Ernährungssicherheit
Folgt auf den Krieg der Hunger?
Die Ukraine gilt als eine Kornkammer Europas. Die Agrarminister der sieben großen Industrienationen (G7) berieten am Freitag über die Folgen des Ukraine-Kriegs für die weltweite Ernährungssicherheit.
afp & dpa
Fr, 11. Mär 2022, 18:35 Uhr
Wirtschaft
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Die Ukraine gilt als eine Kornkammer Europas. In der EU sind einzelne Länder wie Frankreich oder Deutschland zwar ebenfalls große Akteure auf dem internationalen Getreidemarkt, doch die geernteten Mengen in und Exporte aus der Ukraine können die Preise weltweit beeinflussen. Weitere wichtige Agrarexporte aus der Ukraine sind Mais, Raps und Sonnenblumen. Auch Russland ist ein wichtiger Getreidelieferant (Grafik).
Vor allem in der arabischen Welt und einigen Ländern Asiens und Afrikas dürfte sich der Krieg daher auswirken. Ägypten, Tunesien, Marokko oder auch Bangladesch importieren große Teile ihres Weizens aus Russland und der Ukraine – insgesamt sind nach Angaben der Welternährungsorganisation FAO rund 50 Länder auf Einfuhren von dort angewiesen. Die FAO befürchtet, dass in Kriegsgebieten nicht mehr geerntet werden kann. Außerdem sei das Ausschiffen über das Schwarze Meer gefährdet.
Auch die Lage in den ohnehin von Krisen und Hunger geplagten Ländern Jemen, Syrien und Libanon kann sich nach Angaben der Weltbank deutlich verschärfen. Die Welthungerhilfe rechnet mit einer zunehmenden Zahl Hungernder. Allerdings: "Die Ukraine wird mit Abstand am meisten betroffen sein", sagt Agrarexpertin Verena Laquai vom bundeseigenen Thünen-Institut.
In Deutschland hingegen ist die Lebensmittelversorgung laut Özdemir sicher. Er warnte vor Panikmache, die Preise im Supermarkt könnten aber weiter steigen. Dabei haben Rohstoffkosten bei Brot und Brötchen einen kleinen Anteil am Preis. Steigende Energiepreise sind bei anderen Produkten deutlich relevanter. Ackerbauern können bei hohen Weltmarktpreisen mehr fürs Getreide bekommen – damit wird aber auch Tierfutter teurer. Sorgen machen vielen Höfen drastische Preissprünge für Stickstoffdünger, denn beim Herstellen wird Erdgas gebraucht, das auch teurer wird.
Wer könnte Versorgungslücken schließen? Kurzfristig könnten Lücken durch große Exporteure gedeckt werden, sagt Laquai. Längerfristig gehe dies durch eine erhöhte Produktion in allen Teilen der Welt. Es gebe Schätzungen, dass wegen der Kriegsfolgen drei Millionen Tonnen weniger Weizen aus Russland und vier Millionen Tonnen weniger aus der Ukraine exportiert würden. "Insbesondere Australien und Argentinien hatten eine sehr gute Ernte und können somit mehr exportieren", so die Expertin. Auch die EU könne bei guten Ernten mehr exportieren. Umweltschützer kritisieren, dass viel Getreide verfüttert werde.
Der zweitgrößte Weizenproduzent der Welt, Indien, exportiert bisher nach Regierungsangaben weniger als ein Prozent der Ernte. Denn die indische Regierung legt einen Minimalpreis fest, der lange über dem internationalen Weizenpreis lag. Dies sei jetzt allerdings angesichts der wegen des Kriegs gestiegenen Preise anders, sagte der Chef der Agricultural and Processed Food Products Export Development Authority, Tarun Bajaj.
In Deutschland hat der Krieg unterdessen den Streit über die geplante ökologische Wende auf den Feldern neu entfacht. Die oppositionelle Union im Bundestag forderte, Versorgungssicherheit müsse einen höheren Stellenwert haben – dazu gehöre, die begrenzte Agrarfläche in Europa zu intensivieren.
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