Feuchte Augen und eine offene Frage

Die CDU-Delegierten wählen Friedrich Merz zu ihrem neuen Vorsitzenden – der überrascht mit Gedanken zur Sozialpolitik.  

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Er hat es im dritten Anlauf geschafft: Friedrich Merz ist neuer CDU-Chef – und das mit einem sehr guten Ergebnis. Foto: Michael Kappeler

Es war nur ein erster Schritt: Auf ihrem digitalen Bundesparteitag hat die CDU am Wochenende ihre Spitze neu geordnet und Friedrich Merz als Parteichef installiert. Wo steht die Partei nach der verlorenen Bundestagswahl im Herbst und ihrem Sturz in die Opposition?

Die Rolle des neuen Parteichefs
So kannte man Friedrich Merz bislang nicht. Gerade hat er am Samstag das Ergebnis der Abstimmung zum neuen Vorsitzenden der CDU erfahren. 94,62 Prozent der Delegierten haben ihn gewählt. Ein sehr gutes Ergebnis. Nun folgt die obligatorische Frage des Tagungspräsidiums nach der Annahme der Wahl. Eigentlich eine Formsache. Aber da gibt es diese kleine Pause. Merz bleibt die Stimme weg. Die Augen sind feucht. Der Mann, der so gern den harten Hund gibt, wirkt plötzlich ganz weich, bewegt, gerührt. Vielleicht ist das der Moment schlechthin dieses CDU-Parteitags. Natürlich nimmt er die Wahl an. "Mit Kraft und Herz zugleich", wie er dann mit immer noch belegter Stimme sagt. In seiner Rede hatte Merz die Union auf einen langen Weg der Erneuerung eingeschworen. Dazu müsse die CDU "überzeugende eigene Konzepte" entwickeln. Auffallend war, dass Merz nicht als Vertreter eines neuen Konservatismus auftrat. Die Partei müsse auch "intensiv über Chancen und Gerechtigkeit" nachdenken. Das gelte zum Beispiel für Kinder aus bildungsfernen Schichten, die der Unterstützung eines aktivierenden Staates bedürften, sagte er. Neue Konzepte brauche die Partei auch bei der Zukunftssicherung der Sozialsysteme. Die Union müsse als Volkspartei zusammenführen und gesellschaftliche Konflikte austragen.

Die Sicht des Generalsekretärs
An der Parteispitze müsse es Unterschiede geben, sagte Merz während des Parteitags. Auch deshalb schlug er den 46-jährigen Berliner Mario Czaja als seinen Generalsekretär vor. Tatsächlich ist Czaja in gewisser Weise ein Gegenentwurf zum Merz-Profil. Czaja hat ein ausgeprägtes sozialpolitisches Profil. Er war Senator für Gesundheit und Soziales in der Hauptstadt. Und er hat gezeigt, dass die Union damit Wahlen gewinnen kann. Er hat bei der Bundestagswahl den Berliner Wahlkreis Hellersorf-Marzahn für die CDU geholt. 30 Jahre lang war dieser zuvor fest in der Hand der Linkspartei. In seiner Bewerbungsrede machte Czaja kein Geheimnis daraus, dass er in der Bundespartei auf dem Feld der sozialen Gerechtigkeit Defizite sieht. Bei Themen wie "Kinderarmut, Wohnungsnot, Ärzte- und Pflegemangel im ländlichen Raum" sei die Partei im Wahlkampf nicht hinreichend sprechfähig gewesen.

Die neuen Antreiber
Es sind neue Gesichter, die Sachdebatten in der Union initiieren dürften. Es ist zu erwarten, dass die inhaltliche Erneuerung von zwei Personen vorangetrieben werden wird. Zum einen vom Konstanzer Bundestagsabgeordneten Andreas Jung, der die Partei in der Klimapolitik dialogfähig machen soll. Groß dürfte auch der Einfluss von Carsten Linnemann (44) werden, denn er soll den Prozess steuern, der in ein neues Grundsatzprogramm münden wird. Linnemann steht für ein marktwirtschaftliches, wirtschaftsnahes Profil.

Die offene Frage
Parteichef Merz hat klar gemacht, dass er die Partei trotz der notwendigen Programmarbeit schnell tagespolitisch angriffsfähig machen will. Das ist vor allem Aufgabe der Bundestagsfraktion, die von Ralph Brinkhaus geführt wird. Merz ist durchaus der Meinung, dass ein prägnanterer Auftritt der Fraktion möglich wäre. Ein Griff nach dem Fraktionsvorsitz wäre also logisch. Riskiert er diesen Konflikt?
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