Roman "Das zweite Leben des Travis Coates" handelt vom Sterben

Und vom Wiederkehren ins Leben. Ein genialer Erstlings-Roman.  

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"Fest steht, dass mein Kopf abgeschnitten und in einen Tiefkühler in Denver, Colorado, geschoben wurde." Fest steht nach so einem Romanauftakt auch, dass der Autor John Corey Whaley weiß, wie er sein Publikum gleich mit dem ersten Absatz packen kann. Travis Coates, der 16-jährige Ich-Erzähler aus Kansas City, ist unheilbar an Krebs erkrankt. Alle konsultierten Spezialisten recken den Daumen nach unten. Travis macht sich zum Sterben bereit. Da bekommt die Familie Coates Besuch von einem seltsamen Doktor aus einem Center für Lebenserhaltung in Denver. Sein Vorschlag ist futuristischer Frankenstein pur: Er will Travis den Kopf absägen und einfrieren, bis die Medizin so weit ist, ihn entweder auf einen Roboter- oder einen Spenderkörper transplantieren und Travis von den Toten zurückholen zu können.

Autor Whaley entpuppt sich mit seinem zweiten Roman so langsam als Spezialist für die Wiederkehr von den Toten. In seinem genialen Erstling, "Where Things Come Back" waren es noch ein Lazarus-Specht und ein tot geglaubter Bruder. Travis stirbt tatsächlich, bevor er zurückkommt.

Was Whaley aus dieser Story macht, hat nichts mit dem gerade auf allen Kanälen populären Untoten-Genre von Vampir bis Zombie zu tun, sondern ist großes und großartiges Gefühlskino. Was bedeutet eine Rückkehr ins Leben für einen 16-Jährigen, der sich schon einmal für immer von seinen Eltern, seiner Freundin und seinem besten Freund verabschiedet hat; der nie geglaubt hat, dass die irrsinnige Idee mit dem Einfrieren klappen könnte? Und dann kehrt er auch noch nicht in irgendeiner fernen Zukunft wieder, sondern bereits fünf Jahre später auf einem durchtrainierten Spenderkörper.

Travis ist eine Mediensensation

Wie ist das mit den Menschen, die ihn geliebt haben, die ihn beim Sterben begleitet haben, die sich von ihm verabschiedet und jahrelang betrauert haben? Wie ist das für die Ex-Freundin, die sich endlich zu einem neuen Leben mit einem neuen Mann durchgerungen hat? Wie ist das für Travis, für den es sich anfühlt, als wäre er gestern erst gestorben? Er hatte keine fünf Jahre, um seinen Tod zu verarbeiten, sondern wird gleich in sein zweites Leben geworfen. Er ist immer noch 16 Jahre und muss in seine alte Schule gehen, aber seine Freunde sind inzwischen 21 und arbeiten oder studieren längst. Dazu hat er einen fremden Körper, und er ist eine Mediensensation.

Beeindruckend, mit welcher Leichtigkeit Whaley aus dieser komplexen Gemengelage eine mitreißende Geschichte mit Humor und Tiefgang macht. Hätte Mary Shelly beschlossen, Frankenstein als kluge, anrührende Coming-of-Age-Story zu schreiben, hätte sie es nicht besser machen können. Und auch sie hätte sich bestimmt über einen souveränen Übersetzer wie Andreas Jandl gefreut. Lesen!

– John Corey Whaley: Das zweite Leben des Travis Coates. Roman. Aus dem Amerikanischen von Andreas Jandl. Carl Hanser Verlag, München 2015. 303 Seiten, 15,90 Euro. Ab 15.

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