"Mit Kino kann man was bewegen"

ZISCH-INTERVIEW mit dem Kinoleiter Moritz Hollinger über die schönsten Filme und die Konkurrenz von Streamingdiensten.  

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Tim Schächer gemeinsam mit Moritz Hollinger im Kino Harmonie  | Foto: privat
Tim Schächer gemeinsam mit Moritz Hollinger im Kino Harmonie Foto: privat

Tim Schächer, Zisch-Reporter aus der Klasse 4b der Turnseeschule in Freiburg, hat den Leiter der Freiburger Kinos Harmonie, Friedrichsbau und Kandelhof, Moritz Hollinger, interviewt.

Zisch: Herr Hollinger, was ist Ihre Aufgabe als Kinoleiter?
Hollinger: Als Kinoleiter muss man sich als Allererstes darum kümmern, dass die Filme da sind. Ohne Filme gibt es kein Kino. Vielleicht fange ich damit an: Kinos mieten ihre Filme von den so genannten Filmverleihern. Es gibt Firmen, die Filme an die Kinos verleihen. Star Wars zum Beispiel kostet Geld. Den hat jemand gedreht, das ist ein künstlerisches Werk und dafür gibt es Firmen, die die Rechte einkaufen, um den Film zeigen zu dürfen. Diese Firmen vermieten die Filme an Kinos. Wir mieten diese Filme und dürfen sie gegen ein Entgelt zeigen. Diese Filme kommen hierher und ich muss mich darum kümmern, dass sie wirklich da sind. Manchmal geht etwas schief: Entweder klappt die Übertragung nicht, oder die Post schlampt, oder jemand vergisst, den Film loszuschicken. Ansonsten kümmere ich mich um die Mitarbeiter, damit wir genug Kollegen haben, die Filme abspielen, Karten oder Popcorn verkaufen.
Zisch: Suchen Sie die Filme selber aus oder werden sie automatisch geliefert?
Hollinger: Die Filme suchen wir selber aus. Das mache nicht ich persönlich, das macht mein Chef, dem das Kino auch gehört. Er sagt, ich möchte zum Beispiel die oder die Filme zeigen, zu den oder den Uhrzeiten, dann bestellt er den Film.
Zisch: Müssen Sie manche Filme zeigen?
Hollinger: Grundsätzlich müssen wir nicht. Wir dürfen die Filme aussuchen als Unternehmer, wir sind ein wirtschaftliches Unternehmen. Wir dürfen machen, was wir wollen, solange es nichts Ungesetzliches ist.
Zisch: Was sind Ihre drei Lieblingsfilme und warum?

Hollinger: Das ist eine sehr schwierige Frage für einen Kinomenschen. Ich habe einen Lieblingsfilm: Der ist schon relativ alt, 15 oder 16 Jahre. Er heißt "Wie im Himmel". Den haben wir hier gespielt. Das war noch zu meiner Anfangszeit. Der Film hat den Menschen so viel Spaß gemacht. Ich habe die Gesichter der Leute gesehen, die aus dem Film herauskamen. Sie haben sich alle so gefreut und waren so glücklich, weil es einfach so ein schöner Film ist. Der Film ist mit ein bisschen Schuld daran, dass ich beruflich im Kino geblieben bin. Er ist mein Lieblingsfilm nicht des Filmes willen, sondern weil der Film so eine tolle Wirkung hatte. Ansonsten finde ich schwierige Filme sehr interessant. Jetzt nicht unbedingt die ganz großen Blockbuster, aber Star Wars finde ich große Klasse. Auch kleine Filme finde ich spannend, welche die problematischen Seiten des Lebens darstellen. Es gibt zum Beispiel Filme über Krankheiten oder über schwierige Familienverhältnisse. Da geht es manchmal hoch her, aber es ist ein Teil des Lebens. Wenn das gut gemacht ist, ist es auch sehr spannend.
Zisch: Mein Uropa hatte vor fast 100 Jahren Kinos. Was ist heute anders?
Hollinger: Es ist tatsächlich vieles gleich geblieben. Zum Beispiel die Filmverteilung. Das, was ich gerade gesagt habe, dass es Verleihfirmen gibt, die Filme an Kinos vermieten, die vorher die Rechte kaufen müssen. Das war früher schon so. Dann werden die Filme in regionalen Bezirken vermietet, das heißt, eine Verleihfirma hat ein Büro. Da gibt es einen Kollegen, der Filme an den Raum Südwestdeutschland vermietet, ein anderer, der denselben Film für den Bereich Norddeutschland vermietet, nach Hamburg oder Berlin. So eine regionale Aufteilung gibt es interessanterweise immer noch. Das hat damit zu tun, dass es früher mehr Arbeit war als heute. Heute bekommt man die Filme per Internet. Früher gab es eine riesige Filmrolle, die 20 Kilogramm wog und die verschickt werden musste. Da gab es nur eine bestimmte Anzahl. Das heißt, es konnten nur so viele den Film spielen, man konnte die Filme nicht einfach kopieren wie heute eine Datei. Da sind wir bei dem, was sich geändert hat: die Technik. Früher war es aufwändig, einen Film zu drehen: Man musste einen Film in die Kamera legen und dann mussten aufwändig und sehr teuer die Kopien gemacht werden. Heute drehen viele Regisseure mit dem Smartphone. Da braucht man keine Riesenkamera mehr. Steven Soderbergh hat seinen neuesten Film zum Beispiel mit dem Smartphone gedreht. Und zwar aus Neugier, ob es geht, und natürlich auch aus einem wirtschaftlichen Aspekt. Es gibt viel mehr Möglichkeiten als früher und der Film wird digital verschickt: Es ist billiger und schneller.
Zisch: Wie sind Sie zum Kino gekommen?
Hollinger: Ich habe hier in Freiburg studiert und habe nebenbei im Kino gearbeitet, um mein Studium zu finanzieren. Es hat mir Spaß gemacht. Irgendwann kam so ein Film wie "Wie im Himmel". Da dachte ich, hoppla, ich kann mit Kino etwas bewegen. Es hat mich so gefesselt, dass ich sagte: Ich bleibe dabei.
Zisch: Wie sehen Sie die Zukunft des Kinos?
Hollinger: Kino muss sich verändern, aber Kino als Ort wird es immer geben. Gerade mit den neuen Superfernsehern und Netflix und Streaming haben viele gefragt: Wird es noch Kinos geben? Viele laden auch illegal Filme herunter, aber das sind technische Fortschritte, die das Kino als Ort nicht ersetzen. Natürlich ist es bequem, zu Hause einen Film zu sehen, ihn jederzeit stoppen zu können. Das hat seine Vorteile, aber wenn man ins Kino geht, hat man keinen Einfluss darauf, wann der Film losgeht. Das kann man schlecht miteinander vergleichen: Das Kino ist ein Erlebnisort, den es weiterhin geben wird.
Zisch: Wie wird sich das Kino in Zukunft verändern?
Hollinger: Es wird sich verändern im Sinne von, wir müssen mehr bieten. Wir müssen den Ort interessant machen und halten. Stichwort Eventkultur: Alles muss heute ein Event sein. Wir übertragen eine Oper mit Catering und Sektausschank. Wir übertragen das Bolschoi-Ballett live. Auch das Sommernachtskino im Schwarzen Kloster ist ein Sonderevent.
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