Eine Rockergang aus Polizisten

Bei Ermittlungen gegen Hells Angels greift das Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz zu ungewöhnlichen Methoden.  

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Das Logo der Polizisten-Rocker  | Foto: BZ
Das Logo der Polizisten-Rocker Foto: BZ
KOBLENZ. Um im kriminellen Rockermilieu zu ermitteln, ist von den Justizbehörden manchmal auch Kreativität gefragt. Zu einer ungewöhnlichen Methode hat dabei das Landeskriminalamt (LKA) Rheinland-Pfalz gegriffen. In dem Versuch, Beweise gegen Mitglieder des Motorradclubs Hells Angels Bonn zu finden, gründeten verdeckte Ermittler selbst eine Rockergang – und tauften sie auf den bierseligen Namen "Schnelles Helles". Dass es so einen Einsatz gab, bestätigten am Freitag auf Anfrage dieser Zeitung sowohl das LKA als auch die zuständige Staatsanwaltschaft in Koblenz.

Nach Recherchen von Süddeutscher Zeitung, WDR und NDR waren die Undercover-Biker im Terrain der Hells Angels tätig und sollten herausfinden, ob diese die angebliche Konkurrenz "Schnelles Helles" dulden würden. Das Vorgehen spielt eine Rolle in dem derzeit laufenden Prozess gegen neun Mitglieder des Bonner Motorradclubs. Diese sind vor dem Landgericht Koblenz wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung angeklagt. Die weiteren Vorwürfe gegen einzelne Beschuldigte lauten auf Körperverletzung, Erpressung und unerlaubten Waffenbesitz.

Der Sprecher der Koblenzer Staatsanwaltschaft, Rolf Wissen, wies darauf hin, dass der Einsatz der verdeckten Ermittler in der im Februar vor dem Gericht verlesenen Anklageschrift erwähnt worden ist. An der Rechtmäßigkeit des Vorgehens hat der Oberstaatsanwalt keinen Zweifel. Schließlich habe die zuständige Ermittlungsrichterin dem Einsatz zugestimmt. Das letzte Wort dazu habe die zuständige Strafkammer des Landgerichts Koblenz. Schon zu Beginn des Prozesses im Januar hatte Wissen von sehr aufwendigen Ermittlungen gesprochen. Zu den Einzelheiten des Berichts der Süddeutschen Zeitung und der beiden Rundfunksender wollten weder er noch LKA-Sprecherin Nicole Guth Stellung nehmen.

Darin heißt es, die verdeckten Ermittler des fingierten Motorradclubs "Schnelles Helles" seien sehr sorgfältig ausgewählt worden. "Von mehreren Landeskriminalämtern und dem Bundeskriminalamt kamen verdeckte Ermittler, die von Statur und Auftreten als Rocker durchgehen konnten. Richtige Kleiderschränke seien das gewesen, erinnert sich ein Zeuge später", schreibt das Rechercheteam.

Schon bei der Auswahl des Logos seien sie bei dem Einsatz auf Provokationskurs gegangen, denn es habe mit dem der Hells Angels Bonn auffallende Ähnlichkeit gehabt. Die angeblichen Konkurrenzrocker taten, wie weiter berichtet wird, alles um aufzufallen. Sie trafen sich zum Essen und Trinken in einer Stammkneipe im Einzugsgebiet des Bonner Motorradclubs und riefen beim Anstoßen jedes Mal "Schnelles Helles" aus. Sie bestellten ihre Lederkutten beim Leibschneider der Hells Angels Bonn und hinterließen, wo sie nur konnten, Bierdeckel mit ihrem Logo. Auch erzählten sie lauthals, wo sie sich trafen. Doch in ihrer angeblichen Stammkneipe hielten die auf eine mögliche Konfrontation vorbereiteten Ermittler vergeblich Ausschau nach den Bonner Rockern.

Es bleibt also fraglich, ob sich der ganze Aufwand wirklich gelohnt hat. Zwar seien Hells Angels einmal in die Kneipe gekommen, aber nur um den Wirt zu bitten, den Leuten von "Schnelles Helles" etwas auszurichten. Ihr Logo sei dem ihren doch sehr ähnlich, ob sie nicht Farbe und Schriftzug ändern könnten, fragten sie dem Bericht zufolge. Dabei hätten die Bonner Rocker aber nach Angaben des Wirtes "entspannt und nicht aggressiv gewirkt", zitiert das Rechercheteam aus den Ermittlungsakten.

In die laufende Gerichtsverhandlung, die sich voraussichtlich über Monate hinziehen wird, sind die Ergebnisse des verdeckten Einsatzes von "Schnelles Helles" mit Ausnahme der verlesenen Anklageschrift bislang noch nicht eingeführt worden.

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