Lebensmittel
Nordrhein-Westfalen will Wegwerfkultur per Gesetz unterbinden
Eine Initiative ggeen das Wegwerfen von Lebensmitteln hat das Land Nordrhein-Westfalen im Bundesrat gestartet. Bislang wird diese jedoch von Ernährungsminister Christian Schmidt (CSU) blockiert.
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BERLIN. Tomaten mit Druckstellen und Milch jenseits des Haltbarkeitsdatums – manche Lebensmittel, die durchaus noch genießbar sind, werfen die Supermärkte abends weg. Man darf oder will sie den Kunden am nächsten Tag nicht noch einmal anbieten. Nordrhein-Westfalen will diese Wegwerfkultur nun per Gesetz zurückdrängen, aber Bundesagrar- und Ernährungsminister Christian Schmidt (CSU) spielt nicht mit.
Trotzdem werden jährlich elf Millionen Tonnen Nahrungsmittel in Deutschland weggeschmissen – ein "moralisches, ethisches und ökonomisches" Ärgernis, wie Nordrhein-Westfalens Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) findet.
Aus dieser Motivation heraus ist das Ansinnen entstanden, die Bundesregierung möge eine "gesetzliche Initiative zur Verringerung der Lebensmittelverluste" ergreifen und "verbindliche Reduktionsziele" festlegen. So heißt es im von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) unterzeichneten Antrag, den NRW Ende der Woche im Bundesrat einreichte.
Genaue Maßnahmen, wer was tun soll, enthält dieser in die Länderkammer eingebrachte Antrag nicht. Im März wird sich der Bundesrat damit befassen. Rot-Grün in Düsseldorf hofft auf die Mehrheit der Landesregierungen. Saarlands Verbraucherminister Reinhold Jost (SPD) hat bereits seine Unterstützung zugesagt.
Wie es weitergeht, ist aber fraglich, denn Bundesernährungsminister Christian Schmidt (CSU) lehnt die Initiative ab. Er kontert: "Der Großteil unserer Lebensmittelabfälle entsteht in den Privathaushalten, da können wir mit einem Gesetz nichts erreichen." NRW-Umweltminister Remmel wirft ihm vor: "Er drückt sich davor, klare Regelungen für den Handel und die Lebensmittelindustrie festzulegen."
Tatsächlich sind Privathaushalte für etwa 60 Prozent der nutzlosen Lebensmittelentsorgung verantwortlich. Durchschnittlich 80 Kilogramm Nahrungsmittel werfen die Bundesbürger jährlich weg, haben Forscher der Universität Stuttgart vor fünf Jahren ermittelt. Eine erstaunliche Menge, denn der Pro-Kopf-Verbrauch von Lebensmitteln beträgt laut Umweltministerium 500 Kilo pro Jahr. Die übrigen 40 Prozent der weggeworfenen Lebensmittel gehen auf das Konto von Großverbrauchern wie Hotelketten, Krankenhäusern, Mensen, Altenheimen sowie Handel und Industrie.
Manche Unternehmen haben bereits freiwillig umgesteuert. So geben mittlerweile einige Supermärkte ihren Ausschuss an die sogenannten Tafeln weiter, die bundesweit arme Leute und Obdachlose mit kostenlosem Essen helfen. Andere Firmen kooperieren mit der Initiative Foodsharing, die nach eigenen Angaben allein in Berlin bislang 1,5 Millionen Tonnen Lebensmittel vor dem Container gerettet haben will. Ähnliche Projekte existieren in Darmstadt, Frankfurt, Hamburg, Köln, München und weiteren Städten. Trotzdem bleibt jede Menge zu tun.
Laut den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen, die Deutschland unterstützt, soll die Verschwendung von Lebensmitteln bis 2030 auf die Hälfte sinken. Wie das hierzulande zu schaffen ist, steht in den Sternen. Frankreich immerhin hat schon ein Gesetz, das die NRW-Landesregierung als Vorbild anführt: Größere Supermärkte im Nachbarland seien verpflichtet, unverkaufte Nahrungsmittel zu spenden, zu Tierfutter zu verarbeiten, zu kompostieren oder mindestens als Energierohstoff zu nutzen.
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