Zu wenig Platz für Familien

In großen Städten werden vor allem "kleine Schuhschachteln" gebaut / Preisanstieg setzt sich fort.  

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(AFP/dpa). In Deutschlands großen Städten suchen viele Familien vergeblich eine angemessen große Wohnung. Die Immobilienwirtschaft fordert die Städte in ihrem Frühjahrsgutachten daher auf, Familien bei ihren Planungen einen "sehr viel größeren Stellenwert einzuräumen". Beengte Wohnverhältnisse seien – nicht nur in Zeiten von Homeoffice und Homeschooling – sozial- und wohnungspolitisch "inakzeptabel".

Die Zahl großer Haushalte mit drei und mehr Menschen sei seit 2010 stärker gewachsen als die Zahl kleiner Haushalte, heißt es im Marktgutachten des Zentralen Immobilien-Ausschusses (ZIA). In den größten Städten würden heute aber vor allem "kleine Schuhschachteln" gebaut, sagte Mitautor Harald Simons am Dienstag. Daher wohnten mittlerweile 40 Prozent aller einkommensschwachen Vier-Personen-Mieterhaushalte in Großstädten beengt auf weniger als 80 Quadratmetern Wohnfläche.

Simons sprach von einer dramatischen Situation. In den sieben größten Städten hätten vor 15 bis 20 Jahren noch 60 bis 80 Prozent der Neubauwohnungen vier oder mehr Räume gehabt. Nun seien es 20 bis 40 Prozent. Unterdessen steigen die Mieten weiter. Mit 3,7 Prozent sei der Anstieg im vergangenen Jahr "ähnlich dynamisch" wie 2020 mit 3,1 Prozent. In Landkreisen stiegen die Mieten inzwischen stärker als in Großstädten. "Die Familien verlassen mit wehenden Fahnen diese Städte", so Simons.

Noch stärker zogen die Kaufpreise für Eigentumswohnungen an: Im bundesweiten Schnitt kletterten sie 2021 um 14,3 Prozent im Vorjahresvergleich auf 3140 Euro je Quadratmeter. 2020 waren es 11,2 Prozent. "Die nochmaligen Anstiege und das enorme Niveau der Kaufpreise sind sowohl überraschend als auch durchaus beängstigend", so die Sachverständigen. Ob es eine Immobilienblase gebe und wann sie platze, dazu wollte sich Mitautor Lars Feld nicht festlegen. Der Freiburger Ökonom sagte: "Wenn die Zinsen nach oben gehen, wird es eine Korrektur geben."

So viele neue Bürogebäude wie zuletzt vor zehn Jahren

Den von der Bundesregierung gewollten Neubau von 400 000 Wohnungen pro Jahr – davon 100 000 im sozialen Wohnungsbau – hält der ZIA kurzfristig für kaum erreichbar. 2020 seien erstmals seit 20 Jahren wieder mehr als 300 000 Wohnungen gebaut worden, 2021 dürften es rund 315 000 sein. "Ein – durch welche Instrumente auch immer bewirkter – weiterer Anstieg der Baugenehmigungen kann sich aufgrund der langen Bauzeit insbesondere bei Geschosswohnungen erst in der nächsten Legislaturperiode in höheren Fertigstellungszahlen auszahlen." ZIA-Präsident Andreas Mattner sieht das Ziel in weite Ferne gerückt. Er führte das auf den Stopp eines Förderprogramms für energetische Gebäudesanierung im Januar zurück. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte einige KfW-Programme wegen der hohen Nachfrage überraschend gestoppt.

Inzwischen fordern Wohnungsunternehmen Schadenersatz. Laut dem Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen können allein bei sozial orientierten Wohnungsunternehmen fast 150 000 Wohnungen nicht wie geplant gebaut werden. Simons geht von etwa 50 000 Wohnungen aus.

Mit Blick auf Büroimmobilien stellt der ZIA fest, dass die "Diskussionen um Homeoffice-bedingte Flächenreduktionen bereits abgeflacht" sind. Der Neubau von Bürogebäuden habe 2021 das größte Fertigstellungsvolumen seit zehn Jahren erreicht. Auch dieses Jahr seien "sehr hohe Fertigstellungszahlen zu erwarten". Büroflächen würden wohl nicht im gleichen Umfang abnehmen, wie Homeofficeaktivitäten zunehmen, so Experte Sven Carstensen. Zudem stiegen die qualitativen Ansprüche: "Büroarbeitende wollen sich auch am Arbeitsplatz wohlfühlen." Der ZIA ist der Spitzenverband der Immobilienwirtschaft. Ihm gehören 30 Verbände und rund 37 000 Firmen an.
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