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Großbritannien

Klopp nach Meisterschaft mit Liverpool: "Ich hab gestern Abend zu viel geweint"

Trainer Jürgen Klopp führt den FC Liverpool erstmals seit 30 Jahren wieder zum Titelgewinn in der Premier League: "Ich bin völlig überwältigt. Ich hätte nie gedacht, dass sich das so anfühlt."  

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Der FC Liverpool und Jürgen Klopp – das passt.  | Foto: Shaun Botterill, Nmc Pool (dpa)
Der FC Liverpool und Jürgen Klopp – das passt. Foto: Shaun Botterill, Nmc Pool (dpa)
Die Augen von Jürgen Klopp waren sichtbar gerötet. Nach dem Triumph sprach der Liverpool-Trainer mit zittriger Stimme. "Ich bin völlig überwältigt. Ich hätte nie gedacht, dass sich das so anfühlt", stammelte er beim Sender Sky Sports. "Das ist ein großer Moment, ich hab wirklich keine Worte." Kurz darauf musste der 53-Jährige das Interview abbrechen, weil er in Tränen ausbrach.

"Ich hab gestern Abend zu viel geweint", scherzte Klopp dann am Freitag, "ich war zu emotional. Ich habe Glück, in diesem Verein zu sein, wenn sowas passiert. Ich bin so glücklich, dass ich ein Teil davon bin." Das emotionale Tränen-Video wurde nach dem Gewinn der Meisterschaft in England ein Internet-Hit und rührte die Fans. Später tauchte ein weiterer Clip auf, in dem der Meistermacher ausgelassen tanzt und dabei von den Spielern angefeuert wird.

In der Heimatstadt der Beatles wird der Kult um Klopp durch solche Ereignisse nur noch größer. Zu sagen, der gebürtige Stuttgarter, der 1986 in Freudenstadt sein Abitur machte, ist der beliebteste Fußballtrainer auf der Insel, das ist keine gewagte Behauptung. Und seit Donnerstagabend hat der Trainer wohl endgültig Legendenstatus in der 128-jährigen Vereinsgeschichte des ruhmreichen FC Liverpool. Der 19. Meistertitel, der erste seit 30 Jahren, ist und bleibt untrennbar mit dem Namen Jürgen Klopp verbunden.

"Vor 30 Jahren, da war ich 23! Ich hab also nicht allzu viel darüber nachgedacht, die Meisterschaft mit Liverpool zu gewinnen, wenn ich ehrlich bin. Ich hatte doch überhaupt nicht die Fähigkeiten dafür. 30 Jahre später bin ich hier, und zwar wegen der großartigen Mitarbeiter, die ich habe, es ist unglaublich."
Dass der Meister Liverpool heißt, steht seit der 1:2-Niederlage von Manchester City beim FC Chelsea am Donnerstag fest. Eigentlich war es aber schon seit Wochen klar. "Wir wussten, dass es passieren könnte, es konnte nicht nicht passieren", gab Klopp zu. Pep Guardiola vom entthronten Meister Manchester City, der im vergangenen Jahr nur einen Punkt vor dem Klopp-Team landete, gratulierte den neuen Champions. Der Titel sei wohlverdient. Auf die 23 Punkte Rückstand seiner Mannschaft angesprochen, reagierte Guardiola leicht zerknirscht. "Wir liegen weit zurück, aber die anderen 18 Teams liegen noch weiter zurück." City habe die Kontrolle über die Premier League abgegeben, schrieb der Daily Mirror und befand: "Pep Guardiolas zweijährige Herrschaft ist vorbei." Der Telegraph lobte, es sei "einer der größten Erfolge, die es je gab, dass Liverpool dieses Team von Man City mit so einem Vorsprung geschlagen hat". Sieben Spieltage vor Saisonende – so früh ist in der Premier League noch kein Club Meister geworden. Und es sind weitere Rekorde möglich.

Den Fans, die in der Nacht – trotz der Conoravirus-Krise und Warnungen der Stadt und des Trainers – zu Tausenden mit Feuerwerk und Fahnen am Stadion Anfield gefeiert hatten, ist allerdings noch wichtiger, dass Liverpool den Titel im kommenden Jahr verteidigt. Denn mit dem 20. Titel würde man wieder mit dem ungeliebten Rekordmeister Manchester United gleichziehen.

"Er schafft es, etwas Besonderes zu zaubern, und Liverpool-Fans lieben ihn." Jamie Carragher
"Es ist klar, dass sich die Mannschaft in einer guten Phase befindet, wir sind jung genug, um noch mehr zu holen", äußerte sich Klopp optimistisch. "Es ist so ein Moment wie vergangenes Jahr nach dem Champions-League-Finale – man macht weiter." Er könne zwar nicht versprechen, dass er den Rest seines Lebens in Anfield bleibe, sagte Klopp, "aber ich werde noch eine Weile hier sein."

Der langjährige Liverpool-Profi Jamie Carragher rechnet mit weiteren Trophäen. "Ich glaube nicht, dass ein Titel für Jürgen Klopp und seine Mannschaft genug ist, so viel Energie, wie die haben", sagte er und lobte den Trainer. "Er schafft es, etwas Besonderes zu zaubern, und Liverpool-Fans lieben ihn. Man kann sehen, wie sehr sie hinter all dem stehen, was er getan hat."

Schon bevor Liverpool im vergangenen Jahr die Champions League gewann, galt Klopp in Anfield als Identifikationsfigur. Seit seinem Amtsantritt im Oktober 2015 ging es zunächst langsam, aber dann doch sicher bergauf. In weniger als fünf Jahren formte er die Reds zu einem Weltklasse-Team – eine "spektakuläre Wiederbelebung", wie es der britische Fernsehsender BBC nannte.

Klopp sei fantastisch und verkörpere alles, wofür der FC Liverpool stehe, schwärmte die Vereinsikone Sir Kenny Dalglish. "King" Kenny, der als Spieler und Trainer so ziemlich alles mit dem Club gewann, war 1990 der letzte Meistercoach der Reds. Als einer der ersten gratulierte er seinem sichtlich gerührten Nachfolger per Liveschalte im Fernsehen – und hatte dabei selbst feuchte Augen.

"Dieser Titel ist für dich", so Klopp. "Er (Kenny) hat 30 Jahre darauf gewartet. Und er ist auch für Stevie." Ex-Kapitän Steven Gerrard trug das rote Trikot von 1998 bis 2015 und galt als absolute Identifikationsfigur. Er gewann die Champions League mit den Reds, die Meisterschaft aber nicht. "Die Jungs bewundern euch", säuselte Klopp in Richtung von Dalglish, Gerrard, Graeme Souness und anderer Liverpool-Ikonen. "Es ist einfach, die Mannschaft zu motivieren, wegen eurer großartigen Geschichte."

Ressort: Fussball International

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Sa, 27. Juni 2020: PDF-Version herunterladen

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