Computer & Medien
Internetradio für Flüchtling sendet aus Donaueschingen
Das Internetradio "Good Morning Deutschland" für Flüchtlinge sendet dreimal in der Woche in fünf Sprachen aus der Flüchtlingsunterkunft in Donaueschingen.
KNA
Sa, 4. Jun 2016, 0:00 Uhr
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Die Boxen, aus denen die Musik leicht verzerrt schallt, hängen an der Studioaußenwand des Internetradios "Good Morning Deutschland", das seit einem Monat aus der Flüchtlingsunterkunft im Schwarzwald sendet. Die Moderatoren Jonas Imbery, Samaa Marof und Aziz Haschemi sitzen auf einer Bierbank im ehemaligen Wintergarten des Offizierskasinos vor ihren bunten Mikros. Noch zehn Minuten bis zur Sendung. Gleich geht’s los.
Jonas, Samaa und Aziz sind keine professionellen Radiomoderatoren; sie arbeiten alle in der Flüchtlingsunterkunft. Für die dreistündige Show braucht es daher viel Improvisationstalent. "Wenn’s klappt, dann klappt’s. Wenn nicht, dann nicht", sagt Samaa und dreht sich zu ihrem blauen Mikrofon. Noch 30 Sekunden. "Good Morning Deutschland", ertönt der Jingle mit einer Fanfare. Jonas begrüßt die Hörer: "Ein herzliches Willkommen aus und für Donaueschingen und für den großen wunderbaren Rest der Welt." Samaa, deren Eltern aus dem Libanon stammen, begrüßt auf Arabisch, dann folgt Aziz auf Farsi, Pashtu und Russisch.
Der Komponist Hannes Seidl hat "Good Morning Deutschland", das unter anderem vom Südwestrundfunk gefördert wird, gegründet. "Es ist Radio für Flüchtlinge, die mit ihrer Kultur, ihren Interessen, musikalischen Wünschen und Lebensvorstellungen hier ankommen", sagt er. Dreimal in der Woche wird das Internetradio abends aus verschiedenen Studios gesendet: sonntags aus Stuttgart, dienstags aus Frankfurt und mittwochs aus Donaueschingen.
Moderator Aziz kommt aus Afghanistan und ist seit knapp 20 Jahren in Deutschland. Er spricht sechs Sprachen fließend, in einigen weiteren kann er sich "ganz gut verständigen". Er und Samaa arbeiten in der Flüchtlingsunterkunft für die Hilfsorganisation "Caring Hands". Sie sind die "guten Seelen" in der Erstaufnahmestelle und kennen fast jeden. Vor einem halben Jahr waren 2500 Flüchtlinge in der Unterkunft. Jetzt sind es 350. "Im Sommer wird es hier aber wieder rundgehen", glaubt Samaa. Dann sei das Wetter gut, viele Menschen trauten sich wieder über das Meer oder nähmen den Fußmarsch durch die Balkanländer auf sich.
Zwei, die aus ihrer Heimat geflohen sind, sind heute in der Sendung zu Gast: Mohammad und Abdo aus Syrien. Sie sind Mitte Zwanzig und vor drei Jahren nach Deutschland gekommen. Im Herbst haben sie mit anderen jungen Syrern in Sankt Georgen im Schwarzwald ein Theater gegründet; davon erzählen sie nun. Abdo sagt in gebrochenem Deutsch: "Auf der Bühne verarbeiten wir das, was wir Zuhause, im Krieg, auf der Flucht oder in Deutschland erlebt haben."
Nach dem Interview wird ein Liedwunsch Mohammads gespielt. Er hat die Musik oft in seiner Heimat gehört. "Das Lied ist über Hoffnung, denn die stirbt zuletzt", ruft er ins Mikro, drückt auf "Play", springt mit Abdo auf und tanzt spontan durch das Studio.
Seidl will mit dem Radio einen "sozialen Raum" schaffen. "Die Geflüchteten erzählen von sich und lernen andere Geschichten kennen", denn das Radio wird auch in anderen Flüchtlingsunterkünften gehört. Sogar aus Syrien und dem Iran haben sich schon Hörer gemeldet. "Radio verbindet", betont er.
Inzwischen hat Rapper Josh den Weg ins Studio gefunden. Vor einem halben Jahr ist er aus Nigeria nach Deutschland geflohen. Bereits in der vergangenen Woche war er in der Sendung, und auch für heute hat er ein Lied geschrieben. Der Song handelt von Freundschaft, Liebe und Hoffnung. Nach seinem Auftritt bekommt er von den Moderatoren großen Applaus. Er strahlt. "Für solche Momente ist das Radio da", sagt Jonas.
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