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Am seidenen Faden

Wie die Bergwacht Schwarzwald gemeinsam mit Polizeihubschrauberstaffel und DRF-Luftrettung einen Lawineneinsatz am Feldberg trainiert.  

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Foto: Patrick Seeger
Gemeinsam haben Bergwacht, Polizei und DRF-Luftrettung den Ernstfall trainiert: einen Lawinenabgang im Zastler Loch unterhalb des Feldberggipfels. Wichtig war den Einsatzkräften dabei vor allem der Transport der Retter zum Unglücksort. Hilfe bekommen sie dabei von der Polizeihubschrauberstaffel des Landes und Hubschrauber Christoph 54 der DRF-Luftrettung in Freiburg.

Es ist ein sonniger Nachmittag auf dem Feldberg, der Himmel ist strahlend blau, die Alpen zeigen sich am Horizont. "Normalerweise sind wir bei solchem Wetter nicht unterwegs", sagt Martin Landgraf. Der stellvertretende Leiter der Polizeihubschrauberstaffel des Landes ist mit seinem Team aus Stuttgart auf dem Höchsten gelandet, das Blau des zwei Jahre alten Hubschraubers strahlt mit dem Himmel um die Wette, viele neugierige Blicke richten sich auf den Helikopter. Wenn die Polizisten Sucheinsätze fliegen, ist das Wetter meist schlecht, die Bedingungen sind unwirtlich.

Noch hat das Team Schonfrist, noch ist kein Alarm eingegangen. Doch lange wird es nicht mehr dauern, bis sich das Digitalfunkgerät meldet, das die Retter der Bergwacht zu einem Lawineneinsatz im Zastler Loch rufen wird. "Bei dieser Übung heute steht der Transport der Retter zum Unglücksort im Mittelpunkt", informiert Adrian Probst, Landesvorsitzender der Bergwacht Schwarzwald.

Und dafür brauchen die Bergretter Unterstützung aus der Luft: Um die Abläufe zu trainieren, ist der Polizeihubschrauber aus Stuttgart an den Feldberg gekommen. Ende 2018 haben Landespolizei und Bergwacht eine Kooperation besiegelt, die es der Bergwacht erlaubt, Polizeihubschrauber zu nutzen, die über eine Winde verfügen, mit der eine Luftrettung möglich ist. "Wir liefern die Maschine – alles, was am Haken hängt, übernimmt die Bergwacht", sagt Martin Landgraf. Die schweizerische Rettungsflugwacht Rega, die auch zu Einsätzen der Bergwacht Schwarzwald gerufen wird, verfüge über die gleichen Maschinen, sagt Landgraf. "Heute haben wir die einmalige Gelegenheit, die Zusammenarbeit mit der Polizeihubschrauberstaffel zu trainieren", sagt Adrian Probst.

In Freiburg wartet derweil Hubschrauber Christoph 54 der DRF-Luftrettung auf seine Alarmierung. Weil bei der Lawinenrettung viele Rädchen ineinandergreifen, sind an diesem Samstag auch die Kreisbrandmeister aus den umliegenden Landkreisen, Verantwortliche von DRK und Polizei auf den Feldberg gekommen.

Auch der scheidende Freiburger Polizeipräsident Bernhard Rotzinger sowie Feldbergs Bürgermeister Johannes Albrecht, der selbst lange Zeit Luftretter bei der Bergwacht war, informieren sich über die Abläufe. "Ich spreche jetzt nicht als Polizeipräsident, sondern als Schwarzwälder – und da bin ich einfach sehr froh, dass es Euch gibt", sagt Rotzinger.

Als der Alarm um 13.30 Uhr eingeht, beginnt ein Wettlauf mit der Zeit. Jeder hat einen Funkmeldeempfänger und jetzt kommt es darauf an, wie schnell die umliegenden Bergretter an Ort und Stelle sind", sagt Adrian Probst, der die Alarmierung natürlich auch bekommen hat.

Nach neun Minuten sind die Bergretter vom Hebelhof am Einstieg Richtung Zastler Loch, wo acht Menschen von einer Lawine verschüttet worden sind. "Wir machen die Übung im Zastler Loch, weil das der am weitesten entfernte Punkt ist", sagt Probst. "Neun Minuten sind für die Truppe ein guter Wert, aber für die Opfer könnte das schon kritisch werden", fügt er hinzu. "Die besten Überlebenschancen haben Verschüttete, wenn sie in den ersten 15 Minuten gerettet werden", berichtet Bergwacht-Landesgeschäftsführer Lutz Scherer. Daher komme der Kameradenrettung die größte Bedeutung zu.

"Dazu gehört, dass alle mit eingeschalteten LVS-Geräten unterwegs sind, dass diejenigen, die nicht verschüttet sind, ihre Geräte von Senden auf Suchen umstellen." Deshalb sei es wichtig, den sicheren Umgang mit dem Lawinenverschüttetensuchgerät (LVS) zu trainieren. "Dafür haben wir ja seit dieser Saison zwischen Zeller I und Zeller II das Übungsgelände, das allen Wintersportlern offensteht." Da viele Menschen den Schwarzwald unterschätzten, seien sie oft ohne LVS unterwegs oder hätten es nicht eingeschaltet.

Parallel geht auch bei der DRF-Luftrettung in Freiburg der Notruf ein. Doch bevor der Rettungshubschrauber Richtung Feldberg fliegt, fliegt er nach Biederbach im Elztal, um Hundeführer Johannes Hepting und Lawinensuchhund Joschi abzuholen. "In vier Minuten Anflug auf den Sportplatz Biederbach", funkt da auch schon die Besatzung des Christoph 54. Monti, Bergwacht-Lawinensuchhund in Ausbildung, wird mit seiner Hundeführerin, der Polizistin Bianca Feldheim, vom Polizeihubschrauber gebracht.

"Wenn Joschi den Hubschrauber hört, dann weiß er immer schon Bescheid – er wedelt sogar mit dem Schwanz", berichtet Florian Kramer, Notfallsanitäter auf dem Christoph 54. Zehn Minuten später sind die Rotoren zu hören, der Rettungshubschrauber ist im Anflug auf den Unglücksort. "Er macht jetzt noch eine Hocherkundung, damit sich der Notarzt und Johannes Hepting einen Überblick über die Lage verschaffen können", sagt Oliver Barth, Pilot des Christoph 54, der sich die Übung heute vom Boden aus anschaut. Der Polizeihubschrauber bringt nun nach und nach weitere Bergretter auf das Lawinenfeld. "Wir unterstützen, damit so schnell wie möglich möglichst viele Retter vor Ort kommen", sagt Martin Landgraf. Sechs Bergretter haben Platz im Polizeihubschrauber.

"Nach Zeugenaussagen sind alle Vermissten gefunden", ist über Funk zu hören. Auch Tote sind unter den acht Verschütteten. Kurze Zeit später sind auch schon die tosenden Rotoren zu hören und der Polizeihubschrauber taucht über den Baumwipfeln auf.

An der Winde hängt Rettungsspezialist Helikopter Bernd Schneider von der Ortsgruppe Todtnauberg, der die Verschüttete Anja Füssinger von der Ortsgruppe Münstertal aus dem Lawinenfeld geholt hat. Sie hat eine Fraktur am Bein und eine Verrenkung des Schultergelenks.

Als sie sich aus dem roten Overall schält, unter dem sie noch zwei lange Unterhosen und mehrere Schichten trägt, ist sie trotzdem durchnässt und friert. "Ich war seit 12.30 Uhr im Schnee eingegraben", sagt sie um kurz nach 15 Uhr. "Und irgendwann habe ich auch Panik bekommen."

Gewusst hat die Bergretterin nicht, dass sie über die Winde gerettet wird. Polizeipräsident Rotzinger nickt ihr anerkennend zu: "Das war eine schöne Demonstration der guten Zusammenarbeit zwischen den Rettungskräften."

Bei blauem Himmel und Sonnenschein nimmt der Polizeihubschrauber wieder Kurs auf Stuttgart.

Eine Bildergalerie der Übung gibt es unter http://mehr.bz/bergwacht

Ressort: Neues für Kinder

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Mi, 03. April 2019: PDF-Version herunterladen

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