Präzision im Konzertsaal
Feurig und nuancenreich, barocke Strenge – beim achten Klosterkonzert in St. Blasien ist der musikalische Bogen weit gespannt. Das Latin Strings Quartet begeistert.
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Das Streichquartett des Chilenen Sánchez ist durchzogen von einem ostinaten Rhythmus – eine sich stetig wiederholende musikalische Figur – über dem sich jeweils eine weit ausholende, anmutige Kantilene aussingt, mal vorgetragen durch das weich samtige und doch volltönende Cello Kevin Guerras, mal durch den strahlenden Klang der Geigen von Ines Vega und Katya Contreras. Im ersten Satz wird der Rhythmus unterbrochen durch eine lyrisch-hymnische Passage, im zweiten treten zu Beginn Cello und Bratsche in ein apartes Pizzicato-Zwiegespräch. Nachdem in diesem Satz die romantische Kantilene mit südamerikanischem Einschlag vorherrscht, tritt im dritten wieder stärker der ostinate Rhythmus in den Vordergrund, gekrönt von einer Flageolettmelodie der ersten Geige. Mit furiosen Akzenten, rasenden Läufen und heftigen Tremoli beginnt der vierte, mit seinem Dissonanzenreichtum und den hier wechselnden Rhythmen der am modernsten klingende Satz, in dem auch Erika Cedeno ihren satten Bratschenklang zur Geltung bringen darf.
Frisch, dynamisch hoch flexibel, die Melodien schwungvoll in großen Bögen ausspielend und mit kraftvollen Akzenten durchsetzt, gestalteten die Latin Strings Dvoráks "amerikanisches" Streichquartett. Im ersten Satz stellten sie besonders Dramatik und Naturidyll einander gegenüber, in zweiten schafften sie wunderbar fließende Übergänge von einem Melodieinstrument zum nächsten, wobei sie die strahlenden Hochtöne der Melodie genial mit einem intensiv gesteigerten Crescendo der Begleitstimmen vorbereiteten. Die rhythmischen Finessen des dritten Satzes spielten sie ebenso gekonnt heraus wie sie die dramatische Verve und den wieselflinken Spielwitz des vierten umsetzten, um den Kontrast zu der stark gedehnten lyrischen Passage noch mehr zu verdeutlichen. Mit einem solch feurigen Drive und Nuancenreichtum reiht sich Dvorák optimal in diese Programmfolge ein.
Mit Betonung auf die barocke Strenge der Komposition erklang nach der Pause Bachs Kontrapunktus 1 aus der Kunst der Fuge mit fließendem Übergang zum rhythmischen Wechselbad von Piazzollas "Tango del ángel". Scheinbar völlig einem hektischen Chaos anheimgefallen und dennoch höchst präzise geführt, wirkte die rhythmische Vielfalt in Orlando Cardozos Werk. Die Akkuratesse im Zusammenspiel der akzentuierten Striche der Begleitakkorde gepaart mit der sehnsüchtigen Leidenschaft der Melodien von Bratsche und Cello machten diesen Programmpunkt zu einem ganz speziellen Hörerlebnis. Dasselbe gilt für Piazzollas 1956 für einen Tanzfilm komponierten Soundtrack "Tango Ballet", dessen sechs kurze, jeweils durch die Einleitung des Cellos markierte Abschnitte unterschiedliche, ebenso farben – wie kontrastreiche Charakterszenen malen, von einschmeichelnder Eleganz bis zu hochvirtuoser Dramatik. Das lateinamerikanische Temperament des Abends hatte sich offenbar auf das Publikum übertragen, das seiner Begeisterung mit anhaltendem rhythmischem Klatschen Ausdruck verlieh.
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