Zweimal Olympia in 196 Tagen
Deutschlands schnellste Sprinterin Alexandra Burghardt wagt sich im Bob an ein olympisches Doppel-Projekt.
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Noch kurz vor der Abreise nach China hatte sie sich im Trainingslager der Leichtathleten im warmen Teneriffa den letzten Schliff geholt. "Ich habe am Highspeed gearbeitet und nochmal Sonne getankt, bevor es kalt wird", sagte sie. Bei Temperaturen um minus 10 Grad Celsius steht sie nun mit Bürstenschuh statt Spikes auf blankem Eis am Start. Der Unterschied? "Kaum einer, nur ich schiebe ein Gerät. Ich musste lernen, Kraft auf den Bob zu übertragen", sagte sie. Ihre Schubhilfe nutzt die Zweierbob-Olympiasiegerin von Pyeongchang, Mariama Jamanka. Die erste Wettkampffahrt zusammen war im Eiskanal in Innsbruck beim Weltcup. "Angst hatte ich nicht, es hat mich gleich gecatcht", sagte die Anschieberin und betonte: "Mariama vermittelt mir ein sicheres Gefühl." Spätestens nach dem zweiten Weltcupstart war das neue Duo gefunden. "Man hat es bei Mariama schon in den Augen gesehen, dass sie da einen Mehrwert erkennt. Sie sagte mir, wenn es wirklich in die Richtung geht, habe ich wirklich eine Chance bei Olympia", sagte Cheftrainer René Spies.
Das Wunder von Pyeongchang, als Jamanka mit der ehemaligen Leichtathletin Lisa Buckwitz überraschend Gold gewann, ist wieder greifbar. Nur "jetzt kommt sie mit einer anderen Ausgangsposition. Wenn man die letzten Jahre sieht, dann haben sie viele nicht mehr so auf der Rolle gehabt", erklärte Spies und ergänzte: "Sie hat alle Möglichkeiten, als Olympiasiegerin auch eine gewisse Ruhe, sie ist erfahren. Von daher glaube ich, sie wird am Start mit Alexandra stark sein und sie ist eine richtige Waffe."
28 Wochen nach ihrem Start bei Olympia in Tokio, wo sie mit der 4x100 Meter-Staffel Fünfte wurde und ins Sprint-Halbfinale stürmte, ist Burghardt bereit für das nächste Olympia-Abenteuer. "Ich habe schon das Gefühl für den Schlitten, Mariama merkt auch, dass wir uns immer besser treffen, dass die Kommandos immer abgestimmter sind. Das ist jetzt hier das A und O wenn wir an der Startlinie sind. Sie kann sich zu einhundert Prozent auf mich verlassen", sagte Burghardt. Zielstellung? "Mariama ist die amtierende Olympiasiegerin, die Chance ist da, wir werden alles geben, um das auch zu erreichen."
Im Kopf zieht sie Vergleiche mit der Leichtathletik. "Wir sind da mit der 4x100-Meter-Staffel, wenn mal alles glatt laufen würde, immer relativ nah an einer Medaille dran", verdeutlicht sie. Ihre Gedanken kreisen immer wieder zurück. Sie sucht auch immer wieder Parallelen. "Es ist relativ ähnlich im Training und Wettkampf, ich versuche, das Ganze immer offen, positiv und locker anzugehen." Für sie ist "alles eine Einstellungsfrage. Ich habe es im Vorfeld mit allen, die bei mir so mitwirken, abgesprochen, alle haben das Grüne Licht gegeben, und sie denken, dass wir das hinkriegen", sagte sie.
"Alexandra hat mit Patrick Saile einen langjährigen Trainer, der auch schonmal im Bobbereich in Bayern bei uns gearbeitet hat. Er ist daher sehr aufgeschlossen für unsere Sportart", sagte Spies. So hatte gleich nach Tokio Bob-Stützpunkttrainer Stefan Bosch angefragt. "Sie hat es für sich angenommen. Dann wurde ein vernünftiger Plan gemacht", sagte Spies über Burghardt. Sofort war er begeistert vor ihrer Auffassungsgabe: "Sie hat akribisch an der Technik gearbeitet, schnell auch Entwicklungsschritte übersprungen."
Doch der Ausflug ist nur ein kurzer. Bobanschieberin ist sie nur als Teilzeitkraft. "Für mich habe ich entschieden, dass ich danach wieder vollständig zur Leichtathletik wechsle, das ist tatsächlich sehr temporär das Projekt", sagte Burghardt bestimmt. Neue Ziele warten. "Erstmal die Titelverteidigung bei den deutschen Meisterschaften, dann gibt es eine WM, eine Heim-EM in München – also ein Highlight jagt das nächste." Nach Olympia im kalten China will sie sich "eine Woche Ruhe gönnen, dann wieder voller Fokus auf die Tartanbahn".
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