Radsport

Lennard Kämna schaltet zurück in den Angriffsmodus

Die Karriere von Lennard Kämna verläuft nicht geradlinig, beim Giro d’Italia scheint der deutsche Radprofi nun wieder in starker Form zu sein.  

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Lennard Kämna beim Zeitfahren in Budapest  | Foto: Fabio Ferrari (dpa)
Lennard Kämna beim Zeitfahren in Budapest Foto: Fabio Ferrari (dpa)
Lennard Kämna (25) hat viel Lust auf den Giro d’Italia, bei dem am Montag nach drei Etappen der erste Ruhetag gewesen ist. Die Lust, das mag bei einem Berufsradfahrer nur eine Randnotiz sein, beim hochtalentierten Mann aus Wedel ist es aber doch eine Erwähnung wert. Denn Radsport ist für Kämna auch Kopfsache. Noch vor einem Jahr hatte sich der frühere Junioren-Weltmeister eine Auszeit auch wegen mentaler Probleme genommen, erst nach fast neun Monaten kehrte er im Februar zurück. Wochen später gewann er bei der Ruta del Sol schon eine Etappe, und beim Giro-Auftakt in Ungarn präsentierte er sich in Angriffslaune, als wäre er nie weggewesen.

Eine Attacke zum Auftakt, die das Feld in Schrecken versetzte und ein achter Platz im Zeitfahren von Budapest waren gut für das Selbstbewusstsein, dokumentierten aber auch das große Potenzial von Kämna, der sich für die drei Wochen viel vorgenommen hat: "Wenn ich in einer Ausreißergruppe bin, gibt es immer Möglichkeiten zu gewinnen. Ich habe mir als Ziel gesetzt, auf Etappenjagd zu gehen." Das traut ihm der Sportliche Leiter Rolf Aldag zu, der viel von ihm hält: "Lenni hat Freiheiten, er hat einen Renninstinkt. Lenni muss man machen lassen. Mit ihm viel vorzubesprechen, macht gar nicht viel Sinn. Er weiß es besser auf dem Rad", sagte Aldag beim TV-Sender Eurosport.

Nicht erst durch seinen furiosen Etappensieg bei der Tour de France 2020, als er Olympiasieger und Ex-Giro-Sieger Richard Carapaz auf dem Weg nach Villard-de-Lans davongefahren war, gilt Kämna als großes Versprechen für die Zukunft. Doch danach wurde es wieder still um ihn. Kämna stieg vom Rad, darüber reden will er nicht. "Wenn ich ganz trocken wäre, würde ich sagen, ich hatte keine Lust mehr", hatte Kämna Anfang des Jahres gesagt. Mit ähnlichen Problemen hatte er schon beim Team Sunweb zu kämpfen.

Die Lust hat er beim Cape Epic, einem Mountainbikerennen in Südafrika wiedergefunden. "Ich bin dort just for fun mitgefahren, ohne Leistungsdruck", sagte Kämna jüngst der Sport-Bild und ergänzte: "Aber als ich sah, wie die anderen Fahrer um den Sieg kämpften, hat es auch bei mir wieder in den Beinen gekribbelt. Das war ein Zeichen: Jetzt geht es wieder richtig los." Er habe Mechanismen gefunden, sich von sportlichen Misserfolgen nicht runterziehen zu lassen. Auch ein Sportpsychologe habe ihm geholfen.

Kämna ist im Radsport kein Einzelfall. Auch der frühere Giro-Sieger Tom Dumoulin, mit dem er beim Team Sunweb zusammengefahren war, hatte sich eine längere Auszeit genommen. Mit dem Niederländer steht er auch über WhatsApp in Kontakt. "Ein großer Fahrer, ein absoluter Champion", schwärmt Kämna: "Was ich von ihm gehört habe, ist er auf jeden Fall topfit. Er wird gut drauf sein."

Dumoulin hatte es bis in die Weltspitze geschafft, das trauen viele Experten auch Kämna zu. Stark in den Bergen, dazu ein hervorragender Zeitfahrer – der Norddeutsche bringt mit einer Größe von 1,81 Metern und nur 65 Kilo Gewicht alles mit, um bei Rundfahrten vorn zu landen. Eine Kapitänsrolle ist bei Kämna in dieser Saison noch nicht vorgesehen, so viel Druck will Teamchef Ralph Denk nicht aufbauen. In Italien soll Kämna auch Helferdienste für seine drei Kapitäne Emanuel Buchmann, Wilco Kelderman (Niederlande) und Jai Hindley (Australien) verrichten. Er habe ein gutes Gefühl bei Buchmann, sagt Kämna. "Er macht einen fitten Eindruck und sieht sehr durchtrainiert aus." Das trifft auf Kämna auch zu.
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