Gesundheit und Soziales
"Arbeiten mit Menschen ist wunderschön"
Verlagsthema BZ-Interview: Industriemechanikermeister Stefan Gerum wollte nicht länger Maschinen bedienen, sondern etwas Sinnvolles tun. Er studierte und ist heute als Sozialarbeiter in Oberrimsingen tätig.
Freya Pietsch
Mo, 13. Mär 2023, 16:21 Uhr
Verlagsthema
Thema: Stellenspezial Gesundheit
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BZ: Wie ging es danach weiter?
Gerum: Ich war zunächst arbeitssuchend, habe in einer Metallwerkstätte mit Menschen mit Behinderungen ein Praktikum absolviert. Dort wurde ich jeden Morgen mit den Worten begrüßt: "Schön, dass du da bist." Da wusste ich, das möchte ich machen: Ich möchte dort arbeiten, wo sich Menschen freuen, dass ich komme.
BZ: Und haben daraufhin Soziale Arbeit studiert?
Gerum: Nicht sofort. Ich habe noch mal kurz in meinem alten Beruf gearbeitet, weil ich in Bayern, wo ich herkomme, keine Stelle im sozialen Bereich gefunden habe. Dort habe ich zwar viel Geld verdient, fand es aber schlimmer als zuvor. Über eine Freundin, die in Freiburg lebt, habe ich erfahren, dass man mit einem Meisterbrief an der Katholischen Hochschule fachfremd studieren kann. Ich habe mich beworben und wurde angenommen, nachdem ich mich noch ein weiteres Jahr sozial engagiert hatte.
BZ: Wie kam der Kontakt zum Christophorus-Jugendwerk zustande?
Gerum: Während des Studiums habe ich in viele Bereiche reingeschnuppert, habe mit Menschen mit Behinderungen gearbeitet, mit Jugendlichen, in der Altenhilfe. Eher zufällig habe ich den ehemaligen Chef des Christophorus-Jugendwerks, Norbert Scheiwe, kennengelernt. Als der von meinem handwerklichen Hintergrund erfuhr, hat er mich auf eine Fahrt nach Spanien eingeladen, wo gerade gemeinsam mit Jugendlichen ein Haus für junge Leute gebaut wurde. Dort habe ich zum ersten Mal gemerkt, wie gut sich Handwerk mit Sozialer Arbeit verbinden lässt.
BZ: Inwiefern?
Gerum: Über das gemeinsame Schaffen baut man in kürzester Zeit eine Beziehung zu den Jugendlichen auf. So entsteht eine Win-win-Situation, von der alle profitieren. Win-win-Situationen zu schaffen gehört ohnehin zu meiner Lebensphilosophie und in der Sozialen Arbeit ist das wunderbar möglich.
BZ: Seit Spanien arbeiten Sie fürs Jugendwerk?
Gerum: Ja, ich habe mein Praxissemester in Oberrimsingen gemacht. Es gibt bei uns sieben verschiedene Bereiche mit insgesamt 260 Mitarbeitenden. Da bekommt man einen guten Einblick. Auch meine Bachelor-Arbeit habe ich hier geschrieben und nach dem Studium eine Stelle als Erlebnispädagoge und Assistenz der Erziehungsleitung bekommen.
BZ: Wie wird man eigentlich Erlebnispädagoge?
Gerum: Über eine Ausbildung, die man parallel zum Studium, über zwei Semester absolviert.
BZ: Welche persönlichen Eigenschaften sollte man ganz allgemein für einen sozialen Beruf mitbringen?
Gerum: Man sollte offen sein, empathisch und kommunikativ. Und man sollte Lust haben auf die Menschen, die man begleitet – seien es Menschen mit Behinderung, Jugendliche oder ältere Menschen. Es macht in unserem Beruf keinen Sinn, etwas ohne Herzblut zu tun. Sich in die Arbeit zu quälen, um mit anderen Menschen zu arbeiten: Das funktioniert nicht.
BZ: Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus?
Gerum: Ich arbeite im stationären Bereich. Wir betreuen männliche Jugendliche zwischen 13 und 18 Jahren. Meine Aufgabe ist es, ihre Freizeit zu gestalten, Angebote zu machen. Jungs in der Pubertät müssen ausgepowert werden – beim Kickerspielen, beim Arbeiten im Wald, beim Klettern. Zudem begleite ich Studierende, die ihr Praxissemester bei uns machen und kleinere Projekte in der Erlebnispädagogik übernehmen.
BZ: Was sind das für Jugendliche, die im Christophorus-Jugendwerk wohnen?
Gerum: Meist sind es junge Menschen, die einfach nur Pech gehabt haben. Bei denen es im Elternhaus oft nicht leicht war. Sie haben zu wenig Liebe, zu wenig Nähe und Wärme erfahren und wurden schon früh ausgegrenzt. Immer wieder heißt es, dass bei uns gefährliche Jungs seien. Das stimmt nicht, ich habe sie alle gern. Das sind feine Kerle durch die Bank weg.
BZ: Welche Herausforderungen bringt der Beruf mit sich?
Gerum: Man investiert viel und trotzdem werden Erfolge oft erst nach Jahren sichtbar. Man muss Geduld haben und auch Frustrationen aushalten. Was an einem Tag mit einem Jugendlichen funktioniert, funktioniert am nächsten womöglich nicht mehr.
BZ: Was mögen Sie an Ihrem Beruf?
Gerum: Auf jeden Fall die Abwechslung. Ich habe tolle Kolleginnen und Kollegen, mit denen man sich super austauschen kann. Wir werden nach unseren Stärken eingesetzt und ziehen alle an einem Strang, auch wenn wir mal unterschiedlicher Meinung sind. Wenn man es geschafft hat, Zugang zu den Jugendlichen zu gewinnen, wenn sie Persönliches erzählen, man mit ihnen lacht oder rumblödelt, dann ist das einfach göttlich. Für mich gibt es nichts Schöneres.
BZ: Was machen Sie zum Ausgleich in Ihrer Freizeit?
Gerum: Ich tausche mich viel mit meinen Kolleginnen und Kollegen aus, das ist ganz wichtig. Man muss auch mal Frust ablassen können. Außerdem mache und höre ich gerne Musik und treibe Sport.
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