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Künftig Botschafter für Artenschutz

Der 1865 gegründete Zoologischer Stadtgarten in Karlsruhe feiert 150. Geburtstag / Exotenhaus für 21 Millionen Euro eingeweiht.  

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Der neue Chef Matthias Reinschmidt vor dem Karlsruher Elefantenhaus  | Foto: Stefan Jehle
Der neue Chef Matthias Reinschmidt vor dem Karlsruher Elefantenhaus Foto: Stefan Jehle

KARLSRUHE. Aus alt mach’ jung: Der Karlsruher Zoo ist 150 Jahre alt geworden, hat sich gerade eine neue Leitung verpasst und macht sich auch sonst mit frischen Ideen auf in die nächsten Jahre. So soll der Zoo künftig Botschafter für Artenschutz sein. Das Geburtstagsgeschenk ist schon fertig: ein nagelneues Exotenhaus für rund 21 Millionen Euro. "Genial", sagt Matthias Reinschmidt, der das Haus seit dem 1. Juli leitet.

Gemeinsam alt werden – diesen Eindruck kann man mit Blick auf einige der Großsäugetiere im Karlsruher Zoo gewinnen. Die beiden Elefantendamen Rani und Shanti sind bereits seit 1958 in Karlsruhe. Aber auch der Schimpanse Benny gehört schon seit 1970 zum Tierbestand. Und Anfang des Jahres machte der Karlsruher Zoo Schlagzeilen mit Plänen für eine "Alten-WG" für Elefantendamen. Es hieß, der Tierpark Berlin wolle die asiatischen Dickhäuter Louise und Astra nach Baden abgeben. Doch das muss noch warten: das derzeitige Außengehege ist mit nur 1200 Quadratmetern schlicht zu klein. 2000 müssten es mindestens sein, sagt der neue Zoo-Chef, der Biologe Matthias Reinschmidt. Die betagten Karlsruher Elefanten Rani und Shanti, beide inzwischen stattliche 60 Jahre alt, und die dritte Karlsruher Elefantendame Jenny, 36, bleiben vorerst unter sich.

Rund 3000 Tiere tummeln sich im Zoo – allein 2000 davon sind im neuen, 21 Millionen Euro teuren Exotenhaus, dem zweitgrößten Deutschlands. Dort, in dem denkmalgeschützten Gebäude des ehemaligen Tullabades, gibt es einen Artenzuwachs von 100 auf rund 240 verschiedene Tierarten – Säugetiere, Vögel, Reptilien, Amphibien und Fische. Auf einem rund 450 Meter langen Rundweg trifft man auf Riesenschildkröten und die 100 Flugtiere zählende Fledermaushöhle. Dafür hat der Zoo keine Nashörner und nur eine Menschenaffenart. Das Affenhaus gehört ohnehin zu den größten Baustellen: Das Gehege aus den 60er Jahren ist nicht mehr zeitgemäß. Reinschmidt würde am liebsten gleich neu bauen – und Orang-Utans aufnehmen. "Von ehemals einer Million Tieren gibt es nur noch 35 000 – das geht mir sehr zu Herzen."

Überhaupt soll der Artenschutz künftig einen ganz neuen Stellenwert bekommen. Reinschmidt, der zuvor rund 15 Jahre lang für den Tier- und Vergnügungspark Loro Parque auf Teneriffa gearbeitet hat, sieht "Tiere als Botschafter". Karlsruhe müsse "auf der Welt präsent sein mit Projekten zur Arterhaltung". Für jede Lebenswelt im Zoologischen Stadtgarten der nordbadischen Großstadt müsse "es eine Dependance in der realen Welt draußen geben", fordert er.

Im Jahr 1865 gegründet, ist der Zoo einer der ältesten in Deutschland. Er gehört zu den deutlich über 50 deutschen Zoos, die im Verband der Zoologischen Gärten (VdZ) organisiert sind. VdZ-Kriterium sei vor allem "eine wissenschaftliche Leitung", erklärt Peter Dollinger, Geschäftsführer des Verbandes. Neben diesen wissenschaftlich geführten Zoos gibt es nach seinen Worten "700 plus Tier- und Wildparks aller Art in Deutschland".

Zoo-Experte Dollinger kennt den Karlsruher Zoo schon lange und stellt ihm ein gutes Zeugnis aus: "In den 60er Jahren war er noch recht klein, aber einige Gebäude waren damals schon "State of the Art", erinnert er sich. Das – inzwischen wieder modernisierungsbedürftige – Elefantenhaus war eines der modernsten im deutschsprachigen Raum; das Raubtierhaus dem damals wegweisenden Baseler Raubtierhaus nachgebaut, ebenso wie das Giraffenhaus nach Frankfurter Vorbild. Jahrzehnte der Stagnation folgten, bis es Ende der 90er Jahre wieder mit den Investitionen losging. "Die Außengehege wurden vergrößert, ein Flusspferdhaus errichtet und viel in die Wasserwelten investiert", sagt Dollinger. "Grundsätzlich gilt: Je mehr ein Zoo in Neuanlagen investiert, umso höher ist das Besucherwachstum", schreibt zudem der VdZ. Den 23 Hektar großen Karlsruher Zoo nebst Stadtgarten haben im vergangenen Jahr rund 1,3 Millionen Menschen besucht; 60 Prozent davon kamen von außerhalb.

Mit dem neuen Zoo-Direktor Reinschmidt soll nun vieles anders werden: Naturschutz und neue Gehegeformen hat sich der 51-Jährige auf die Fahnen geschrieben – "ich habe viele Visionen". Nachholbedarf besteht neben dem Elefantenhaus im Raubtierhaus der Löwen und Chinaleoparden. Auch das Giraffenhaus steht vor Veränderung. Es solle erweitert und zusammengelegt werden mit den Zebras, sagt Reinschmidt. Die Haltung von Schimpansen wolle man "langfristig auslaufen lassen", ergänzt der Vizechef des Zoos, Clemens Becker.

Auch diue Bürger sind eingebunden: Projektgruppen befassen sich seit Monaten mit der Zukunft des Zoologischen Gartens mitten in der Stadt, einer "einmaligen Kombination aus Botanik und Zoologie", wie Gisela Fischer vom Vorstand der Zoofreunde Karlsruhe berichtet. Anfang Juli wurden die ersten Ergebnisse präsentiert. Zuletzt war 2007 die Haltung der Wildtiere erörtert worden, nun wolle man ein Gesamtkonzept für Zoo und Stadtgarten, heißt es. Mit dem jetzigen Zoojubiläum erhofft sich mancher einen Schub. Mit neuer Wegeführung, und der Intensivierung der Zoopädagogik, wurden zuletzt Besucher besser eingebunden. In den Leitlinien waren sich die großen Parteien in Karlsruhe weitgehend einig, nur die Grünen im Gemeinderat hatten wiederholt Kritik geäußert an "veralteten Gehegen".

Der Zoo in Karlsruhe

Der 1865 gegründete Zoo in Karlsruhe ist der zweitälteste Tierpark in Baden-Württemberg – nach der Wilhelma im Stuttgarter Stadtteil Bad Cannstatt. Zum zoologischen Stadtgarten wurde das Areal, dessen Haupteingang sich direkt beim Hauptbahnhof befindet – und das sich auf etwa 23 Hektar bis zu Stadthalle und Kongresszentrum beim Ettlinger Tor erstreckt – im Jahr 1877. Damals wurde rund um den Tiergarten der erste städtische Park eingerichtet, dessen letzte Neugestaltung zur Bundesgartenschau 1967 erfolgte. Auf neun Hektar Fläche sind Tiergehege. Abzüglich der erwirtschafteten Erträge von rund 3,8 Millionen jährlich (Zahlen von 2013) muss die Stadt den Zoo mit knapp sechs Millionen Euro bezuschussen. Bei den Eintrittspreisen ist jedenfalls noch Luft nach oben: 7,50 Euro kostet eine Tageskarte. Die Stuttgarter Wilhelma ist mehr als doppelt so teuer.

Ressort: Südwest

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