schönheitsideal suggerieren, das wir nicht für richtig halten", sagte eine Unilever-Sprecherin. Daher werde das Unternehmen diese Wörter komplett von Verpackungen und aus dem Marketing entfernen.
Andere Konzerne gingen einen Schritt weiter. Johnson & Johnson etwa verkündete jüngst, dass zwei Produktlinien nicht mehr verkauft werden sollen. "Aktuelle Gespräche haben gezeigt, dass einige Produktnamen oder Claims auf unseren Produkten zur Reduzierung dunkler Flecken einen hellen oder weißen Hautton als besser darstellen als den eigenen, einzigartigen Hautton", hieß es in einer Mitteilung. "Das war nie unsere Absicht – gesunde Haut ist schöne Haut." Etliche Kritiker fordern, dass auch Unilever die Produktion von "Fair & Lovely" komplett einstellt.
Das Umdenken muss aber vor allem in der Gesellschaft geschehen. Die TV-Moderatorin Okwara hat selbst zwar nie Hautaufhellungsprodukte benutzt, sagt aber: "Es gibt Tage, an denen du aufwachst und dich fragst, wie dein Leben wäre, wenn du anders aussehen würdest." Das eigentliche Problem, das der Industrie, die die Cremes vermarkte, zugrunde liegt, müsse gelöst werden, sagt die Kenianerin: Diskriminierung aufgrund der Hautfarbe. "Wenn der Hautton tatsächlich egal wäre, (...) gäbe es auch keine Hautaufhellungsindustrie."
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