Barmherzigkeit mit Beigeschmack

Die in Baden-Württemberg beliebte Aktion "Weihnachten im Schuhkarton" ist gestartet / Freiburger Erzdiözese rät von Teilnahme ab.  

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Wer armen Kindern eine Freude bereiten...em man Vertrauen entgegenbringen kann.  | Foto: Maurice Ressel (dpa)
Wer armen Kindern eine Freude bereiten will, sollte sich gut überlegen, wem man Vertrauen entgegenbringen kann. Foto: Maurice Ressel (dpa)

. Die Hilfsaktion "Weihnachten im Schuhkarton" feiert in Deutschland ihr 25-jähriges Bestehen. Millionen Kinder weltweit werden jedes Jahr beschenkt. Doch gleichzeitig wird Samaritan’s Purse, die hinter der Aktion stehende Organisation, verschiedentlich kritisiert: Mit Missionierungsbemühungen und intoleranten Positionen ihres Präsidenten sorgte sie in der Vergangenheit für Schlagzeilen.

Für viele Familien und Schulklassen ist es eine liebgewonnene Tradition: das Packen eines Geschenks im Rahmen der Aktion "Weihnachten im Schuhkarton", um armen Kindern eine Freude zu bereiten. Im vergangenen Jahr waren es deutschlandweit fast 400 000 Päckchen. Spitzenreiter ist Baden-Württemberg mit mehr als 68 000 Geschenken im Jahr 2020.

Seit diesem Montag werden die Schuhkartons wieder bundesweit gesammelt. Wer mitmachen möchte, kann einen Standard-Schuhkarton weihnachtlich gestalten oder online Kartons bestellen. Die Pakete enthalten Schönes und Nützliches – Kleidung, Kuscheltiere, Schulmaterialien oder Süßigkeiten. In diesem Jahr sind die Geschenke aus Deutschland für Kinder aus Osteuropa vorgesehen.

Hinter der Aktion steht das US-amerikanische Hilfswerk "Samaritan’s Purse", das sich hierzulande "Die Barmherzigen Samariter" nennt. In der Vergangenheit stand es mehrfach in der Kritik. Die Vorwürfe: christliche Missionierung und weltfremde Ansichten ihres Präsidenten.

Punkt eins betrifft die Geschenkübergabe. Bei dieser erhalten viele Kinder zusätzlich zum Schuhkarton christliches Informationsmaterial, wie Tobias-Benjamin Ottmar, Pressesprecher von Samaritan’s Purse, auf BZ-Anfrage bestätigt: "Im Rahmen der Verteilung bieten unsere Partner vor Ort ein Heft mit Bibelgeschichten an." Die Hilfe ist somit klar mit einem Missionierungsgedanken verknüpft. Allerdings sei die Verteilung des religiösen Informationsmaterials nicht verpflichtend, so Ottmar: "Die Kinder können das annehmen, müssen es aber nicht." Dabei werde auch auf die religiösen und kulturellen Kontexte vor Ort geachtet.

Zudem erhalten die Kinder das Angebot, einen Kurs namens "Die größte Reise" zu besuchen, in dem ihnen der christliche Glaube nähergebracht wird. 1,3 Millionen Kinder hätten alleine 2020 "eine persönliche Entscheidung für Jesus getroffen", heißt es auf der Projektwebsite. Die Formulierung ist nicht eindeutig. Sie könne, so Ottmar, beispielsweise bedeuten, dass die Kinder lediglich ein Gebet mit einem Mitarbeiter sprechen.

Die Erzdiözese Freiburg rät von einer Teilnahme an der Spendenaktion ab. Die Aktion sei "nicht mit den Leitlinien der weltkirchlichen Entwicklungszusammenarbeit vereinbar", so Pressesprecher Marc Mudrak. Er begründet diese Einschätzung neben der Kritik am Missionsansatz wie folgt: Zum einen unterstütze die Aktion "nur die Wirtschaft der Länder, aus denen die Kartons kommen". Außerdem sei sie in zweierlei Hinsicht nicht nachhaltig: Die Geschenke bewirkten keine langfristige Verbesserung der Lebenssituation der Beschenkten; außerdem stoße der Transport der Kartons Treibhausgase aus. Ähnlich kritische Stimmen wurden in den vergangenen Jahren aus den Bistümern München, Trier, Berlin und Münster laut.

Wie in den vergangenen Jahren zählt die christliche Lörracher Buchhandlung Alpha wieder zu den mehr als 5000 bundesweiten Schuhkarton-Sammelstellen. Filialleiterin Judith Baumann erachtet die Kopplung der Geschenke an religiöses Infomaterial als unproblematisch: "Weihnachten ist ein christliches Fest, daher muss man es nicht vom Christentum entkoppeln." Dennoch betont sie, keinem Kind dürfe etwas aufgezwungen werden.

Präsident von Samaritan’s Purse hält zu Donald Trump

Der zweite Kritikpunkt betrifft den Präsidenten von Samaritan’s Purse. Franklin Graham fiel in der Vergangenheit mehrfach durch diskriminierende Thesen auf: So äußerte er sich unter anderem herablassend gegenüber der LGBTQ+-Gemeinschaft. Deren Lebensform sei eine Sünde vor Gott, Homosexualität eine Beleidigung des Christentums. Den Islam bezeichnete er als "böse" und "verhext". Ferner zählt er zu den engen Vertrauten Donald Trumps und bekannte noch 2020, er sei "sehr stolz auf Präsident Trump" und wisse nicht, ob dieser "je Lügen erzählt" habe.

Auf diese Aspekte angesprochen, antwortet Pressesprecher Ottmar, Graham und seine Familie seien "seit vielen Jahrzehnten als geistliche Berater und Mentoren für viele amerikanische Präsidenten (Demokraten und Republikaner) tätig, ohne dass es zu einer Verflechtung zwischen Samaritan’s Purse und politischen Organisationen der USA gekommen wäre". Franklins Positionen seien als "persönliche Statements" zu werten. Eine klare Abgrenzung von dessen Ansichten formuliert er nicht.

Nichts zu tun hat "Weihnachten im Schuhkarton" mit der südbadischen Aktion "Weihnachten mit Herz", bei der Arbeiterwohlfahrt und Sparkasse Freiburg-Nördlicher Breisgau seit 2009 gespendete – und ebenfalls in Schuhkartons verpackte – Geschenke an Senioren in Altenheimen verteilen.
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