Die Hexenverbrennung und der Klimawandel

Der AfD-Abgeordnete Rainer Podeswa sorgt mit einer ironisch gemeinten Äußerung für große Aufregung im Landtag.  

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Provoziert den Landtag: Rainer Podeswa   | Foto: dpa
Provoziert den Landtag: Rainer Podeswa Foto: dpa
STUTTGART (dpa/tst). Abermals hat ein Abgeordneter der AfD im Stuttgarter Landesparlament für Empörung gesorgt. Rainer Podeswa aus dem Wahlkreis Heilbronn hatte in einer Debatte über den Klimaschutz den "Hexenhammer" aus dem 15. Jahrhundert herangezogen, um heutige Maßnahmen gegen den Klimawandel zu diskreditieren. Auch damals seien Unwetter mit wahnhaften Methoden bekämpft worden, sagte der Fraktions-Vizechef am Donnerstag. "Damals wurden Hunderte Frauen verbrannt und damit das Klima gerettet," meinte er. Auch die Grünen verfolgten beim Thema Klima eine "ökostalinistische, schon wahnhafte Mission", fügte er provokant hinzu.

Im Parlament und bei Berichterstattern entstand der Eindruck, Podeswa habe selbst empfohlen, im Kampf gegen den Klimawandel auf den "Hexenhammer" zu setzen. "Das ist wirklich unglaublich", sagte die nächste Rednerin, die Grünen-Abgeordnete Martina Braun. Von Geschichtsvergessenheit in Verbindung mit einer menschlich nicht vertretbaren Aussage sprach CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart. SPD-Generalsekretärin Luisa Boos äußerte sich nach der Debatte empört und fragte: "Wie gehen wir mit Abgeordneten um, die dem Klimawandel mit dem Verbrennen von Frauen auf dem Scheiterhaufen begegnen wollen? Oder Menschen, die das witzig finden und dann begeistert Beifall klatschen, wie es seine Fraktion tat?" Es gelte, darauf als Gesellschaft eine Antwort zu finden.

Auch bei Experten sorgte das Zitat für Entrüstung. Lena Nothelfer vom Ravensburger Museum Humpis-Quartier zeigte sich entsetzt, dass der brutale Umgang mit den Frauen damals in den heutigen Kontext des Kampfes gegen den Klimawandel gesetzt werde – ohne ihn kritisch zu kommentieren. "Man sollte heute wissen, dass die damalige Annahme eines Zusammenhangs zwischen vermeintlichem Hexenzauber und Wetteranomalien jeglicher Grundlage entbehrte", sagte die Vizechefin des Museums, das gerade eine Ausstellung zum "Hexenwahn" zeigt.

Das 1486 in Ravensburg erschienene Werk hatte demnach verheerende Wirkung für die Verfolgung von Frauen in Europa: Bis ins 18. Jahrhundert gab es Historikern zufolge 40 000 bis 60 000 Todesopfer. Die Verbrechen wurden oft mit dem Hinweis gerechtfertigt, die Frauen hätten Unwetter herbeigezaubert, die zu Missernten bei Getreide und Wein geführt hatten.

Nach der Aufregung um sein Zitat betonte Podeswa in einer persönlichen Erklärung, Ironie in der Politik sei ein zweischneidiges Schwert. Die Maßnahmen damals seien genauso sinnvoll gewesen wie die Mehrheit der Maßnahmen, die heute von den Grünen im Klimaschutz ergriffen würden, wiederholte er. Parlamentspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) erteilte ihm nach juristischer Prüfung keinen Ordnungsruf. Die in den Augen vieler Beobachter geschmacklose Aussage sei eine Meinungsäußerung des Abgeordneten im Rahmen seines Mandats gewesen.

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