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Pure Mode

Deutschlands Vorzeige-Designerin Jil Sander wird 75 / Die Schlichtheit war ihr Erfolgsmodell.  

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Jil Sander im November 2017  | Foto: dpa
Jil Sander im November 2017 Foto: dpa

HAMBURG. Jil Sander hat die Mode revolutioniert. Die "Queen of Less" schuf Damenkleidung aus Herrenstoffen, feminin und schmeichelnd. Ihren Namen gab sie sich selbst – ihr eigener klang ihr zu süßlich.

Still geworden ist es um Jil Sander. Ab und zu blitzt ihr Name noch einmal in den Medien auf. Wie vor einem guten Jahr, als in Frankfurt eine Ausstellung über ihr Lebenswerk eröffnet wurde. Oder vor zwei Jahren, als ihr Stadtpalais in Hamburg zum Verkauf stand. Die Gefahr jedoch, dass Deutschlands Vorzeige-Designerin in Vergessenheit gerät, besteht kaum. Dazu war ihr Einfluss auf die Mode zu groß. An diesem Dienstag wird sie 75 Jahre alt. Und es ist damit zu rechnen, dass sie ihren Geburtstag eher diskret begeht.

Vielleicht auf Ibiza, wo sie eine Finca besitzt und ihr eigenes Olivenöl herstellen lässt. Oder auf Gut Ruhleben nahe Plön, wo die Hamburgerin über viele Jahre zusammen mit ihrer Lebensgefährtin Angelica Mommsen einen wunderschönen Garten anlegte. Als jene 2013 unheilbar an Krebs erkrankte, änderte die Modemacherin ihr Leben.

Sie verließ das von ihr gegründete und mittlerweile zur japanischen Onward Luxury Group gehörende Unternehmen. Das hatte sie nach dem Verkauf der Aktienmehrheit der Jil Sander AG (ursprünglich an Prada) 1999 schon mehrfach getan. Doch war sie mehrfach auf ihren Posten als Chefdesignerin zurückgekehrt. Die Mode schien sie nicht loszulassen. Doch diesmal hat sie sich anscheinend, auch nach Mommsens Tod 2014, endgültig ihrem Privatleben zugewandt. In einem Interview, das die sonst eher scheue Hamburgerin gab, zeigte sie sich nahbar. "Viele Menschen sprechen mich an und sind nett zu mir", sagte sie. "Ich will ohnehin die Menschen, die Dinge und die Welt als Privatperson näher kennenlernen." Verblüfft konstatierte sie, dass ihre Kundinnen sehr intensiv mit ihren Entwürfen gelebt hätten. Sie traf damit eine Besonderheit ihrer Mode auf den Punkt. Jil-Sander-Trägerinnen verschrieben sich ihr mit Haut und Haaren. Wer einmal ihre klaren und zugleich weichen und äußerst luxuriösen Teile angezogen hatte, kam nur schwer davon wieder los.

Sie brachte das Kunststück fertig, Frauen via Kleidung zu einem neuen Selbstverständnis und -bewusstein zu verhelfen. Sander hielt gegen den, wie sie einmal sagte, "Modeschöpfer-Blödsinn" der 1950er-Jahre, die aufgetakelten Kleider ihrer Jugendzeit. Sie schuf Damenkleidung aus Herrenstoffen, die nicht maskulin, sondern feminin und schmeichelnd wirkte. Und revolutionierte damit nebenbei die Modewelt.

Der modische Purismus fand in ihr nicht nur eine Pionierin, sondern auch ein Aushängeschild. Bundesweit bekannt wurde sie Ende der 1970er-Jahre, als sie Parfüm-Werbung mit ihrem eigenen Gesicht machte. Plötzlich sprach jeder von der blonden Frau mit den klaren Zügen, die zudem einen ungewöhnlichen, androgynen Namen trug. Den hatte sie sich selbst gegeben. Ihr eigener Name Heidemarie Jiline klang ihr zu süßlich.

Als eine der wenigen deutschen Designergrößen hat es die gelernte Textilingenieurin geschafft, international anerkannt zu werden. Ihr Name wurde in einem Atemzug mit dem von Giorgio Armani oder Calvin Klein genannt. Noch heute trauern viele Frauen der "echten Sander" nach. Auch wenn mit den Designern Lucie und Luke Meier begabte Kreativköpfe die Marke führen – die Zeiten, als selbst die elitärsten Moderedakteurinnen sich nach Jil Sander-Entwürfe förmlich verzehrten, sind vorbei.

Sie selbst formulierte es bescheidener: "Auf eine Weise, die mir nicht ganz klar ist, scheine ich das Vertrauen der Menschen gewonnen zu haben."

Ressort: Panorama

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Di, 27. November 2018: PDF-Version herunterladen

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