EuGH rügt EU-Kommission und die polnische Justiz

Gerichtshof für Menschenrechte gibt Klage eines Spediteurs statt.  

Zu den Kommentaren
Mail

Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen

Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.

Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.

Akzeptieren
Mehr Informationen
. Eine Ohrfeige hat sich die EU-Kommission gestern vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg eingefangen. Die Richter gaben der Beschwerde eines polnischen Spediteurs statt, der sich von der staatlich kontrollierten Güterverkehrsgesellschaft seines Landes benachteiligt fühlte. Deshalb hatte er sich im November 2016 an die EU-Wettbewerbsbehörde in Brüssel gewandt, weil er davon ausging, dass ihm das polnische System keinen ausreichenden rechtsstaatlichen Schutz gewähren würde. Die EU-Kommission verwies ihn aber an die polnischen Wettbewerbshüter – mit der Begründung, dass diese die Lage vor Ort besser beurteilen könnten.

Diese Einschätzung gab die EU-Kommission erst im August 2019 ab – mehr als zweieinhalb Jahre nach der Beschwerde des Unternehmens in Brüssel. Die Zweifel des Klägers am rechtsstaatlichen System in Polen bezeichnete die Kommission als für den Fall nicht relevant. Dem widersprechen die Luxemburger Richter klar. Die Spedition habe überzeugend dargelegt, wie stark die Güterverkehrsgesellschaft mit dem Staat verwoben sei und dass im Konfliktfall nicht auf die Unabhängigkeit der Gerichte gebaut werden könne. Der EuGH hat sich nach eigener Auskunft zum ersten Mal mit der Frage befasst, wie sich Mängel in der Rechtsstaatlichkeit darauf auswirken können, dass die nationale Wettbewerbsbehörde von Brüssel ausgeschaltet werden muss.

Der Fall zeigt erneut, dass die EU-Kommission in letzter Konsequenz vor einem Konflikt mit der polnischen Regierung über die Justizreform und die zunehmend eingeschränkte Unabhängigkeit der Richter zurückschreckt.

Damit ist jetzt allerdings Schluss. Von kommender Woche an wird die Brüsseler Behörde einen EuGH-Beschluss umsetzen und in monatlichen Raten 15 Millionen Euro an Strafzahlungen eintreiben, die das Land wegen Missachtung eines Gerichtsbeschlusses aufbringen muss, aber nicht zahlt. Dafür sollen EU-Fördermittel einbehalten werden, möglichst ohne Projekte vor Ort zu schädigen, wie ein Sprecher der Behörde gestern betonte. Wie das bewerkstelligt werden soll, sagte der Sprecher allerdings nicht.

Konflikt zwischen polnischer Regierung und EU spitzt sich zu

Der FDP-Europaabgeordnete Moritz Körner sieht weitreichende Auswirkungen des EuGH-Urteils: "Die Kommission kann sich vor der Bewertung der Rechtsstaatlichkeit in Polen nicht länger wegducken. Wenn ein regelkonformes Wirtschaften in Polen nicht gewährleistet werden kann, wäre es grotesk, EU-Haushaltsmittel an Polen zu überweisen."

Der Konflikt spitzt sich derweil weiter zu. Da die polnische Regierung sich auch weigert, ein Urteil des EuGH zur Justizreform umzusetzen, stehen weitere Strafzahlungen von 69 Millionen Euro an. Sollten auch die nicht überwiesen werden, wird die EU-Kommission weitere Fördermittel zurückhalten. Möglicherweise zeigt aber die Drohung Wirkung. Polens Präsident Andrzej Duda hat vergangene Woche angedeutet, die Regierung könnte die umstrittene staatlich kontrollierte Disziplinarkammer für Richter auflösen. Nun muss die regierende PiS-Partei nur noch dem Rat des Präsidenten folgen.
PDF-Version herunterladen Fehler melden

Artikel verlinken

Wenn Sie auf diesen Artikel von badische-zeitung.de verlinken möchten, können Sie einfach und kostenlos folgenden HTML-Code in Ihre Internetseite einbinden:

© 2024 Badische Zeitung. Keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben.
Bitte beachten Sie auch folgende Nutzungshinweise, die Datenschutzerklärung und das Impressum.

Kommentare


Weitere Artikel