Lebensmittel

Zoll entdeckt immer öfter gefährlichen Potenz-Honig – auch in Baden-Württemberg

Knapp ein Kilo Honig pro Kopf verzehren die Deutschen im Jahr. Doch manchmal ist nicht nur reiner Honig im Glas, neben Sirup werden gar erektionssteigernde Mittel hinzugefügt. Das birgt Risiken.  

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Honig ist oft mit Sirup  gestreckt. Ein Indikator kann der Preis sein.  | Foto: Oliver Berg (dpa)
Honig ist oft mit Sirup gestreckt. Ein Indikator kann der Preis sein. Foto: Oliver Berg (dpa)

Im Kampf gegen gefälschten Honig sieht der Deutsche Berufs- und Erwerbsimkerbund erste Erfolge. Viele Konsumenten schauten inzwischen genauer hin, sagte Vizepräsident Bernhard Heuvel. "Wir hoffen, dass der Lebensmitteleinzelhandel noch mehr mitzieht." Seit dem Start der Kampagne "Honig retten!" im vergangenen Jahr seien einige Hundert Honigproben untersucht worden, sagte Heuvel. 60 bis 80 Prozent der jeweiligen Stichproben seien als nicht authentisch eingestuft worden. Dann werde in teils erheblichem Ausmaß Sirup zugesetzt, dessen Herkunft oft unklar sei.

Ohne entsprechende Hinweise auf der Verpackung würden Verbraucher und Verbraucherinnen betrogen, betonte Heuvel. Alle Honigsorten könnten im Grunde davon betroffen sein, sagte er – auch Bioprodukte. Kundinnen und Kunden sollten daher darauf achten, dass ein konkreter Imkername auf dem Honig steht. "Dann bürgt jemand dafür, dass es wirklich Honig ist." Der Preis sei nicht zwingend ein Indikator, aber ein möglicher.

"Honig für 2,50 Euro im Supermarkt kann kein echter Honig sein", betonte der Grünen-Landtagsabgeordnete und Hobby-Imker Ralf Nentwich aus Baden-Württemberg. Für 500 Gramm Blütenhonig seien 7,50 Euro ein realistischer Preis. Auch könne man auf Qualitätssiegel achten.

"Auch gestreckte Honige werden bei Kontrollen oft als Honig erkannt"Ralf Nentwich (Grüne)

"Echter Deutscher Honig" darf laut dem Deutschen Imkerbund maximal 18 Prozent Wasser enthalten. Wasserarme Honige seien reifer, weniger gärungsgefährdet und hätten ein volleres Aroma. Die Einhaltung der Qualitätsrichtlinien werde im eigenen Labor geprüft. Jedes Glas "Echter Deutscher Honig" habe eine Kontrollnummer, anhand derer die Herkunft, Gewinnung und Vermarktung des Honigs zurückverfolgt werden könne.

Der Selbstversorgungsgrad mit Honig lag in Deutschland nach Angaben des Bundesernährungsministeriums im Jahr 2023 bei 42 Prozent – der größere Teil wird also importiert. Verbraucht wurden demnach 80.170 Tonnen, rund zehn Prozent weniger als im Vorjahr. Pro Kopf seien das 949 Gramm.

Grünen-Politiker Nentwich fordert mehr Kontrollen und bessere Analysemethoden. "Auch gestreckte Honige werden bei Kontrollen oft als Honig erkannt", erklärte er. "So viel echter Honig ist immer drin, dass er durchgeht." Hier müssten die Verfahren verbessert werden, forderte er.

"Secret Miracle Honey" verspricht potenzsteigernde Wirkung

Ein Aspekt dabei sei auch sogenannter Potenz-Honig. Diesem sind erektionsfördernde Mittel beigesetzt. Die Produkte heißen "Horny Performance Chocolate", "Jaguar Power" oder "Secret Miracle Honey" – und versprechen potenzsteigernde Wirkung. Zwar bestehe für Verbraucher keine Gefahr, aus Versehen solche Honige im Supermarkt zu kaufen, sagte Nentwich. Die müsse man schon von einer Reise in Ausland mitbringen oder im Internet bestellen. "Aber sie schädigen den Ruf des Honigs."

"Honig, Kräuterpasten und andere mit Potenzmitteln versetzte "Lebensmittel" werden überwiegend aus der Türkei nach Deutschland verbracht und stammen aus der Türkei, aus Staaten des Mittleren Ostens oder aus Malaysia", berichtet die Generalzolldirektion. Beim Zoll sei dieses Phänomen bei der Überwachung eingeführter Arzneimitteln nach Deutschland zum ersten Mal 2022 aufgetaucht.

Die Zollfahndungsämter München und Hamburg hätten in der Vergangenheit beispielsweise mehr als 13 Tonnen potenzsteigernde Lebensmittel festgestellt. Die Arzneimitteluntersuchungsstelle am Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit untersuchte seit 2023 einem Sprecher zufolge 56 Proben besagter Produkte, 49 enthielten potenzsteigernde Wirkstoffe. In den Vorjahren seien nur vereinzelt Analysen solcher Produkte erbeten worden.

Häufig fehlten Angaben zur Dosierung, Gefahr von Überdosierung

Häufig fehlten Angaben zur Dosierung, sagt eine Sprecherin des Regierungspräsidiums Karlsruhe, das in Baden-Württemberg landesweit für die Überprüfung der vom Zoll abgefangenen Produkte zuständig ist. "Damit ist die Einnahme auch mit einem erheblichen Risiko der Überdosierung verbunden." Nach drei Überprüfungen honigartiger Pasten 2023 durch die Behörde waren es im vergangenen Jahr ihren Angaben nach schon 18.

Es gehe um die Wirkstoffe Sildenafil und Tadalafil, die zur Behandlung von Erektionsstörungen bei Männern angewendet werden. Sie dürften aber nur nach Vorlage einer ärztlichen Verschreibung abgegeben werden.

Die Inhaltsstoffe seien bei den vorgelegten Produkten regelmäßig nicht angegeben, erklärte die Sprecherin. "Dem Verbraucher bleibt die Zusammensetzung verborgen und er kann daher nicht wissen, mit welchen Nebenwirkungen und Risiken die Einnahme des Produktes verbunden ist."

Vor allem Menschen mit Vorerkrankungen am Herz-Kreislauf-System drohten ernste Probleme, hieß es. Auch die Kombination mit bestimmten anderen Arzneimitteln wie Nitraten und Ritonavir aus der Therapie von HIV-Infektionen und Aids sei wegen erheblicher Wechselwirkungen gefährlich.

Schlagworte: Bernhard Heuvel, Hobby-Imker Ralf Nentwich, Ralf Nentwich
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