Aerosole
Wie Luftreiniger das Corona-Infektionsrisiko senken können
Eine wichtige Rolle bei der Übertragung des Coronavirus spielen Aerosole, kleine Schwebeteile in der Luft. Lüften ist eine Möglichkeit, die Gefahr einzudämmen; eine andere sind Luftreiniger.
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Zuständig für die Bewertung von Luftreinigern sind Forscher, die das Verhalten von feinen Teilchen in Luftströmungen untersuchen. "Aus meiner Sicht handelt es sich um eine sehr gute und hoch wirksame technische Lösung, um gut über den Winter zu kommen", sagt der Physiker Christian Kähler von der Bundeswehr-Universität München, einer der führenden Experten für Aerosole.
Luftreiniger sind kompakte Standgeräte mit Preisen zwischen 100 und mehreren 1000 Euro. Sie saugen die Raumluft meist an der Unterseite an, schicken sie durch einen mehrlagigen Filter und stoßen sie oben wieder aus. Zu den Teilchen, die im Filter hängenbleiben, gehören auch Tröpfchen und Aerosole, in denen das Coronavirus von Wirt zu Wirt reist. "Aerosolpartikel sind viel größer als das Virus selbst und lassen sich mit den Filtern in leistungsfähigen Luftreinigern gut abscheiden", sagt Kähler.
Aus Sicht des Experten besteht der große Vorteil der Luftreiniger darin, dass sie verfügbar und bezahlbar sind. Viele Hersteller sitzen in Deutschland und der EU. Lieferengpässe wie anfangs bei den in Asien hergestellten Masken seien daher weniger zu befürchten. Friseursaloninhaberin Schulze bestätigt, wie gering die Schwelle zur Nutzung der nützlichen Technik ist. Sie ist während des Lockdowns im März über erste Infos zu Luftfiltern gestolpert, als sie einen Artikel über Untersuchungen zur Flugzeugluft gelesen hat. Zur Wiederöffnung im Mai hat sie ein umfangreiches Hygienekonzept erarbeitet. Es sieht Abstandsregeln für Kunden und Mitarbeiter vor, das Tragen von Masken – und eben den dauernden Einsatz von Luftreinigern als einen wichtigen Baustein. Schulze hat zwei Geräte aufgestellt. Gesamtkosten: 700 Euro. Ein Klacks gegen den Umsatzausfall auch nur eines einzigen Tages im Lockdown.
Physiker Kähler bestätigt, dass der Ansatz der Friseurmeisterin richtig ist. Vor allem die Einbindung in ein durchdachtes Konzept hält er für wichtig. Denn die Luftreiniger funktionieren am besten im Zusammenspiel mit Masken. "Wir müssen vor allem zwischen direkten und indirekten Infektionen unterscheiden", sagt Kähler. Das sei zielführender als die Diskussion über Tröpfchen- oder Aerosolinfektionen. Ein Luftreiniger nütze nichts, wenn er am anderen Ende eines großen Raums vor sich hin läuft, während sich zwei Menschen ohne Maske in intensiven Gesprächen Aerosolpartikel direkt ins Gesicht pusten. Hier sei weiter der Mund-Nase-Schutz gefragt.
Um die Aerosole abzufangen, bevor sie in zu großer Zahl auf die Schleimhaut einer Person gelangen, muss das Gerät die Luft schnell genug bewegen. Kähler nennt hier als Minimum das Sechsfache des Raumvolumens für die Leistungsfähigkeit des Luftreinigers. Wenn ein Zimmer drei Meter hoch, fünf Meter breit und sechs Meter lang ist, hat es einen Rauminhalt von 90 Kubikmetern. Der Luftreiniger muss also rund 600 Kubikmeter Luft in der Stunde filtern, um zu wirken.
Ebenso bedeutend: der Filterstandard. Christian Kählers Messungen im Labor sprechen hier eine klare Sprache. Die Geräte müssen mit Partikelfiltern der Klasse H13 oder H14 ausgestattet sein. Alles darunter sei zu wenig wirksam, sagt Kähler. Der Aerosol-Forscher empfiehlt, unbedingt auf diese Zahlen zu achten. Die oft gehörte Bezeichnung "Hepa" sei nicht geschützt und daher in einigen Fällen eine reine Werbeaussage, die nichts über eine ausreichende Filterwirkung für Corona-Teilchen aussage.
Experte Kähler rechnet vor: Auch wenn ein Profigerät, das die Luft eines Klassenraums bei voller Besetzung sauber halten kann, in der Anschaffung 3000 Euro koste, seien das nur rund 100 Euro pro Schüler. "Eine sehr gute Investition in den Schutz der Bevölkerung", findet der Physiker. Auch in Büros, Geschäften, Wartezimmern, Gemeinde- und Vereinshäusern, Fitnessstudios, Aufenthalts- und Essensräumen verringern Luftreiniger die Infektionsgefahr durch Aerosole stark.
Friseurin Schulze hatte zunächst vor, die Luftreiniger nach dem Ende der Corona-Krise wieder zu verkaufen. Jetzt denkt sie darüber nach, die Apparate auch in Zukunft zu behalten. Ihre Mitarbeiter freuen sich darüber, dass die Luft im Salon frischer wirkt und mit Maske leichter zu atmen ist, seit die Dinger dort laufen. Für Pollen-Allergiker bedeuten sie ebenfalls eine Erleichterung. Schulze wundert sich bloß, dass sie jetzt erst auf diese Möglichkeit gestoßen ist.
Luftreiniger sollten einen bestimmten Standard erfüllen: Die Filter müssen mindestens in die Klasse H13 fallen. Was als Hepa-Filter angeboten wird, reicht zwar meistens, aber anders als die H-Zahlen ist diese Bezeichnung in der EU nicht geschützt. Das Wort Hepa kommt aus dem amerikanischen Sprachgebrauch für die Normung von Schwebstofffiltern. Es steht für High-Efficiency Particulate Air/Arrestance, also Schwebeteilchenfilter mit hocheffizientem Durchlassgrad. Dort bezeichnet es gute Filter mit Grad H13/H14.
Außerdem ist wichtig, dass das Gerät nicht zu klein für den Raum sein soll. Die entscheidende Hausnummer ist die Luftumwälzung in Kubikmetern pro Stunde. Faustregel: Mindestens die Quadratmeterzahl mal 18. Ein Luftreiniger mit einer Leistung von 400 Kubikmetern pro Stunde reicht also für einen Raum von rund 20 Quadratmetern Fläche.
Zahlreiche Anbieter konkurrieren im Segment der wirksamen Luftfilter. Der Preisbrecher ist die Firma Xiaomi aus China, die mit dem "Mi Air Purifier 3H" ein Gerät für lediglich 125 Euro anbietet.
Die Stiftung Warentest bewertet den Philips AC2889/10 (350 Euro) und den Soehnle Airfresh Clean Connect 500 (250 Euro) am besten. Die Universität der Bundeswehr in München hat erfolgreiche Experimente mit dem Trotec TAC V+ gemacht, einem Profigerät für 4290 Euro. Auch der Viromed Klinik Akut V 500 für rund 3600 Euro hat dort seine Tauglichkeit bewiesen. Andere etablierte Marken sind Blueair aus Schweden und IQair aus der Schweiz.
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