"Jetzt erst recht"
Wie Journalisten reagieren, die in Deutschland zunehmend rechter Gewalt ausgesetzt sind.
Ellen Nebel (epd)
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Angriffe von rechts auf Medienvertreter nehmen in Deutschland zu. Der ARD-Vorsitzende Ulrich Wilhelm erklärte nach Übergriffen auf Medienvertreter in Chemnitz und Köthen Mitte September, es gebe ein "erschreckendes Ausmaß an Hass" gegenüber Journalisten, Fotografen und Kameraleuten. "Reporter ohne Grenzen" rechnet damit, dass die Zahl gewalttätiger Angriffe 2018 im Vergleich zu den Vorjahren deutlich gestiegen ist. Nach Angaben des Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit gab es bis Mitte September bereits 22 tätliche Übergriffe auf Journalisten. Tobias Wolf, Reporter der Sächsischen Zeitung, berichtet über die fremdenfeindliche Pegida-Bewegung seit ihren Anfängen 2015. Im August war er auch in Chemnitz vor Ort. Wolf wird dort mit Flaschen beworfen, das kennt er. Doch er erlebt in Chemnitz auch, wie ein Kollege von einem unscheinbar wirkenden Rentner angegriffen wird. "Das ist eine neue Qualität", sagt Wolf. Schon vor Jahren fragte er sich: "Wenn sich alle einigeln in ihren Fake-News-Filterblasen, hat es einen Sinn, was ich hier mache?" Seine Antwort lautet: "Jetzt erst recht." In Sachsen zeige sich die Entwicklung in Deutschland in einem Brennglas, meint Wolf. Für ihn ist es auch deshalb keine Option, aufzuhören.
Wer Journalisten bei der Ausübung ihres Berufes einschüchtere, körperlich angreife oder dies zulasse, lege Hand an eine tragende Säule einer freiheitlichen offenen Gesellschaft, erklärte Karola Wille im September. "Die Medienfreiheit unterscheidet uns wesentlich von totalitären Systemen", sagte die Intendantin des MDR. Der Deutsche Presserat hat Politik und Sicherheitsbehörden deshalb jüngst an ihre Verantwortung für die Gewährleistung der Pressefreiheit erinnert. "Die deutsche Verfassung weist Presse und Rundfunk einen hohen Rang zu, weil die Staatsform der repräsentativen Demokratie ohne unabhängige, an ethische Grundwerte gebundene Beobachtung durch Medien nicht lebensfähig ist", heißt es in einer vom Plenum des Presserates verabschiedeten Erklärung.
HR-Kameramann Bauer hat beim AfD-Parteitag in Wiesbaden Glück gehabt: Die Situation hatte sich nach seiner Aufforderung, ihn nicht zu fotografieren, erledigt. Alle seine Filmaufnahmen seien später im Fernsehbeitrag so verwendet worden wie geplant. Dennoch sagt er: "Ich bin unsicher geworden."