Interview
Wenn Marihuana das Leben im Griff hat
Die Müllheimer Drogenberatungsstelle will Jugendlichen helfen, ihren Drogenkonsum zu überdenken. Ein 17-jähriger hat durch den Kurs reflektieren können, dass Kiffen zum Problem geworden war.
Mi, 30. Sep 2020, 12:02 Uhr
Gesundheit & Ernährung
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BZ: Wie hat es bei dir mit den Drogen angefangen?
Teilnehmer: Ich habe das erste Mal mit 15 gekifft. Aus einmal im Monat ist ein täglicher Konsum geworden. Ich schätze, dass ich in meinen Hochzeiten wöchentlich mindestens 70 Euro für Marihuana ausgegeben habe. Vergangenes Jahr kam es dann zu einer Hausdurchsuchung, weil die Polizei vermutete, ich würde die Drogen auch verkaufen. Das war ein riesiger Schreck für meine Eltern und mich. Mir war schon vor der Durchsuchung klar, dass ich ein Problem habe. In diesem Moment wurde mir aber der Ernst der Lage bewusst. Um nicht mit leeren Händen ins Gericht zu gehen, hat mir die Jugendgerichtshilfe die Möglichkeit eines "FreD"-Kurses aufgezeigt.
BZ: Welchen Einfluss hatte dein Freundeskreis auf deinen Konsum?
Teilnehmer: Mein Freundeskreis hatte mir zwar die Möglichkeit gegeben, aber letztendlich muss jeder selber entscheiden, ob er raucht. In schlimmen Zeiten hatten wir keine anderen Gedanken als den an den Konsum. Mit vielen Freunden von damals habe ich nichts mehr zu tun, weil die immer noch tief im Konsum drinstecken.
BZ: Wie fest hatte das Marihuana deinen Tagesablauf im Griff?
Teilnehmer: Ich hatte in den Sommerferien angefangen. Da konnte ich den ganzen Tag ohne Probleme rauchen. Dann startete meine Ausbildung. Vor und während der Arbeit habe ich nicht gekifft – erst danach. Die Lehre hat mich abgelenkt, was auch heute noch der Fall ist.
BZ: Wie lief der Gruppenkurs ab?
Teilnehmer: Es war angenehm, mit Gleichaltrigen zu reden, die mit gleichen Problemen kämpfen. Innerhalb von zehn Minuten war das Eis gebrochen und alle haben sich geöffnet. Wir haben Lösungen für Probleme gesammelt, die durch den Konsum entstehen und rechtliche Aspekte durchgenommen. Ich habe viel über das Gelernte nachgedacht und versucht, es auf meine Situation zu übertragen. Mit meinen Eltern habe ich auch viel geredet.
BZ: Gab es einen Kursmoment, den du als besonders hilfreich in Erinnerung hast?
Teilnehmer: Wir mussten den Suchtverlauf vom Erstkonsum bis zur Abhängigkeit auf Zetteln darlegen. Dadurch konnte ich einordnen, wo ich gerade stehe. Es hat mich schockiert, dass ich mich bereits so nah an der Abhängigkeit befinde.
BZ: Wo stehst du derzeit?
Teilnehmer: Jedes Angebot hilft, man kann den Konsum jedoch nicht sofort zu hundert Prozent einstellen. Ich habe immer noch schlechte Momente, es entwickelt sich aber in eine gute Richtung. Die Abstände zwischen dem Konsum sind deutlich größer geworden. Wenn ich rauche, habe ich zudem ein schlechtes Gewissen. Am liebsten wäre ich drogenfrei.
Fred steht für "Frühintervention bei erstauffälligen Drogenkonsumenten" und ist ein Programm für 14- bis 21-Jährige. "Über den Gruppenkurs sollen Jugendliche eigene Anregungen zur Konsumreduktion oder zum Ausstieg kriegen", sagt Katharina Braun, Leiterin der Kontakt- und Beratungsstelle für Drogenprobleme (Kobra). In Umfragen sechs Monate nach den "FreD"-Kursen geben 49 Prozent der Teilnehmer an, keine illegalen Drogen mehr konsumiert zu haben. Die LWL-Koordinationsstelle Sucht in Münster hat das Programm bereits vor 20 Jahren entwickelt. Mittlerweile wird es europaweit eingesetzt – seit 2017 auch in Freiburg und im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald. Der Förderverein für Kobra e.V. und der Lions Club Müllheim-Neuenburg unterstützen das Angebot. Im Jahr 2019 haben es 31 Jugendliche in Anspruch genommen.
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