... Josche Frankenberger, der originelle Möbel herstellt und Möbelbaukurse anbietet
IM WALD MIT...: Holzmann aus dem Hochschwarzwald
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Das Haus war einmal die Säge eines Klosters, dann ein Forstheim für Saisonarbeiter. Heute ist es ein Ort, an dem Kunst entsteht. Josche Frankenberger, Maler, Möbeldesigner, Autodidakt, Tausendsassa, hat sich tief im Schwarzwald sein eigenes Reich erschaffen. Grafenhausen liegt zwar nur ein paar Kilometer entfernt, fühlt sich aber weit weg an. "Wenn ich mitten in der Nacht eine Schnapsidee habe und die in der Werkstatt oder im Atelier umsetzen will, dann kann ich das machen – und ich störe niemanden. Außer den Fuchs, der da die Maus jagt."
Zwei Jahre lang hat er die Schaffhauser Säge mit ihren rund 300 Quadratmetern Wohnfläche und 180 Quadratmetern Werkstatt ziemlich im Alleingang restauriert. Es gibt wenig, was der 45-Jährige nicht selbst machen kann. Ausgebildet wurde er zum Feinmechaniker, zum Einrahmer und Vergolder, zum Fotografen und zum Projektmanager. Jahrelang hat er Kulissen und Messestände designt. In der alten Säge sind auch die alltäglichsten Gegenstände Unikate: ein Waschtisch aus einer alten Tür samt Messingbeschlag, eine Toilettenpapierhalterung aus einem unbehandelten Ast.
Wenn die alten Dielen unter seinen Schritten knarzen, wenn er den Kopf wegen der niedrigen Decken einziehen muss, wirkt Josche Frankenberger zufrieden. Wie ein Mann, der gefunden hat, wonach er gesucht hat. Es ist erstaunlich leicht, ihm zu glauben, dass er sich hier nicht einsam fühlt. Die Schaffhauser Säge ist vielerlei für ihn: sein Zuhause, sein Atelier für Malerei und Siebdruck, eine Galerie mit Dauerausstellung. Und eine Möbelschau für die Teilnehmer seiner Holz-Workshops.
Josche Frankenberger kommt vom Holz, zum Holz ist er zurückgekehrt. Die Liebe zum Material haben ihn drei Onkel gelehrt. Einer besaß einen Wald, der zweite war Drechsler, der dritte Berufsschullehrer. Schon als Fünfjähriger drechselte er unbeaufsichtigt kleine Figuren, die er dann in der Nachbarschaft in Stuttgart verschenkte. Als Sechzehnjähriger restaurierte er alte Möbel für Bekannte und Familie. Eigentlich wollte Josche Frankenberger Schreiner werden. Beim Praktikum ließ ihn der Meister aber zwei Wochen lang nur lackieren. Da war das mit der Schreinerlehre vom Tisch. Und trotzdem macht er heute genau das: aus Holz Möbel herstellen.
"Die Möbel, die ich mir leisten konnte, gefielen mir nicht. Und die mir gefielen, konnte ich mir nicht leisten. Also habe ich angefangen, selbst welche zu schreinern", erzählt Frankenberger. Anderen Menschen hätten seine Designs gefallen. Immer wieder sei er gefragt worden, ob er ihnen nicht dabei helfen könne, solche oder eigene Möbel zu bauen. Das wollte er. Und er wollte raus aufs Land. Stuttgart war nicht mehr seine Welt. Der Lärm, die schlechte Luft, der Verkehr, das alles ging ihm auf die Nerven. "Besonders die Hektik, das Schnell-Schnell auch bei der Arbeit haben mich zunehmend abgestoßen", erzählt Josche Frankenberger. Im Herbst 2014 entdeckte er die Schaffhauser Säge. Innerhalb von zwölf Wochen waren Atelier und Leben in Stuttgart aufgelöst. Mit drei Lastwagen voller Künstlerbedarf und Werkzeug rückte er im Januar 2015 im Schwarzwald an.
Und da macht er jetzt, worum die Leute ihn einst gebeten haben: Er bietet Möbelbaukurse für Laien an. Teilnehmer können sich aus dem Holz ihrer Wahl schreinern, was sie möchten: einen Tisch, eine Kommode, ein Bett. Sie arbeiten nach den schlichten modernen Designs von Frankenberger oder verwirklichen eigene Ideen. Ein Ehepaar hat sich mit seiner Hilfe eine eigene Küche geschreinert, ein Mann das Innenleben eines Klaviers in eine Garderobe verwandelt.
Und wenn Josche Frankenberger nicht schreinert, dann malt er in seiner Säge im Wald. "Ich male, wenn mich die Muse küsst", sagt er und muss über das Klischee selbst lachen. "Oder, wenn eine Ausstellung angesetzt ist", schiebt er hinterher. Dann schließt er sich wochenlang im Atelier ein und arbeitet wie besessen. Meistens produziert er Serien, etwa von Filmdiven, von New York, von Jazz-Plattencovern. Sein Schwerpunkt ist die klassische Malerei auf Leinwand mit Pinsel und Acryl. Vieles lässt sich der Pop Art zuordnen, wirkt inspiriert von Warhol und Basquiat. Anderes nicht. Einen klaren Frankenberger-Stil gibt es nicht. Mit jeder Serie erfindet sich der Künstler in Teilen neu und experimentiert mit Techniken und Machart.
Dabei war das mit der Malerei zunächst nur eine Zweckbeziehung. In der zehnten Klasse gab es einen Schulwettbewerb. Wer das beste Plakat fürs Schulfest malt, sollte ein Meyers-Lexikon bekommen. Das wollte Frankenberger haben. Also malte er das beste Bild. Kunst hatte ihn vorher nie interessiert. Der Lehrer war von den Socken. Und Frankenberger angespornt.
Der Neuanfang im Schwarzwald war kein Selbstläufer für den Schwaben und Städter. "Das sind gleich zwei Stigmata, gegen die ich ankämpfen musste", sagt er. Dann bot er an, die Kulissen für die lokale Theatertruppe zu zimmern – der Türöffner. Frankenberger fühlt sich wohl im Wald.
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