Legoland für Große
Die Maschinen-Messe Bauma zeigt in München Bagger, Kräne und Bohrmaschinen / Hunderttausende Männer ziehen mit leuchtenden Augen über das riesige Gelände.
Patrick Guyton
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Szenen wie diese spielen sich zuhauf ab, wenn in München Bauma-Messe ist auf dem ehemaligen Gelände des Flughafens Riem. Auf der weltweit größten Fachmesse geht es um Baumaschinen, Fahrzeuge, Kräne. Das zieht ein bestimmtes Klientel an: Männer. Männer, die gerne Bagger fahren möchten. Männer, die auf Kräne mögen, sehr große Kräne. Männer, die gerne sägen. Sie alle kommen in dieser Woche, bis am Sonntag Schluss ist, zur Bauma. 3400 Aussteller, geschätzte 530 000 Besucher.
Es ist wie ein Oktoberfest für das Kind im Mann. Dabei beschreiben die Veranstalter die Messe ziemlich langweilig: "Internationale Fachmesse für Baumaschinen, Baustoffmaschinen, Bergbaumaschinen, Baufahrzeuge und Baugeräte". Hier stehen Kräne, die 100 Meter in den weiß-blauen Himmel ragen, und Bagger, die jede Erde greifen. Volvo etwa zeigt den kleinen, wendigen Kurzheckbagger oder den monströsen Abbruchbagger. Bei der Show wird Karl-Heinz vorgestellt, der die neue "Top-Walze" fährt – fast jeden Berg hinauf. Passend läuft "Flintstones", das Lied von der Steinzeitfamilie mit Fred Feuerstein.
Die Bauma, die alle 16 Messehallen sowie das komplette Freigelände belegt, ist größer als das Oktoberfest. Ihre Fläche misst 85 Fußballfelder, die Wiesn kommt auf 69. Junge Männer tragen hier Stroh- oder auch Jägerhüte. Eine Gruppe jodelt. Ein Mann in einem T-Shirt mit dem Schriftzug "Motörhead 2015" auf dem Rücken steht für Bier an. Das Shirt zeigt, dass er den Meister Lemmy Kilmister noch auf der Bühne erlebt hatte, bevor dieser am 28. Dezember vergangenen Jahres starb.
Die Messe, erstmals 1954 am alten Standort nahe der Theresienwiese abgehalten, steht für den Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg. Alle drei Jahre findet sie statt. Neben den Männern, die so aussehen wie im Baumarkt, kommen viel internationales Publikum und Aussteller aus 57 Ländern. Chinesen ziehen über das Gelände, Afrikaner. Man hört häufig Französisch und Spanisch.
Moritz aus Ulm, 66 Jahre alt, pensionierter Berufsschullehrer, ist mit drei Freunden da. Andächtig sehen sie zu, wie ein weißer Liebherr-Kran langsam eingefahren wird. "Mich interessiert die Technik", sagt er. "Unglaublich, allein schon die Dimension hier zu sehen." Gerade boomt der Markt in der Abrissbranche, hört man. Von Caterpillar gibt es einen neuen Bagger, mit dem alte Gebäude von oben nach unten abgetragen werden. Der Bagger kommt zum Einsatz, wenn eine Sprengung nicht möglich ist.
Die Bauma – ein Männertraum. Respekt, wer’s selber macht. Allein schon die Bezeichnungen der Dinge haben ihre eigene, betörende Ästhetik. Die Firma Peri etwa ist Schalungs- und Gerüstspezialist aus dem bayerisch-schwäbischen Weißenhorn. Peri bietet an: Brückenschalungen, Tunnelschalungen und Freiformschalungen. Ein paar Schritte weiter lässt sich die größte Betonzange der Welt bewundern: 14 500 Kilogramm schwer und drei Meter breit.
In München ist in diesen Tagen kein Hotelbett frei, die U-Bahnen rattern unaufhörlich von der Stadt zur Messe, Taxifahrer leisten Überstunden. Auch in den Nachtclubs und Bordellen herrscht Hochbetrieb, steht in der lokalen Presse. Manch erfolgreicher Geschäftsabschluss werde dort gefeiert. Höhere Preise müssten die Kunden aber nicht befürchten, heißt es.
Der Blick über das Gelände ist wie ein Rausch aus Bonbonfarben. Es gibt Container, Kräne, Bohr- und Abrissmonster in Rot, Blau oder Gelb. Beim Bau- und Landmaschinenhersteller JCB führen orange Bagger akrobatische Tänzchen vor. Dazu lärmender, aufgemotzter Classic-Rock: "Eye of the Tiger" oder "We will rock you".
Die Maschine wird zum besten Freund des Mannes. Alle fotografieren und filmen mit ihren Smartphones, alles wird dokumentiert. Es gibt Warteschlagen bei den Baggern, wenn die Besucher für kurze Zeit steuern dürfen. Legoland für Große. 32 Euro kostet die Bauma-Tageskarte, 22 Euro per Vorbestellung im Internet. Liebherr, die große Unternehmensgruppe mit weltweit 40 000 Mitarbeitern, scheint besondere Wertschätzung unter den Besuchern zu genießen. Bekannt sind etwa die riesigen Muldenkipper, in die 13 Autos hineinpassen. Ein junger Mann schwärmt: "Den Liebherr-Stand sehen – und dann sterben."
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