Baden-Württemberg

Horrorfilm und Tanzen an Karfreitag verboten: Ist das noch zeitgemäß?

Im vergangenen Jahr sind fast 100.000 Menschen aus den Kirchen in Baden-Württemberg ausgetreten. Dennoch gilt an Karfreitag weiterhin Tanzverbot - auch im Kino und beim Sport gelten Einschränkungen.  

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Weniger als die Hälfte der Deutschen i...s an Karfreitag weiterhin Tanzverbote.  | Foto: Jonas Walzberg (dpa)
Weniger als die Hälfte der Deutschen ist christlich. Dennoch gibt es an Karfreitag weiterhin Tanzverbote. Foto: Jonas Walzberg (dpa)

Obwohl immer weniger Menschen den christlichen Kirchen in Baden-Württemberg angehören, gilt an Karfreitag aus Respekt vor der Religion weiter ein Tanzverbot. Auch in diesem Jahr wird wieder darüber debattiert, ob das noch zeitgemäß ist.

Sonn- und Feiertage sind in Deutschland als "Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung" durch das Grundgesetz geschützt. Daher bleiben beispielsweise Geschäfte geschlossen. Eine besondere Variante sind die sogenannten stillen Feiertage wie der Karfreitag. An diesen Tagen können je nach Region Tanz, Musik und bestimmte Filme im Kino untersagt sein. Was genau an Karfreitag verboten ist, definieren die Gesetze der jeweiligen Bundesländer.

In Baden-Württemberg finden keine Sportveranstaltungen statt. Außerdem gilt von Gründonnerstag (18 Uhr) bis Karsamstag (20 Uhr) Tanzverbot in der Öffentlichkeit – auch in Vereinen oder bei geschlossenen Veranstaltungen in angemieteten Räumen. Es sind jedoch Ausnahmen mit Sondergenehmigung möglich. Genehmigungen gibt es, wenn die einem höheren Interesse der Kunst, Wissenschaft oder Volksbildung dienen würden.

Der Religionssoziologe Detlef Pollack hält das Tanzverbot an Karfreitag noch für zeitgemäß. "Ich finde es richtig, die Ruhe dieses Tages zu respektieren. Es ist, glaube ich, keine allzu große Zumutung, an diesem einen Tag auf Tanz und laute Musik zu verzichten", sagte der Wissenschaftler von der Universität Münster der Deutschen Presse-Agentur. "Meine Position ist: Man sollte das Tanzverbot nicht durchsetzen, aber man sollte es auch nicht verletzen."

Filme, die nicht dem Charakter des Feiertags entsprechen, dürfen nicht gezeigt werden

Auch im Kino gelten Einschränkungen: Filme, die nicht dem Charakter des Feiertags entsprechen, erhalten keine Freigabe. Dieses Jahr darf nur der Horrorfilm "The Monkey" nicht gezeigt werden. Laut der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) gab es im vergangenen Jahr zum Karfreitag keinen einzigen Film ohne Feiertagsfreigabe in den Kinos.

Befürworter des Tanzverbots sehen Karfreitag als Erinnerung für alle Menschen, was Leid und Elend bedeute. "Der Blick wird dabei auf andere, auch auf die Welt gerichtet, weg von den eigenen Bedürfnissen", teilte Dr. Jörg Schneider von der evangelischen Landeskirche mit.

Protest gegen Tanzverbot

Für Kritiker wie Thomas Filimonova, Besitzer des Clubs "LKA Longhorn", gehöre ein solches Tanzverbot nicht zu einer Demokratie. In dem Club findet jedes Jahr zu Karfreitag mit einer Sondergenehmigung ein Event statt. Ohne diesen Abend würde Filimonova etwa 7.000 Euro verloren gehen. "Ich möchte mir von der Kirche nicht vorschreiben lassen, wann ich tanzen darf", sagte er.

2015 wurde das Feiertagsgesetz etwas gelockert. Für Innenminister Thomas Strobl (CDU) gibt es keinen weiteren Anpassungsbedarf. "Zum Tanzen, Feiern und für Veranstaltungen stehen reichlich andere Tage zur Verfügung." Feiertage seien Teil der christlichen Werte, der Kultur und des Brauchtums. "Der Karfreitag ist heilig. Er ist der einzige Feiertag mit einem ganztägigen Veranstaltungs- und Tanzverbot. Dies entspricht dem stillen Wesen und der traurigen Bedeutung dieses Tages", so Strobl.

Schlagworte: Thomas Strobl, Thomas Filimonova, Jörg Schneider

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