Bildung
Schlechtere Schulleistungen im Land
Die Leistungen von Grundschülern in den Kernfächern haben sich teils deutlich verschlechtert. Kultusministerin Susanne Eisenmann sieht Versäumnisse in der Bildungspolitik des Landes und will Konsequenzen ziehen.
So, 15. Okt 2017, 11:44 Uhr
Südwest
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Die getesteten baden-württembergischen Grundschüler erreichen Mittelfeld-Plätze. 2011 lagen sie noch durchweg in der vorderen Gruppe. In Deutsch etwa rutschen sie von Platz 5 auf 13 ab. Besonders drastisch sind die Rückgänge in Mathematik und in Deutsch bei den Zuhör-Fähigkeiten. "Die Rückgänge gegenüber 2011 bewegen sich hier in einer Größenordnung, die nur mit dem Schlusslicht Bremen vergleichbar ist", klagt das Kultusministerium von Ressortchefin Susanne Eisenmann (CDU). Beim Lesen und Zuhören liegt das Land nun leicht unter dem Bundesschnitt, in Rechtschreibung und Mathe leicht darüber.
63 Prozent der hiesigen Schüler erreichen mindestens ein mittleres Leseniveau. Bundesweit sind es knapp 66 Prozent. Gut 13 Prozent (gegenüber 12,5 Prozent) bleiben unter den von der Kultusministerkonferenz definierten Mindestanforderungen beim Lesen. Beim Zuhören erreichen im Land 67,1 Prozent (Bundesdurchschnitt: 68,4) den Regelstandard, 12 Prozent (Bund: 10,8) verfehlen das Mindestziel. In Mathematik können 62,7 Prozent der Südwest-Viertklässler die Regelanforderungen oder mehr (Bund: 62,2). Fast jeder sechste Schüler erreicht aber den Mindeststandard nicht.
Bundesweit hat sich beim Zuhören der Anteil von Kindern, die die Regelstandards erreichen, in fünf Ländern deutlich verkleinert: in Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt. Bei Mathe gab es Negativtrends in Baden-Württemberg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt.
Als eine Ursache für die Entwicklung nannte Ministerin Eisenmann die "zunehmend heterogene Schülerschaft". Baden-Württemberg habe mit 45 Prozent von allen Flächenländern den höchsten Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund. Bundesweit sind es 33 Prozent. "Das haben wir in der Vergangenheit vielleicht unterschätzt", sagte Eisenmann. Die 2015 und 2016 gekommenen Flüchtlingskinder sind in der Studie aber nicht berücksichtigt, getestet wurden nur Kinder, die länger als ein Jahr im Regelunterricht waren. Das bedeutet für Eisenmann: "Die Aufgabe wird größer und nicht kleiner. Das Thema Heterogenität wird in seiner Bedeutung zunehmen."
Die Ministerin kündigte an, die Studie auszuwerten und "mit der Wissenschaft abgestimmte Konsequenzen zu ziehen". Es gehe darum, mehr Wert auf die Kernkompetenzen zu legen, auch seien zentrale Klassenarbeiten denkbar und ein Ausbau der Sommerschule in den Ferien. Auch arbeite man an einem Konzept, um Schulleiterstellen attraktiver zu gestalten. Außerdem orientiere man sich weiter an erfolgreichen Ländern wie Hamburg: "Dort gibt es seit zehn Jahren ein datengestütztes Bildungscontrolling und regelmäßige Leistungskontrollen. Davon können wir lernen."
Die Grünen hatten schon vor Veröffentlichung der Studie ein Konzeptpapier veröffentlicht. "Wir nehmen die Grundschulen ganzheitlich in den Blick", erklärte Fraktionschef Andreas Schwarz. Unter anderem fordern die regierenden Grünen eine bessere Aus- und Fortbildung von Lehrern, 200 zusätzliche Ausbildungsplätze für das Grundschullehramt und eine Stärkung der Schulleiter.
Der Koalitionspartner CDU warnte vor Schnellschüssen, wie der "reflexartigen Forderung nach mehr Geld". Fraktionschef Wolfgang Reinhart und der bildungspolitische Sprecher Karl-Wilhelm Röhm kündigten eine Aufarbeitung der Studienergebnisse an. Eine Ursache, so erklärten sie, sei die Politik der grün-roten Vorgängerregierung.
Dagegen wehrte sich die SPD. Fraktionschef Andreas Stoch, von 2013 bis 2016 Kultusminister, forderte: "Die politischen Grabenkämpfe und gegenseitigen Schuldzuweisungen müssen ein Ende haben." Er wünsche sich eine Enquete-Kommission für den frühkindlichen Bereich und die Grundschule. In Konflikten sieht auch die oppositionelle FDP keinen Wert. Der bildungspolitische Sprecher Timm Kern foderte "verlässliche Rahmenbedingungen" und "einen echten Schulfrieden für Baden-Württemberg".
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