Das kleine Wunder

Europa jüngstes Frühchen wird fünf Jahre alt

Das Mädchen war Deutschlands jüngstes Frühchen und hatte Glück / Extrem unreife Neugeborene haben oft eine schlechte Prognose.  

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Nach 21 Wochen kam Frieda zur Welt.   | Foto: dpa
Nach 21 Wochen kam Frieda zur Welt. Foto: dpa

FULDA (dpa). Wie geht’s Frieda? Das Mädchen wurde 2010 als Europas jüngstes Frühchen geboren – nach nur 21 Wochen und fünf Tagen Schwangerschaft. Solchen extrem unreifen Kindern drohen Komplikationen. Aber Frieda stellt alle Prognosen auf den Kopf. Heute wird sie fünf.

Geburtstag wird für Frieda immer besonders groß gefeiert. Vielleicht wegen der Freude der Familie über das gerettete Leben des kleinen Mädchens. Dass Frieda ihren mittlerweile fünften Geburtstag am 7. November überhaupt erleben darf, grenzt nach Einschätzung von Ärzten und Experten an ein medizinisches Wunder. Frieda ist Europas jüngstes Frühchen. Sie kam im Jahr 2010 im Klinikum Fulda viel zu früh zur Welt, bereits nach 21 Wochen und fünf Tagen. Eine normale Schwangerschaft dauert 40 Wochen. Als sie entbunden wurde, war Frieda nur 26 Zentimeter groß und wog 460 Gramm.

Normalerweise haben extrem unreife Neugeborene fast keine Überlebenschance – und später keine gute Perspektive. Aber Frieda ist ein Phänomen. "Sie hat sich toll entwickelt. Wir sind sehr glücklich darüber. Die Erleichterung ist riesengroß", sagt Mutter Yvonne (38). Und Frieda? Die freut sich über ihren Geburtstag mit vielen Freunden und einem "Schokoladenkuchen mit Smarties". Zierlich ist sie noch immer. Sie ist einen knappen Meter groß und 12,5 Kilo schwer. Doch das Mädchen strahlt, ist fröhlich und kontaktfreudig. Die Dankbarkeit, dass sich ihr Kind aufgrund der Frühgeburt nicht zu einem Pflegefall entwickelt hat, ist ihrer Mutter anzumerken. Denn nicht selten tragen extrem unreife Frühchen dauerhafte Schäden davon – wenn sie überhaupt überleben. Lunge, Darm, aber auch Gehör und Netzhaut können geschädigt sein. Es drohen Hirnblutungen und bleibende Behinderungen.

Frieda geht es gut. Sie besucht seit einem Jahr einen Kindergarten bei Fulda. "Sie nimmt sogar am Kurs ‚English for Kids’ teil und ist sehr musikalisch", sagt Friedas Mutter. Doch ganz sorgenfrei ist sie nicht. Das Mädchen muss sich wegen Essstörungen manchmal übergeben. "Dann merkt sie nicht, wenn sie genug hat", erklärt die Mutter. "Auch die Motorik ist bei Frieda nicht so geschmeidig. Beim Hüpfen oder Rennen, sieht es etwas staksig aus. Zum Fahrradfahren fehlt ihr noch die Kraft. Dafür ist sie kognitiv sehr weit, hat eine gute Auffassungsgabe."

Der Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin in Fulda, Reinald Repp, teilt die Beobachtungen der Mutter. "Frieda ist ein kleines Wunder. Wir können sehr zufrieden sein. Körperlich hat sie zwar Nachholbedarf, aber es geht stetig bergauf. Sie ist altersgemäß entwickelt und hat keine großen Defizite, die über individuelle Besonderheiten hinausgehen. Bei Tests kann sie mit Normal-Geborenen mithalten. Sie ist an allem interessiert und spricht sehr gut." Ob sich Friedas positive Entwicklung fortsetzt, sei schwer zu sagen, sagt Repp. Es gebe zu wenig wissenschaftliche Erkenntnisse über den Lebensweg von extrem unreifen Frühchen. "Aber derzeit bestehen keine Anzeichen, dass schwere Probleme zu erwarten sind. Sie hat eine gute Prognose, aber keine Garantie." Die Frühchen-Medizin verbessere sich in Deutschland stetig. "Die Chancen für die Kinder werden jedes Jahr besser, die Komplikationen weniger."

Eine Prognose wagt auch Professor Wolfgang Göpel (Lübeck) in solchen Fällen nicht. Er ist Mitglied der Gesellschaft für Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin und sagt: "Man kann die Entwicklung über viele Jahre oft nicht prognostizieren und keine verlässlichen Aussagen treffen, etwa über die Rahmenbedingungen für eine Schullaufbahn."

Wenn Frieda heute Geburtstag feiert, wird Trauer mitschwingen. Denn Friedas Zwillingsbruder schaffte es nicht. Kilian starb sechs Wochen nach der Entbindung an Herz- und Darmproblemen. Mit Kilian habe sie in Mamas Bauch gekuschelt, sagt Frieda.

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