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Hilfe beim Umgang mit Demenz

  • Regina Erb-Schalk

  • Sa, 28. September 2024
    Lahr

     

Das Theaterstück "Der 52. Hochzeitstag" hat ein ernstes Thema auf besondere Weise aufgegriffen. Auch das Publikum war gefragt, sich auf die Welt der Menschen mit Demenz einzulassen.

Dr. Hubert Schreiner (Karlo Müller) mi... am 52. Hochzeitstag zu Besuch kommt.   | Foto: Regina Erb-Schalk
Dr. Hubert Schreiner (Karlo Müller) mit seiner Tochter Birgit (Kornelia Masur), die am 52. Hochzeitstag zu Besuch kommt. Foto: Regina Erb-Schalk
"Mir ist langweilig", sagt der ehemalige Geschäftsführer Dr. Hubert Schreiner mit Kölner Zungenschlag im Sessel sitzend zu seiner Frau Gerda. Eine solche Aussage kennen sicher viele Eltern von ihren Kindern, wenn sie beschäftigt werden wollen, zum Beispiel in den Ferien. Aber Hubert Schreiner ist vor Jahren in Rente gegangen und es machen sich immer mehr Anzeichen von Demenz erkennbar, was seiner Frau Gerda große Angst macht. Bis jetzt hatte sie ihre Sorgen und Ängste noch für sich behalten und sie hofft nun, mit ihren Kindern Birgit und Markus darüber sprechen zu können. Diese hat sie anlässlich ihres 52. Hochzeitstags eingeladen. So beginnt das Theaterstück, welches das Thema Demenz zum Inhalt hat. Die Bühne ist möbliert im Stil der 50er-Jahre, ergänzt durch Accessoires dieser Zeit wie Häkeldeckchen und Messinggießkanne.

Stellvertretend für das Amt für Soziales, Bildung und Sport der Stadt Lahr begrüßte zu Beginn der Veranstaltung Beatrice Meyer die rund 140 Besucher im Jugend- und Kulturzentrum Schlachthof. Das Publikum erhoffte sich von dem Abend neue Erkenntnisse und Hilfen für den Alltag und den Umgang mit Demenzkranken. Unter den Zuschauern waren etliche Frauen, die sich professionell mit dem Thema beschäftigen, wie Heike Dorow, die unter anderem für den Pflegestützpunkt Ortenau, Außenstelle Lahr, verantwortlich ist, sowie Leiterinnen der Nachbarschaftshilfe des Umkreises von Lahr. Unterstützt wurde die Veranstaltung aus Mitteln des Landes Baden-Württemberg und der gesetzlichen Pflegeversicherung.

Das Theaterstück ist Teil eines sogenannten Szenario-Theaters oder auch Dialogtheater genannt, welches von den Theaterpädagogen Karlo Müller und Kornelia Masur entwickelt und gespielt wurde. Beide sind durch ihre Berufe, Müller als Psychotherapeut, Masur als Krankenschwester und Diplom-Sozialpädagogin, mit dem Thema Demenz vertraut. Das Theaterstück haben sie gemeinsam entwickelt, es dient als Vorlage für den zweiten Teil des Abends, bei dem die Zuschauer aktiv einbezogen und gefragt werden, was ihnen aufgefallen ist. Die Antworten wurden auf einer Flipchart gesammelt. Im dritten Teil wurden Schlüsselszenen noch einmal vorgespielt, die beim Kranken zur Wut und zur Eskalation geführt hatten. Die Zuschauer wurden aufgefordert, neue Verhaltensweisen und Reaktionen im Spiel auf der Bühne auszuprobieren, die zur Deeskalation führen.

Müller und Masur spielten das Ehepaar Schreiner herausragend und glaubhaft. Man konnte als Zuschauer nachempfinden, wie der kranke Ehemann, der merkt, dass mit ihm etwas nicht stimmt, wütend wird, wenn er glaubt, dass man ihn bevormundet. Die Rolle von Gerda erinnerte viele an ihre eigenen Erlebnisse mit Demenzkranken, wenn man sich überfordert, müde, ratlos oder auch verzweifelt fühlt, besonders dann, wenn die Krankheit vor dem Umfeld noch geheim gehalten wird und noch keine Hilfe in Anspruch genommen wurde.

Der dritte Teil forderte die Kreativität und den Mut des Publikums heraus. Die vorgeschlagenen Änderungen zur Deeskalation sollten auf der Bühne spontan aus dem Stegreif gespielt werden. In die Mantelschürze der Ehefrau Gerda geschlüpft übernahm man ihre Rolle, was die Zuschauer mit Gelächter quittierten. Manche Szenen wurden mehrfach mit kleinen Änderungen gespielt, um die bestmögliche Lösung herauszuarbeiten. Die Zuschauer belohnten die beiden Schauspieler und die mutigen Spontandarsteller mit großem Applaus. Es war ein sehr gelungener Abend, der die Erwartungen übertraf.

Ressort: Lahr

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Sa, 28. September 2024: PDF-Version herunterladen

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