Am besten alles abreißen
Neue Details zum baulichen Zustand der Staudinger-Gesamtschule und drei Varianten, wie das Problem behoben werden kann – teuer sind alle.
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DAS PROBLEM
Der Schulkomplex ist fertig. Die Gebäude wurden von 1969 bis 1975 gebaut, die Lebensdauer war nach Angaben der Schule auf 20 Jahre veranschlagt. Längst sollte saniert werden, vor allem seit 2008 Asbest in Wänden entdeckt wurde, aber immer hieß es: Die Stadt hat nicht so viel Geld (siehe Infobox). Das Nötigste hat die Verwaltung immer gemacht, wie den Brandschutz, einen Teil der Toiletten und über die Hälfte der Flachdächer, aber oft blieb’s beim Flicken. Seit 2008 wurden auch elf Voruntersuchungen und Studien gemacht – Asbest, Brandschutz, Machbarkeit. Die neuen Gutachter sahen keinen Bedarf für ein weiteres.
Drees & Sommer hat den Bestand analysiert: Teile des Stahlbetons bröckeln, rosten oder bilden Wärmebrücken, die Außenhülle muss saniert werden, an manchen Stellen zieht und regnet’s rein – "Fassade bautechnisch am Ende", vermerkt die Studie. Gemessen an den Freiburger Energiestandards von heute ist die Schule ein Albtraum, sie braucht Wärmeschutz für Winter und für Sommer, es gibt zwar eine Klimaanlage, aber die ist seit den 80ern außer Betrieb.
Am Boden liegen teils abgewetzte Nadelfilze und alte PVCs, stellenweise verkrümelt sich unter den Belägen der Estrich. Die meisten Toiletten sind noch die ersten und die "Bodenfliesen teilweise intakt". Die abgehängten Decken haben Wasserschäden und Lücken und sind nur sicher bis Windstärke 6 – drüber müssen die Fenster zubleiben, wie früher an anderen Freiburger Schulen auch. Die Haustechnik ist am Ende ihrer Lebenszeit oder drüber. Kurz: "Der Gebäudekomplex weist hohen Sanierungsbedarf aus."
DIE AUFGABE
Auf dem 9,3 Hektar großen Grundstück – was fast 13 Fußballfeldern entspricht – sollen wieder die Ganztagsschule für knapp 1300 Schüler, Mensa, Stadtteilbibliothek, Jugendzentrum, Sporthallen, Werkspielhaus und -platz sowie Hausmeisterwohnungen unterkommen und dazu eine Kindertagesstätte für sechs Gruppen. Dabei sollen die Einrichtungen sinnvoll angeordnet werden, und zum Beispiel die Stadtteil- und Schulbibliothek auch einen Zugang vom Stadtteil haben. Während der Bauarbeiten muss der Betrieb weiterlaufen, das pädagogische Konzept umgesetzt werden, ebenso die Raumprogramme und die Freiburger Energieleitlinie: bei Neubau Passivhausstandard und bei Sanierung am besten auch. Das Budget, so die Arbeitshypothese, soll bei 66 Millionen Euro plus 5 Millionen für die Kita liegen. Drees & Sommer untersuchte, was die beste Lösungsvariante für diese Aufgabe wäre.
Für die Schule ist eine Programmfläche von 10 825 Quadratmeter vorgesehen – das meiste für Unterricht (vom Klassenzimmer bis zum Computerraum) und knapp 1000 Quadratmeter für den Ganztagsbereich, zum Beispiel Projekträume, Werkstätten und einen klassenzimmergroßen Fitnessraum. Für die Bibliothek sind 776 Quadratmeter genehmigt, für den Jugendtreff 1247. Die beiden Sporthallen sollen für 5,5 Millionen Euro saniert werden. Die Kita soll laut Studie ein zweigeschossiger Holzbau mit 1270 Quadratmetern für sechs Gruppen mit Kindern von 0 bis 6 Jahren werden.
DIE DREI VARIANTEN
Die Gebäude könnten saniert und umgebaut werden. Aber zusammengehörende Räume wären verteilt, wie zum Beispiel die einzelnen Jahrgangshäuser, was dem pädagogischen Konzept widerspricht. Es bräuchte einen Anbau und um den Betrieb von Schule, Mensa, Bibliothek und Juze aufrechtzuerhalten, müssten 414 Container aufgestellt werden. Sanieren kann den Altbau nicht in ein Passivhaus verwandeln, sagt Drees & Sommer, die Orientierung in und um die Schule bliebe schlecht. Die Sanierung würde nach der Grobschätzung alles in allem 98,7 Millionen Euro kosten – ohne Einrichtung, Sporthallen und Kita 81,2 Millionen.
Bei der Mischung aus Sanierung und Neubau bliebe der älteste Teil des Komplexes stehen, die asbestbelasteten Bauabschnitte 2 bis 4 würden abgerissen und 173 Container aufgestellt. Nach dem Umbau wären die Orientierung in der Schule und auf dem Campus gut, alle Räume untergebracht und die Einheiten praktisch zugeordnet, aber nur der Neubau hätte Passivhaus-Standard. Diese Variante würde 101,2 Millionen kosten – ohne Einrichtung, Hallen und Kita 83,7 Millionen Euro.
Beim Neubau würden alle Gebäude abgerissen – möglichst viele erst dann, wenn schon die neuen Gebäudeteile stehen. Somit wären nur 41 Container nötig. Für die Schule ein Problem: Die Studie schlägt als Fläche für den ersten Neubau-Abschnitt die Ostseite des Staudinger-Areals vor, wo sich Werkspielhaus und Werkspielplatz befinden. Der "Werki" ist eine Mischung aus Abenteuerspielplatz, Ort für AGs und Freiraum, wurde über Jahre von Schülern, Lehrern, Eltern und Freunden gebaut und gehört zum Ganztagskonzept der Schule. Nach Protesten – zuletzt umzingelten die Schüler den Platz – hat die Stadtverwaltung die Vorlage für die Entscheidung des Gemeinderats ergänzt: Erst hieß es nur, dass das Werkspielhaus disponibel ist, nun wird seine Bedeutung hervorgehoben. Der Rat soll beschließen, den Werki grundsätzlich zu erhalten und erst nach dem Architektenwettbewerb über den Standort entscheiden. Ein K.O.-Kriterium ist er nicht.
Der Neubau würde alle Anforderungen erfüllen. Er bräuchte halb so viel Heizenergie wie der sanierte Altbau und ein Drittel weniger als der teilsanierte. Er soll alles in allem 102,3 Millionen kosten – ohne Einrichtung, Hallen und Kita 84,8.
DAS FAZIT
Alle drei Varianten ließen sich ähnlich schnell realisieren. Die Sanierung kostet zwar am wenigsten, lässt aber zu viele Baustellen offen. Der Teilabriss hat Charme. Aber für 1,1 Millionen Euro bekommt die Stadt einen kompletten Neubau und die Schule Platz für ihr Konzept. Den Neubau empfehlen Drees & Sommer mit Blick auf Pädagogik und Wirtschaftlichkeit. Ihr Konzept kann die Schule nur im Neubau wirklich umsetzen, sagt die Stadtspitze, die sich ebenfalls dafür aussprach. Ein entscheidender Faktor ist auch die Neubauförderung, die diese Variante unterm Strich für die Stadt am günstigsten macht. Die Verwaltung schätzt sie vorsichtig auf 8 bis 9 Millionen.
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