Schwarzwald
Liebestoller Auerhahn greift an der Notschrei-Loipe Menschen an
Ein Auerhahn am Stübenwasen verhält sich aggressiv gegenüber Menschen – schuld sind die Hormone. Zur Balzzeit können Hähne ihre Scheu verlieren. Für Menschen ungefährlich, für Tiere nicht.
Di, 19. Mär 2019, 18:14 Uhr
Feldberg
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Das Auerwild ist eine scheue Tierart. Doch wenn die Paarungszeit ansteht, kann es in seltenen Fällen dazu kommen, dass die Hähne ihre Zurückhaltung verlieren und dann sogar Menschen attackieren. "Das ist eine Balztollheit. Die Tiere sind sozusagen hormonell übersteuert", sagt Stefan Büchner. Der Biologe leitet das Naturschutzzentrum am Haus der Natur am Feldberg.
Hans-Peter Riesterer glaubt zu wissen, welcher Hahn sich auf die Langlaufski gesetzt hat. "Wir bekommen seit drei Jahren Meldungen vom Stübenwasen – immer wieder von dem einen Tier", sagt der Förster und Leiter des Reviers Muggenbrunn. Riesterer ist außerdem Betriebsleiter des Vereins Notschreiloipe. "In der Region beim Stübenwasen ist das Kerngebiet des Auerwilds. In der Nähe ist auch der Balzplatz", sagt er. Deswegen komme es dort vermehrt zu Sichtungen. Und dort lebe auch der Hahn, der sich immer wieder Menschen in den Weg stellt.
"Der balzt hormongesteuert auch Langläufer an. Wenn sie normal laufen, passiert gar nichts, wenn sie stehenbleiben, dann wird er aggressiv", sagt Riesterer. Das würde dazu passen, dass der liebestolle Auerhahn den Hofsgrunder Kurt Lorenz anflog, als der in Ruhe ein Foto machen wollte.
Der Hahn vom Stübenwasen ist kein Einzelfall. Büchner und Riesterer kennen beide mehrere balztolle Beispiele aus der Region. "Wir haben Bilder im Haus von einer Frau mit zerkratzten Händen, die ihren Enkel schützen wollte", sagt Büchner. Vor Jahren soll es einen Hahn am Rinken gegeben haben, der den Leuten sogar auf Schulter oder Kopf geflogen sein soll. "Aber dass sie Menschen angreifen, ist eher selten", so Büchner.
Manche der hormonell verwirrten Tiere würden zwar ihre Distanz verlieren, aber nicht aggressiv werden. "Wir hatten hier am Feldberg vor einigen Jahren einen Hahn, der latschte am helllichten Tag einfach zwischen den Autos rum. Der war überhaupt nicht aggressiv, er war einfach da. Er hat dann auch Langlauf-Veranstaltungen gestört, weil er auf der Loipe saß. Keiner hat sich getraut, ihn fortzuscheuchen."
Riesterer berichtet von dem Hahn, der am Gasthof Stübenwasen die Eingangstür versperrte. "Er ließ niemanden mehr rein oder raus. " In der Vergangenheit wurden schon Hähne eingefangen und anderswo ausgesetzt, damit sie nicht wieder mit Menschen in Kontakt kommen. Um Mensch und Tier zu trennen, gäbe es sogar die Möglichkeit, die Notschreiloipe parallel zu versetzen. "Das ist aber noch nie vorgekommen", sagt Riesterer.
Wer einem balztollen Hahn begegnet, solle ruhig weiterziehen, rät Büchner. Er und Riesterer appellieren, sich nicht mit den Tieren zu kabbeln. Dabei geht es um den Schutz der Tiere und nicht der Menschen. Bei Attacken seien Menschen noch nie ernsthaft verletzt worden. "Es ist aber schon passiert, dass Menschen in Panik auf das Tier eingeprügelt haben. Das ist in der Situation vielleicht verständlich – aber natürlich nicht im Sinne des Tierschutzes. Es ist das Beste, man zieht sich einfach zurück", sagt Büchner.
Aus der Sorge, ein Hahn würde solche Attacken nicht überleben, wurde schon ein Tier umgesiedelt. Der Hahn wurde bei der Zastlerhütte geschlagen und dann im Bereich Todtnau ausgesetzt, sagt Büchner. Die Zeit der balztollen Hähne sei für dieses Jahr bald vorbei, so Riesterer. Die Hormonumstellung finde hauptsächlich zwischen März und April statt. Wenn es wärmer wird, bekommt das Auerwild Frühlingsgefühle – manchmal mit Nebenwirkungen.
Kurt Lorenz stand rund 20 Minuten mit dem Hahn auf der Loipe, ohne dass ihn das Tier vorbeiließ. Mit der Zeit verliert aber wohl sogar der liebstollste Hahn das Interesse an der Auseinandersetzung. "Er hat sich irgendwann kurz abgewandt – da bin ich schnell fort", sagt Lorenz.
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