Hochschule Biberach
Die Dozentin von der Schulbank
Die Hochschule Biberach beschäftigt eine außergewöhnliche Dozentin: Carina Lämmle ist 16 Jahre alt und drückt am Gymnasium selbst noch die Schulbank.
Mi, 7. Mär 2012, 9:50 Uhr
Südwest
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Das haben andere schon früher gemerkt und honoriert. Ihr Betreuer am Schülerforschungszentrum Bad Saulgau (Landkreis Sigmaringen) zum Beispiel, mit dem sie zusammen manches chemische Experiment ausgeführt hat. Das trug der Schülerin wiederholt Preise bei internationalen Wissenschaftswettbewerben ein. Als die Saulgauer Gruppe einmal durch die Hochschule Biberach geführt wurde, stutzte auch Jürgen Hannemann, der Dekan der Pharmazeutischen Biotechnologie. Im Hochschullabor wies ihn nämlich Carina Lämmle auf ein rund 500 000 Euro teures Massenspektrometer hin. "Der war abgeschaltet", erinnert sich die Schülerin. Sie habe dem Dekan daraufhin erklärt: "Das tut den Vakuumpumpen überhaupt nicht gut. So ein Gerät sollte im Prinzip das ganze Jahr über durchlaufen, weil sonst die ganzen technischen Einstellungen immer wieder neu justiert werden müssen."
Dekan Hannemann erklärte, der zuständige wissenschaftliche Mitarbeiter für das Massenspektrometer habe die Hochschule leider verlassen, das Gerät sei darum verwaist. Doch nach weiteren Gesprächen bot er der 16-Jährigen einen Lehrauftrag an. Seither leitet Lämmle einen Workshop zur Einführung in die massenspektrometrische Methode. "Sie ist eine geborene Naturwissenschaftlerin", sagt die für das Fach Analytik und Bioanalytik zuständige Professorin Chrystelle Mavoungou. "Ich bin glücklich, denn ich habe jemanden gebraucht, der mich bei diesem Seminar unterstützt."
In einem Massenspektrometer, so die Beschreibung der Hochschule, werden positiv geladene und beschleunigte Teilchen, die sich in der Gasphase befinden, durch ein homogenes Magnetfeld aufgetrennt. Mit kleinsten Substanzmengen kann daher sowohl die relative Molekülmasse als auch die Elementarzusammensetzung einer Verbindung bestimmt werden. Was so schwierig klingt, ist es auch. Ohne Erfahrung, sagt Chrystelle Mavoungou, seien Experimente wertlos und die Maschine in Gefahr.
Zwei Jahre hat die clevere Carina Lämmle gebraucht, bis sie das etwas ältere Massenspektrometer beherrscht hat, das im Saulgauer Schülerforschungszentrum steht. "Bald habe ich auch Messungen für andere Schüler gemacht. Irgendwann fragt man sich: Was macht das Gerät innen drin?", erklärt sie.
Die Workshop-Reihe wird in diesem Jahr weitergehen, demnächst soll die 16-Jährige auch Doktoranden in Biberach beibringen, was sie über die massenspektrometrische Methode weiß. In baldiger Zukunft, so liegt nahe, wird Carina Lämmle, die nicht nur Wissen besitzt, sondern auch die Gabe, es zu vermitteln, dann selber Vorlesungen besuchen und den Weg zur Wissenschaftlerin weitergehen.
Doch bei diesem schönen Lebensplan macht die 16-Jährige, jedenfalls vorerst, nicht mit. "Ich würde schon gerne studieren. Aber ich möchte mich noch nicht festlegen." Neben der Chemie hat sie noch die Liebe fürs Klavierspiel, das Turnen und Duelle auf dem Tennisplatz. Das ist ihr genauso wichtig wie der aktuelle inoffizielle Titel der jüngsten Hochschuldozentin, die es in Biberach jemals gegeben hat.
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