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Schwarzwaldverein

Die Geschichte des Wanderns in Lahr: Es begann mit einem "Verschönerungsverein"

Der Schwarzwaldverein wird in diesem Jahr 160 Jahre, der Ortsverein Lahr 150 Jahre alt. Der Heimatforscher Norbert Klein hat über die Geschichte des heute drittgrößten Lahrer Vereins recherchiert.  

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Im Jahr 1901 hat der Schwarzwaldverein Lahr die alte Julius-Kaufmann-Hütte eingeweiht. Die neue Hütte gibt es seit 1971. Foto: Verein
Der Hauptverein in Freiburg als auch der Lahrer Ortsverein entstanden als Tourismusvereine. Seit der Fertigstellung der Badischen Eisenbahnstrecke im Jahr 1855 von Mannheim nach Basel befürchteten vor allem die Gastwirte, dass die Erholungssuchenden am Schwarzwald vorbei in die Schweiz fahren würden, um dort ihren Urlaub zu verbringen. Deshalb hatten sich am 8. Juni 1864 auf Initiative von sieben Gastwirten im Renzschen Felsenkeller (am Fuße des Freiburger Schlossberges) 66 Interessierte zusammengefunden, um den "Badischen Verein von Industriellen und Gastwirten" zu gründen. Wohl gleich von Anfang an war Druckereibesitzer Gustav Kaufmann Mitglied, denn er hatte wohl Interesse daran, die geplanten Schwarzwaldbeschreibungen zu drucken.

Gründung in Lahr als "Verschönerungsverein"

Diesem Tourismusverein, der sich erst nach der Hauptversammlung 1873 in Triberg "Schwarzwald-Verein" nannte, schlossen sich immer mehr vor allem honorige Lahrer Bürger an, bis es die Satzung des Hauptvereines zuließ, dass sich auch Bezirks-Vereine bildeten. So kam es am 12. September 1874 zur Gründung eines "Verschönerungsvereines" in Lahr. Die Vereinsführung übernahm der Lahrer Stadtdirektor Peter Guerillot, der als Leiter des Bezirksamtes sozusagen als Verbindungsbeamter der Badischen Regierung in Lahr auch für die Förderung des Fremdenverkehrs verantwortlich war.

Als erstes wurde die Burgruine Hohengeroldseck verschönert

Das erste Vereinsziel war die Verschönerung der stark verwilderten Burgruine Hohengeroldseck. Sofort wurden der noch heute bestehende Burgpfad angelegt und die Ruinenreste vom Wildwuchs befreit. Zur Finanzierung wurden Spendenaktionen und sehr aufwändige Lotterien veranstaltet. Mit dem gesammelten Geld konnte ab den 1890er-Jahren mit den umfangreichen Sanierungen unter der Schirmherrschaft des Schwarzwaldvereins Lahr (so nannte sich der Verein seit der Neugründung im Jahr 1884) und der Leitung des Heimatdichters und Denkmalschützers Alfred Siefert begonnen werden. Erst im Jahr 1958 ging der Sanierungsanspruch auf den von Landrat Georg Wimmer gegründeten "Verein zum Erhalt der Burgruine Hohengeroldseck" über. Zunächst hatte Wimmer den Vorsitz. 1987 ging er an den Seelbacher Bürgermeister über, zu seinem Stellvertreter war jedoch der Vorsitzende des Lahrer Ortsvereins auserkoren.

Im Jahr 1989 beginnt die Kaufmann-Ära

Zwischenzeitlich hatte im Jahr 1893 Julius Kaufmann, der Chef des Druckhauses Kaufmann, das Vorstandsamt übernommen und immer mehr Lahrer Geschäftsleute um sich geschart. Er machte in der gehobenen Lahrer Gesellschaftsschicht das Wandern zur beliebten Freizeitgestaltung. Julius Kaufmann übernahm im Hauptverein ein Pionierprojekt. Bei der Hauptversammlung 1900 hatte man beschlossen, von Pforzheim nach Basel einen ersten Fernwander-Höhenweg einzurichten. Kaufmann teilte sich gemeinsam mit Philipp Bussemer die Projektleitung. Sie entwickelten ein komplett neues Wegekennzeichnungssystem, das schon bald von anderen Wandervereinen in Deutschland übernommen wurde. Eine rote Raute kennzeichnete den Westweg von Pforzheim nach Basel und gilt auch heute noch als Kennzeichen für den Schwarzwaldverein.

Unter Julius Kaufmann wurden zwei Hütten gebaut

Aber auch im eigenen Verein wirkte Kaufmann erfolgreich. Ihm sind die Errichtungen der Julius-Kaufmann-Hütte auf dem Weg zur Geroldseck und der Lahrer Hütte auf dem Geisberg zu verdanken. Ihm zu Ehren fand 1906 zum zweiten Mal im Lahrer Pflugsaal die Hauptversammlung statt. Aus diesem Anlass hatte er als geistreicher Stratege bei 327 Lahrer Honorationen um den Vereinsbeitritt geworben. Immerhin unterschrieben 116 neue Mitglieder das Aufnahmeformular. Die neue, 435 mitgliederstarke Vereinsakte liest sich heute noch wie das "Who’s who in Lahr". Selbstverständlich war der Fürst von der Leyen Vereinsmitglied, denn er war den Lahrer dankbar, dass sie sein Eigentum – die Ruine Geroldseck – in Schuss hielten.
Weitere Informationen gibt es unter http://www.schwarzwaldverein-lahr.de

Julius’ Sohn Eberhard hatte es schwer, 1933 in die Fußstapfen seines Vaters zu treten, denn unter der Ära des Vaters hatte die Lahrer Sektion einen hohen Stellenwert im Gesamtverein erhalten. Zudem hatte er das Problem, die Gleichmachungsvorschriften der NS-Regierung für den Ortsverein umzusetzen. Man wollte schließlich bei Nichteinhaltung nicht verboten werden. Immerhin gelang dem Lahrer Verein das bis 1945, auch wenn der Schwarzwaldverein dem Dachverband des "Reichsbundes für Leibesübungen" unterstand. Dieser schrieb vor, dass im Verein sogenannte Dietwarte einzurichten waren, die kräftig bei jeder Gelegenheit NS-Propaganda zu betreiben hatten.

Schwierig waren in Eberhard Kaufmanns Ägide die Kriegszeiten ab 1939, zumal er sich dem Druck seiner Frau beugen und in Chemnitz wohnen musste, woher sie stammte. Aber mit Hermann Gabelmann hatte Kaufmann einen hervorragenden Stellvertreter, der die Vereinsgeschicke weiterhin leitete. Seine Hauptaufgabe war es, zu Weihnachten jeweils Feldpostadressen von bis zu 84 Mitgliedern zu erheben, die an unterschiedlichen Fronten eingesetzt waren. Dem Heimatverein war es eine wichtige Aufgabe, seine Frontsoldaten mit Geschenken zu versorgen.

Der Schwarzwaldverein war nach dem Krieg erst einmal verboten

Nach dem Krieg verboten die französischen Besatzungsmächte zunächst den Schwarzwaldverein, um einen besseren Überblick über die geplante Entnazifizierung zu erhalten. Doch bereits am 28. Februar 1949 gab es eine Wiedergründung. Carl Windmeyer, der Prokurist des Druckhauses Kaufmann, übernahm zunächst die Verantwortung, doch ab 1950 war wieder Eberhard Kaufmann am Ruder, bis er 1964 nach 31 Jahren den Vorsitz an seinen Sohn Rolf Kaufmann weitergeben konnte.

Andreas Kaufmann führt ab 2001 die Familientradition fort

Wer meinte, dass nun der Vorstand für immer und ewig bei der Familie Kaufmann liegen würde, wurde 1988 eines anderen belehrt, denn nun übernahm Eberhard Stulz die Vereinsführung. Immerhin hatte er mit Rolf Kaufmann, für den man eigens ein Präsidentenamt in der Satzung geschaffen hatte, einen treuen Ratgeber. In drei Wahlperioden wurde Eberhard Stulz von den Mitgliedern in seinem sehr gut geführten Vorstandsamt bestätigt, doch dann war es wieder soweit, dass mit Andreas Kaufmann 2001 ein Familienmitglied an die Spitze der Ortsgruppe rückte.

Eberhard Stulz löste von 2005 bis 2013 Rolf Kaufmann als Präsident ab und war in dieser Zeit und danach ein innovativer Werber für den Schwarzwaldverein Lahr. Eines seiner Projekte war die Eröffnung des Wickertsheimerweges im Jahr 2016.

Dass der Verein kräftig an Mitgliedern wuchs und mehrfach vom Hauptverein geehrt wurde, war ein Verdienst von Andreas Kaufmann. Er führte mit neuen Ideen und einem jungen Vorstand den Verein erfolgreich in das neue Jahrtausend. Fortschrittliche Ideen zeichnen den Ortsverein heute aus. Neben dem umfangreichen Wanderprogramm setzt er auf Familien-, Mountainbike- und Hundegruppe sowie Lesungen mit bekannten Wanderschriftstellern. So gelang es dem Verein bis heute, den Altersdurchschnitt immer mehr zu senken und für die Zukunft gut aufgestellt zu sein. Heute hat die Ortsgruppe 938 Mitglieder und ist nach dem Turnverein und der Sektion des Alpenvereins der drittstärkste Verein in Lahr.

Der Autor Norbert Klein aus Lahr recherchiert und schreibt schon lange zu historischen Themen. Er wart mehrere Jahre Vorsitzender des Alpenvereins in Lahr und Mitglied im Vorstand des Schwarzwaldvereins Lahr.

Ressort: Lahr

Dossier: 150 Jahre Schwarzwaldverein Lahr

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