Account/Login

Mit Schummelsoftware zum Rockstar?

Forscher untersuchten, ob sich Hörerzahlen des Streamingdienstes Spotify manipulieren lassen.  

Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen

Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.

Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.

Akzeptieren
Mehr Informationen
Spotify ist der Marktführer unter den Streamingdiensten.   | Foto: dpa
Spotify ist der Marktführer unter den Streamingdiensten. Foto: dpa
Die Zahl von weltweit 160 bis 170 Millionen Nutzern des Internet-Streamingdienstes Spotify könnte durch Software manipuliert sein, berichtete das öffentlich-rechtliche Radio Schweden am Dienstag. Der Sender bezog sich auf eine Studie, die schwedische und deutsche Wissenschaftler veröffentlicht haben. Ergebnis des Forschungsprojekts: Mit Bots, die systematisch Lieder anklicken und so ein hohes Interesse des Publikums simulieren, lasse sich beeinflussen, welcher Song ein Hit werde und welcher nicht.

Laut der Fachzeitung Computer Schweden hat das in Stockholm ansässige Unternehmen bereits 2017 versucht, das Projekt rechtlich zu stoppen, und eine Ethik-Klage beim Wissenschaftsrat angestrengt, der in Schweden Forschungsgelder vergibt. "Der Chefjurist des Wissenschaftsrates hatte noch nie zuvor erlebt, dass eine große schwedische Firma versucht, eine kleine Forschergruppe zu bedrohen", sagt Forschungsleiter Pelle Snickars gegenüber dieser Zeitung.

Die Forscher haben ihre Ergebnisse in dem Buch "Spotify Teardown – Inside the Black Box of Streaming Music" zusammengefasst. Ihr Vorgehen war denkbar einfach: Ein Wissenschaftler spielte einen Song ein, bestehend aus Geräuschen, die entstehen, wenn der Frühstückstisch abgeräumt wird. Dann lud er sein Lied über einen externen Dienst auf die Musikstreamingseite Spotify. "Spotifys automatisch Aggregatoren lehnten den Song zunächst ab. Sie fanden, dass es sich dabei nicht um Musik handelt. Als wir für die Präsenz auf Spotify bezahlten, galt es dann doch als Musik und wurde zugelassen", erzählt Pelle Snickars, Professor für Medien und Kommunikationswissenschaften, dieser Zeitung. Die Universität Umeå nutzte ihre Computer, um mit Roboterprogrammen den Song tausendfach abzuspielen. "Unser Song wurde so zu einem kleineren Hit", sagt Snickars. Mit mehr Bots wäre der Effekt noch größer gewesen, glaubt er. "Dann hätten wir aber viel mehr Hardware einkaufen müssen." Des Weiteren haben die Forscher versucht, ins Innere der Plattform vorzudringen, um die Algorithmen zu analysieren, die Spotify steuern.

"Es ist äußerst unklar, ob die 160 bis 170 Millionen Hörer weltweit, die Spotify angibt, wirklich Menschen oder doch Maschinen sind und wie das tatsächliche Verhältnis zwischen beiden Gruppen aussieht", sagt Snickars. Gerade weil Spotify im Gegensatz zum Konkurrenten Apple Music Gratiskonten anbiete, sei die Manipulation einfacher. Allerdings habe der Dienst seit Bekanntwerden der Studie seine Abwehrmechanismen verstärkt.

Spotify selbst nimmt zu den Erkenntnissen der Wissenschaftler nur schriftlich Stellung: "Wir nehmen die künstliche Streaming-Manipulierung in unserem Dienst sehr ernst. Spotify hat mehrere Maßnahmen installiert, die die Nutzung überwachen und um solche Aktivitäten zu entdecken", heißt es in einer Stellungnahme gegenüber Radio Schweden.

"Spotify hat tatsächlich viel für die finanzielle Erholung der Musikbranche getan. Aber Unternehmen mit so viel Macht müssen transparenter werden, wir haben nur an der Oberfläche kratzen können", sagt Snickars. Im Buch wird auch beschrieben, dass Spotify eben nicht nur die nette Firma aus Schweden sei, sondern ähnlich knallhart wie Facebook und andere US-IT-Giganten funktioniere. "Vor allem Facebook wird als Datenkrake kritisiert, es ist unklar, warum Spotify von dieser Kritik bislang verschont wurde. Die wollen auch alles über ihre Nutzer wissen und verkaufen das dann an den Werbemarkt", sagt Snickars.

Pelle Snickars, Maria Eriksson und andere: Spotify Teardown: Inside the Black Box of Streaming Music. MIT Press, Cambridge 2019. 286 Seiten, circa 17 Euro.


Ressort: Computer & Medien

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Mi, 20. März 2019: PDF-Version herunterladen

Artikel verlinken

Wenn Sie auf diesen Artikel von badische-zeitung.de verlinken möchten, können Sie einfach und kostenlos folgenden HTML-Code in Ihre Internetseite einbinden:

© 2024 Badische Zeitung. Keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben.
Bitte beachten Sie auch folgende Nutzungshinweise, die Datenschutzerklärung und das Impressum.

Kommentare


Weitere Artikel