Debatte über Intersexualität
Olympiasiegerin Semenya verliert vor Sportgerichtshof
Die Mittelstreckenläuferin aus Südafrika muss in Zukunft wieder Medikamente einnehmen, die ihren Testosteronwert mindern.
dpa
Mi, 1. Mai 2019, 19:49 Uhr
Leichtathletik
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"Manchmal ist die beste Reaktion, gar nicht zu reagieren", twitterte Semenya. Die 28 Jahre alte Südafrikanerin hat nun die Möglichkeit, innerhalb von 30 Tagen Einspruch beim Schweizer Bundesgericht einzulegen. Sie hat auch die Möglichkeit, den Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg anzurufen.
Seit 2009 steht die zweimalige Olympiasiegerin und dreimalige Weltmeisterin über 800 Meter im Mittelpunkt einer Debatte über Hyperandrogenismus, Intersexualität und vermeintliche Wettbewerbsvorteile. Läuferinnen, die künftig bei internationalen Wettkämpfen über Distanzen von 400 Metern bis zu einer Meile (1609 Meter) starten wollen, müssen ihren Testosteronwert "innerhalb einer durchgehenden Periode" von mindestens sechs Monaten auf unter fünf Nanomol pro Liter senken. Dies ist auch durch die Einnahme hormoneller Verhütungsmittel möglich. Einschränkungen könnte es auch für Hammerwerferinnen und Stabhochspringerinnen geben. Die Testosteron-Regel der IAAF wird nun am 8. Mai in Kraft treten. Der CAS wies in seiner Entscheidung aber darauf hin, dass die praktische Umsetzung im Einzelfall juristische Probleme heraufbeschwören könnte.
Das dreiköpfige CAS-Gericht in Lausanne lehnte dennoch die Einsprüche Semenyas und des südafrikanischen Leichtathletik-Verbandes (ASA) ab. Die IAAF-Regel sei zwar diskriminierend, aber die drei Richter befanden sie mehrheitlich auf Grundlage der von allen Parteien eingereichten Unterlagen auch "als notwendiges, vernünftiges und angemessenes Mittel". So könne das Ziel des Weltverbandes erreicht werden, die Integrität weiblicher Athleten in den fraglichen Wettbewerben aufrecht zu erhalten.
Dem CAS-Gericht gehörten eine Frau und zwei Männer an: die Australierin Annabelle Bennett, der Kanadier Hugh L. Fraser und der Schweizer Hans Nater. Der Großteil der 165-seitigen Urteilsbegründung ist noch vertraulich; eine ausführliche Zusammenfassung will der CAS in Kürze veröffentlichen.
"Wir haben immer gesagt, dass diese Regeln auf den Menschenrechten und der Würde von Caster Semenya und anderen weiblichen Athleten herumtrampeln", betonte das südafrikanische Ministerium für Sport und Freizeit in einer Erklärung. Das Urteil sei "enttäuschend", meinte die Regierung der Kap-Republik. Sportministerin Tokozile Xasa machte Semenya aber auch Mut für ihre sportliche Zukunft. "Du bleibst unser Golden Girl. Du hast eine Nation geeint", sagte sie.
Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) sieht in der Gerichtsmitteilung einen Hinweis darauf, wie schwierig die Entscheidung gewesen sei. "Da das aktuelle Urteil des CAS explizit nur für wenige Lauf-Disziplinen in der Leichtathletik gilt, sind für die Zukunft wohl weitere Verfahren zu erwarten", teilte der DOSB am Mittwoch mit. "Der Beschluss hat aus meiner Sicht nicht nur Auswirkungen für die Sportart Leichtathletik, sondern ist letztlich richtungsweisend für den gesamten Leistungssport", sagte DLV-Präsident Jürgen Kessing.
In einer Stellungnahme der IAAF am Mittwoch hieß es, das Gericht habe das legitime Ziel bestätigt, die Integrität weiblicher Leichtathletik bei den von der Regel betroffenen Ereignissen zu erhalten. Das Internationale Olympische Komitee teilte mit, es arbeite mit Hilfe von Experten an spezifischen Richtlinien für internationale Verbände. Sie sollen helfen, Diskriminierung zu verhindern und Fairness in derartigen Fällen zu gewährleisten. Die CAS-Richter warnten ausdrücklich davor, dass es im konkreten Einzelfall zu Problemen bei der Umsetzung der Regel kommen könne.