Erste Hilfe
Land will die Rettungsdienste reformieren – und schneller werden lassen
Landesinnenminister Thomas Strobl will den Rettungsdienst reformieren. Die Organisation der Leitstellen soll geprüft werden und eine bessere Finanzierung ist geplant.
Fr, 16. Mär 2018, 15:00 Uhr
Südwest
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Gemäß Rettungsdienstgesetz des Landes sollen Krankenwagen und Notarzt in 95 Prozent der Fälle binnen zehn, maximal fünfzehn Minuten am Unglücksort eintreffen. In fast allen der 34 Rettungsdienstbereiche im Land werden diese Vorgaben verfehlt. Im Schnitt brauchen die Retter aber weniger als sieben Minuten. Wenn das Leben akut bedroht ist, wie bei Schlaganfall oder Herzstillstand, halten Mediziner ohnehin zwei andere Fristen für wichtiger: Die ersten Minuten, in denen noch kein Notarzt helfen kann; und die Zeit, bis der Patient tatsächlich im Krankenhaus eintrifft – und zwar im richtigen. In kritischen Fällen darf nicht mehr als eine Stunde vergehen, sagen die Ärzte. Mit 46 Minuten liegt Baden-Württemberg darunter – im Durchschnitt.
Seit 2012 veröffentlicht die Stabsstelle Qualitätssicherung (SQR) jährlich Berichte zur Rettungsdienstversorgung in Baden-Württemberg – eine bundesweit einmalige Einrichtung. 2018 soll es Zahlen für jede einzelne Rettungswache geben.
Die Rettungsdienste werden immer öfter gerufen. Eine der Ursachen ist, dass es immer mehr ältere Menschen gibt. Aber auch der Ärztemangel im ländlichen Raum macht solche Einsätze nötig. Zunehmend werden Rettungskräfte außerdem wegen Bagatellen gerufen. Fehlalarme und Routine-Krankentransporte beanspruchen weitere Ressourcen. Insgesamt wurde so in der Vergangenheit der Ausbau der Kapazitäten aufgezehrt.
Bislang verhandeln Hilfsorganisationen und Krankenkassen in jedem der 34 Rettungsdienstbereiche unter sich über Geld, Organisation und Versorgung. Das soll sich ändern: Experten fordern eine medizinische Fachaufsicht für den Rettungsdienst wie in anderen Bundesländern. Bis Ende 2018 soll es deshalb in jedem der vier Regierungsbezirke eine weisungsbefugte Ärztliche Leitung geben.
Bei einem Symposium in Stuttgart kündigte Staatssekretär Martin Jäger vor einige Zeit an, dass der Rettungsdienst künftig landesweit geplant werden soll – im Gespräch ist ein entsprechendes Leitstellengesetz. Einheitliche Software, vergleichbare Technik und Vernetzung der Rettungsdienstbereiche sollen die Versorgung verbessern. Cybersicherheit und neutrale Datenauswertung gehören aber auch zu den Zielen.
Schon heute geben die Leitstellen bei Notrufen am Telefon Anleitungen zur Reanimation, während die Profis noch unterwegs sind. Für die kritischen ersten Minuten gibt es außerdem "Helfer vor Ort"-Projekte mit Freiwilligen sowie drei Pilotversuche mit Notfallärzten, die sich auch in ihrer Freizeit über Satellit orten und per App alarmieren lassen, wenn sie in der Nähe gebraucht werden.
Rettungswagen werden oft für Routinefahrten eingesetzt – sie bringen Behinderte oder Senioren zum Arzt, was auch mit einfacheren Fahrzeuge ginge. Ein Logistikmanagement soll Abhilfe schaffen. Rettungswagen sind freilich auch in der Abrechnung lukrativer. Minister Strobl sprach deshalb im Landtag von einer "offenbar nicht auskömmlichen Finanzierung" der Krankentransporte und drohte mit Gesetzesänderungen, wenn Dienstleister und Kassen sich nicht einigen.
Hohe Belastungen bei der Arbeit und niedrige Löhne – klar, dass in der Rettungsbranche Personalmangel herrscht. Der Bund hat das Berufsbild des Rettungsassistenten 2013 durch den höher qualifizierten Notfallsanitäter ersetzt. Vor kurzem sagte ein Sprecher des dem Innenministeriums, dass die Zahl der Ausbildungsplätze im Land in diesem Jahr erstmals über 400 liegen werde. Dies sei eine Reaktion auf die erhöhte Nachfrage aus den Reihen der Rettungsdienste.
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