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Kompost statt Dünger und alles von Hand

Verena Müller-Baltes
  • Mi, 25. September 2024
    March

     

Regenerativer, nachhaltiger Gemüseanbau – dafür steht RegNa in March. Die beiden Landwirte Philip Eichhorn und Dîlan Kartal düngen ihre Pflanzen nicht, benutzen kaum Maschinen und achten auf die Qualität des Bodens.

Für Dîlan Kartal und Philip Eichhorn ist bei nachhaltigem Anbau vor allem die Qualität des Bodens wichtig und die Diversität von Tieren und Pflanzen. Foto: Verena Müller-Baltes
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Dîlan Kartal (33) und Philip Eichhorn (32) laufen mit Crocs durch ihre Felder. Teils stehen sie im Wasser. In der vorherigen Nacht hat es gehagelt. "Die Stimmung ist gerade ein bisschen bedrückt", sagt Kartal. Seit vergangenem Jahr arbeitet die 33-Jährige bei RegNa in March-Buchheim. RegNa steht für regenerativ und nachhaltig. Das sind die Leitlinien, mit denen sie und Inhaber Eichhorn Gemüse anbauen wollen. Das Ziel: Der Boden soll nach dem Anbau besser sein als zuvor.

Mittlerweile sind die beiden ein Paar und leiten den Anbau gemeinsam. "Das hat sich einfach so ergeben", sagt Kartal. Die beiden verbindet die Leidenschaft für den nachhaltigen Anbau, anders als viele Altersgenossen. Es gebe schlicht besser bezahlte Berufe. Sie finanzieren sich durch Gemüsekisten, die sie für Kundinnen und Kunden jeden Mittwoch frisch befüllen. 25 Euro kostet so eine Kiste. "Es könnten ruhig noch ein paar mehr Abnehmer sein", sagt Kartal. Es reiche jedoch, um den sparsamen Lebensstil der beiden zu finanzieren.

Der ganzheitliche Blick ist ihnen wichtig. Es geht ihnen nicht nur darum, möglichst viel per Hand zu machen und so beispielsweise Emissionen von Traktoren und anderen Maschinen einzusparen. Es geht eben auch viel um den Boden und den Lebensraum der Tiere und Mikroorganismen. Denn landwirtschaftliche Flächen sind wichtige CO2-Speicher. Das bestätigt eine vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft beauftragte Studie des Thünen-Instituts. "Landwirtschaftlich genutzte Böden (sind) mit Abstand der größte terrestrische organische Kohlenstoff-Speicher in Deutschland", heißt es dort. Wenn organischer Kohlenstoff gebunden wird, sei das gleichzusetzen mit der Bindung von CO2, also Kohlenstoffdioxid. Das, so das Institut, unterstreiche die Bedeutung und Verantwortung der Landwirtschaft.

Für Eichhorn bedeutet das: "Es ist eine Chance. Die Landwirtschaft könnte meiner Ansicht nach mehr CO2 speichern, als sie ausstößt." Dafür brauche es jedoch kleinere Betriebe. Denn in großen Betrieben werde nicht auf die selbe Weise beispielsweise auf die Qualität des Bodens geachtet. In March-Buchheim leben die beiden regelrecht die Landwirtschaft. Maschinen werden kaum eingesetzt, um den Boden nicht weiter zu versiegeln. Als Philip Eichhorn die Fläche übernahm, sah die noch ganz anders aus.

Der heute 32-jährige kommt ursprünglich aus Thüringen. Er zog nach Freiburg und begann, auf kleinen Flächen Gemüse anzubauen. "Ich habe Flyer ausgehängt und einfach Leute gefragt, ob ich in ihren Gärten auf den freien Flächen anbauen kann", erzählt er. Später betrieb er ein Glashaus in Buggingen. Im Oktober 2022 folgte der Umzug nach March-Buchheim. "Es war wie eine Müllhalde", erzählt er. Doch nach reichlich Aufräumarbeit pflanzte er im November 2022 Tomaten. Schon im Frühjahr darauf lieferte er die ersten Gemüsekisten aus.

Zusammen mit Dîlan Kartal erschloss er noch weitere Flächen auf dem Grundstück. Auf allen wollen sie aber keinesfalls anbauen. Kartal sagt: "Wildwachs-Flächen sind uns wichtig, damit die Tiere auch einen Lebensraum haben. Es geht nicht nur um die Produktion." Im Gegensatz zu Eichhorn, der sich sein Wissen selbst aneignete, hat Kartal eine Ausbildung zur Gärtnerin auf einem Demeterhof am Bodensee gemacht. Danach setzte sie ihre Ausbildung bei einer Biolandgärtnerei in der Region fort.

Trotz dieser Erfahrungen mit nachhaltiger Landwirtschaft sagt sie: "Es ist krass, wie anders wir das hier machen. Der Fokus liegt viel mehr auf dem Boden und der Diversität von Tieren und Pflanzen." Dünger benutzen sie keinen. Stattdessen liegt auf den Feldern Kompost. Der ist das Futter für die Pflanzen und speichert auch viel Wasser. "Wenn man Pflanzen Dünger gibt, ist das ungefähr so, wie wenn man einen Menschen an den Tropf hängt", sagt Eichhorn. Eine Notlösung eben. Deswegen sei der Kompost die nährreichere Alternative.

In Zukunft wollen sie vielleicht noch eigene Hühner halten. Vor allem aber hoffen sie, dass andere ihrem Vorbild folgen. "Eigentlich bräuchte es ganz viele kleine Produzentinnen und Produzenten", sagt Eichhorn. Und: "Der Anbau muss so ausgerichtet sein, dass man ihn auch in 100 Jahren noch so machen kann." Kartal hofft auch auf mehr Unterstützung für ihren Ansatz der Landwirtschaft. Es motiviere sie natürlich, wenn andere Verständnis zeigen: "Schließlich braucht es junge Leute wie uns, die diese Arbeit machen. Denn wenn wir so weitermachen, sehe ich schwarz für den Planeten."

Ressort: March

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