Gedenken an die Pogrome der Nazis
Antisemitismusbeauftragter spricht von Bedrohungen gegen Juden im neuen Gewand
Antisemitische Taten mehren sich, der Hass gegen Jüdinnen und Juden breitet sich vom Internet in die analoge Welt aus. Der Antisemitismusbeauftragte des Landes mahnt aus Anlass eines historischen Datums.
dpa & BZ-Redaktion
So, 10. Nov 2024, 17:30 Uhr
Südwest
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Anlässlich des 86. Jahrestages der Pogromnacht hat der Antisemitismusbeauftragte der Landesregierung, Michael Blume, auf Hass und Hetze gegen Jüdinnen und Juden vor allem im Internet hingewiesen. Der Antisemitismus sei in Baden-Württemberg nie verschwunden gewesen, schreibt Blume in einem Gastbeitrag für die Badischen Neuesten Nachrichten. "Er kehrt jetzt als Antizionismus mit digitaler Wucht zurück. Daher möchte ich an diesem 9. November nicht nur an die Schrecken der Vergangenheit erinnern, sondern auch auf die Bedrohungen hinweisen, die Jüdinnen und Juden heute im neuen Gewand erfahren müssen."
Unter Antisemitismus versteht man feindselige oder hasserfüllte Einstellungen und Verhaltensweisen gegenüber Juden und Jüdinnen. "Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Angriffe gegen Jüdinnen und Juden und gegen jüdische Einrichtungen steigen rasant", schreibt Blume. "Im Internet werden sie täglich beleidigt und bedroht. Und immer wieder schwappt dieser Hass auch auf die Straße."
Blume spricht von Bildungsneid
Das Judentum sei mit der Entwicklung eines Alphabets vor fast 4000 Jahren zur ersten Religion mit Heiliger Schrift in Alphabetzeichen geworden, erläutert er. Es sei religiöse Pflicht gewesen, dass auch die Kinder aus ärmeren Familien Lesen und Schreiben lernen. "Das Judentum wurde so zur ersten Bildungsreligion und konnte fortan auch ohne Tempel und sogar fast zwei Jahrtausende ohne eigenes Land überleben." Doch nachfolgende Religionen und Weltanschauungen hätten dem Judentum seine bedeutende Rolle kaum gedankt.
"Aus diesem Bildungsneid entstanden die antike Judenfeindlichkeit, der mittelalterliche Antijudaismus und schließlich der rassistische und massenmörderische Antisemitismus", schreibt Blume. Heute eskalierten auch in Baden-Württemberg antisemitische Bedrohungen und Gewalttaten, besonders betroffen seien Universitätsstädte. "Das erinnert daran, dass formale Bildung alleine nie vor Verschwörungsglauben geschützt hat."
Vor allem jüdische Studenten seien heute Antisemitismus ausgesetzt
Zuerst in Washington oder Berlin, inzwischen aber auch zum Beispiel in Mannheim und Heidelberg, erlebten unter anderem jüdische Studierende den Vormarsch des Antisemitismus' in ihrem Alltag, betont Blume. "Sie werden digital mit Hamas-Zeichen markiert und der barbarische Terror des 7. Oktober wird vor ihren Augen als Befreiungskampf gefeiert." Einige jüdische Studierende versteckten inzwischen religiöse Symbole und Kleidungsstücke, manchen falle die Fortsetzung des Studiums zunehmend schwer.
Am 9. November wird bundesweit an die Opfer der nationalsozialistischen Pogrome und an die systematische Ermordung der europäischen Juden erinnert. In der Nacht auf den 10. November 1938 hatten im Deutschen Reich Synagogen gebrannt. Zudem begannen unter den Nationalsozialisten direkte und gezielte Gewaltaktionen gegen die jüdische Bevölkerung.
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