Leserbrief: Einseitiger Blick in den Rückspiegel
Klaus Müller (Rheinfelden)
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Ich finde, dass die Leserbriefe von Herrn Staufenbiel und Herrn Thanathethu nicht unbeantwortet bleiben sollten. Beide Leserbriefe gehen nicht auf die Themen ein, die uns künftig als Gesellschaft stark fordern werden. Es wird lediglich ein einseitiger Blick in den Rückspiegel geworfen und von alten Zeiten geträumt. Ich glaube, dass wir als Individuum und Gesellschaft mehr Mut brauchen und stärker gemeinwohlorientiert handeln sollten, um die Herausforderungen (demographischer Wandel, KI und anderes) erfolgreich zu gestalten.
Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass speziell in Rheinfelden viel in die Infrastruktur investiert wurde und weiter investiert wird. Dies betrifft zum Beispiel die Wärmeversorgung, das Breitbandnetz, das Wassernetz, Bürgerheim, Schulen und Kindergärten. Allein die städtische Wohnbau plant für 2025 rund 22 Millionen Euro in die Entwicklung des eigenen Wohnungsbestandes zu investieren. Das ist nicht selbstverständlich.
Auch für die Innenstadt wurde bereits sehr viel getan. Diese Investitionen in unsere Infrastruktur sind zwingend notwendig. Wir müssen aber zur Kenntnis nehmen, dass bestimmte Investitionen, wie das neue Kreisklinikum nicht mehr zwingend in Rheinfelden stattfinden. Dies ist bedauerlich, betrifft aber auch andere Kommunen, die damit zu kämpfen haben. Wir können auch gerne lange dem Alten nachtrauern, wie dem alten Wasserkraftwerk. Aus historischer Sicht schmerzt der Verlust des alten Wasserkraftwerks sicherlich. Gleichzeitig sollte uns bewusst sein, dass das neue Wasserkraftwerk die Gegenwart und die Zukunft ist.
Große Investitionen allerdings reichen allein nicht aus, um die Herausforderungen meistern zu können. Sowohl der demographische Wandel als auch Digitalisierung und KI führen zu einem massiven Wandel in der Art und Weise, wie wir arbeiten und leben werden.
Demographischer Wandel: Jede zweite Person in Deutschland ist heute älter als 45 und jede fünfte Person älter als 66 Jahre. Die Babyboomer-Welle wird erst bis Ende der 2020er-Jahre in Rente gehen (Quelle: Statistisches Bundesamt). Das heißt: Dies wird sich nochmals massiv auf unsere Gesellschaft auswirken. Gleichzeitig müssen und dürfen wir begreifen, dass enorme technologischen Entwicklungen bereits das laufende Jahre 2025 prägen. Zukunft besteht darin, die KI bereits als Gegenwart zu begreifen. Die Wertschöpfung der Zukunft findet digital statt.
Ich möchte bestehende Probleme in unserer Alltagswelt nicht kleinreden oder vom Tisch wischen (ärztliche Versorgung, Betreuung unserer älteren Bürger und Bürgerinnen, Bildung, Erziehung und so weiter). Es gibt für uns als Gesellschaft weiterhin sehr viel zu tun. Wir sollten dabei unseren Blick deutlich nach vorne richten. Früher war es nicht besser, sondern anders. Vielleicht haben wir früher mehr aus unseren beschränkten Möglichkeiten gemacht, weil wir als Gesellschaft auch deutlich jünger und risikofreudiger waren. Wir sollten nicht zu sehr von der Vergangenheit träumen, sondern die Chancen für unsere Zukunft nutzen, damit wir uns nicht in fünf Jahren verwundert die Augen reiben, wenn sich die Welt um uns herum massiv verändert hat.
Ich glaube auch, dass wir uns darauf besinnen sollten, dass unser staatliches Gemeinwesen deutlich mehr ist als die Summe unserer Rechtsansprüche beziehungsweise unserer Steuerzahlungen. Wir brauchen leistungsfähige Kommunen und staatliche Institutionen sowie Bürger und Bürgerinnen, die sich für das Gemeinwesen engagieren. So wie es aussieht, hat sich der Staat jedoch in einem Kontroll- und Regelungswahn verstrickt, der durchaus auch von uns Bürgern getrieben und eingefordert wird. Dadurch geht unser Blick auf das Wesentliche verloren.
Wir sollten unser Anspruchsdenken hinterfragen, unseren Blickwinkel deutlich erweitern und vor allem unseren Blick nach vorne richten. Um erfolgreich und zukunftsfähig zu sein, braucht es meines Erachtens deutlich mehr Mut, deutlich weniger Regelungen und ganz im Sinne von Emanuel Kant auch ein deutlich höheres Bewusstsein eines jeden Einzelnen für das Gemeinwohl: "Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde." Dies hat der deutsche Philosoph bereits 1781 uns mit auf den Weg gegeben. Ich finde diesen Leitsatz aktueller denn je.
Klaus Müller, Rheinfelden