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Biden gibt schon den Wahlkämpfer

Er reicht den Republikanern die Hand – und versucht, sie vorzuführen: Das war die Taktik von US-Präsident Joe Biden bei seiner Rede zur Lage der Nation. Der Demokrat wirkt dabei so, als wolle er es noch mal wissen.  

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Joe Biden bei seiner Rede am Dienstaga...ammelten beiden Häusern des Kongresses  | Foto: WIN MCNAMEE (AFP)
Joe Biden bei seiner Rede am Dienstagabend vor den versammelten beiden Häusern des Kongresses Foto: WIN MCNAMEE (AFP)
US-Präsident Joe Biden hat in seiner Rede zur Lage der Nation die Republikaner attackiert und seine politischen Gegner gleichzeitig zur Zusammenarbeit zum Wohle des Landes aufgerufen. "Ich denke, die Menschen haben uns eine klare Botschaft gesendet: Kämpfe um der Kämpfe willen, Macht um der Macht willen, Konflikte um der Konflikte willen bringen uns nicht weiter", sagte der Demokrat am Dienstagabend (Ortszeit) vor den beiden Kongresskammern in Washington. Es gebe keinen Grund, bei wichtigen Themen keinen gemeinsamen Nenner zu finden. Der 80-Jährige gab sich dabei kämpferisch und forderte seine Gegner heraus. Die selbstbewusste Ansprache wirkte wie der Wahlkampfauftakt für eine zweite Amtszeit als US-Präsident. Ob er noch einmal antritt, hat Biden bisher offengelassen.

Der Präsident konzentrierte sich in der Rede vor allem auf Themen, die vielen Amerikanern unter den Nägeln brennen dürften: Wirtschaft, Inflation, Arbeitsmarkt. Er machte deutlich, trotz einer von Deutschland und anderen EU-Staaten befürchteten Abschirmung der US-Wirtschaft weiter auf das Prinzip "Made in America" setzen zu wollen. Außenpolitik spielte in der Rede fast keine Rolle. Allerdings richtete Biden nach dem Abschuss eines mutmaßlich zu Spionagezwecken genutzten chinesischen Überwachungsballons eine Warnung an Peking: "Wenn China unsere Souveränität bedroht, werden wir handeln, um unser Land zu schützen, und das haben wir getan."

Es war Bidens erste Rede zur Lage der Nation vor einem Kongress, in dem seine Demokraten nicht mehr in beiden Kammern eine Mehrheit haben. Bei den Zwischenwahlen im November hatten die Republikaner eine knappe Mehrheit im Repräsentantenhaus errungen. Im vergangenen Jahr wurde Bidens Ansprache am 1. März vom Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine überschattet. Auch dieses Mal versprach der Demokrat Kiew langfristige Unterstützung. Das Thema nahm aber weniger Raum ein als noch im Vorjahr.

Die neuen Mehrheitsverhältnisse machen es für Bidens Regierung noch schwieriger, Gesetzesvorhaben umzusetzen. Teile beider Parteien stehen sich hasserfüllt gegenüber, Hardliner bei den Republikanern setzen auf Blockade und schließen eine Zusammenarbeit mit den Demokraten aus. Biden begann seine Ansprache mit einem Seitenhieb auf den neuen republikanischen Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy: "Ich möchte Ihren Ruf nicht ruinieren, aber ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit Ihnen."

Biden habe sich als Elder Statesman präsentiert, der in der Lage sei, über die Parteigrenzen hinweg zu arbeiten, urteilte die Washington Post am Mittwoch. Gleichzeitig sei er als "gewiefter Politiker mit festen Überzeugungen" aufgetreten. Nach einem "wackligen Start" habe Bidens Rede an Schwung gewonnen, schrieb die New York Times. "Tatsächlich nutzte er die größte Bühne seiner Präsidentschaft als Gelegenheit, um seine Vision, seine Bilanz und seine Agenda für die Wahlen 2024 zu verkaufen."

Biden gelang es in seiner Rede, den politischen Gegner zu provozieren – besonders beim Thema Sozial- und Krankenversicherung. Seine Behauptung, einige Republikaner wollten die gerade bei vielen älteren Amerikanern beliebten Leistungen auslaufen lassen, erntete wütende Zwischenrufe. Die rechte Republikanerin Marjorie Taylor Greene schrie und nannte Biden einen "Lügner". Der Präsident schien den Moment zu genießen und erklärte: "Wir scheinen uns alle einig zu sein, dann lassen Sie uns alle für Senioren aufstehen und ihnen zeigen, dass wir die Sozial- und Krankenversicherung nicht kürzen wollen."

Habeck und Le Maire erreichen wenig Konkretes

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und sein französischer Kollege Bruno Le Maire haben in den USA keine konkrete Zusagen zum künftigen Marktzugang für europäische Firmen erhalten. Hintergrund ihrer Reise war das amerikanische Inflationsbekämpfungsgesetz – der Inflation Reduction Act. Das Problem aus deutscher und europäischer Sicht: Viele Subventionen und Steuergutschriften sind daran geknüpft, dass Unternehmen US-Produkte verwenden oder selbst in den USA produzieren - was in der EU Sorge vor Wettbewerbsnachteilen auslöst. Habeck und Le Maire warben für eine europafreundliche Anwendung des Gesetzes. Erreicht haben sie nach eigenen Angaben vor allem Zusagen für mehr Transparenz über das Ausmaß staatlicher Unterstützung in den USA. Was das wert ist, wird sich noch zeigen.

Ressort: Ausland

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Do, 09. Februar 2023: PDF-Version herunterladen

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