Warum Politik für junge Leute nicht so sexy ist
Um Frust, aber auch um Erfolge ging es bei einer Konferenz.
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"Bist du 55 Jahre alt?" Diese Frage steht auf einem Plakat mitten im Tagungsraum. 55 ist das Durchschnittsalter des Gemeinderats in Stuttgart. Keiner im Raum ist annähernd 55, und darum geht es bei der Konferenz der Grünen Jugend für junge Politik.
Eine ganze Generation soll motiviert werden, sich vor allem in der eigenen Gemeinde einzubringen. "Kommunalpolitik ist halt nicht sexy. Aber wir versuchen hier zu erklären, wie viel Wirkung es haben kann, lokal Veränderungen herbeizuführen", sagt Tobias Bacherle. Der 23-Jährige ist Stadtrat in Sindelfingen. Nur ein weiteres Ratsmitglied ist dort jünger als 30 Jahre alt.
Eine Erklärung von Tobias Bacherle dafür ist: Die Arbeit als Gemeinderat ist ein Ehrenamt, und zwar gleich auf fünf Jahre. Viele der 20- bis 30-Jährigen ziehen oft um, kommen für ihr Studium oder ihre Ausbildung in eine neue Stadt. Aber erst, wer in die Stadt wirklich reingewachsen ist, möchte dort auch was bewegen. "Dann verstehe ich aber immer noch nicht, wieso wir zum Beispiel so wenige zwischen 30 und 40 Jahren haben", sagt Bacherle.
Lasse Petersdotter kennt ein weiteres Problem. Er ist neben Aminata Touré der jüngste Abgeordnete im Landtag in Schleswig-Holstein. Und er weiß um die Skepsis mancher Wähler, ob jemand, der noch so wenig Lebenserfahrung habe, auch wirklich Politik machen kann. "Natürlich habe ich nicht schon drei Kinder großgezogen und keine eigene Firma aufgebaut. Aber davon darf man sich nicht abschrecken lassen, wir haben eben alle anderes Wissen, das wertvoll ist", sagt Petersdotter.
Ein Vorteil sei gerade, dass junge Politiker besser Nähe zu den jungen Einwohnern aufbauen können, die der Wahlurne sonst vielleicht fernbleiben, sagt Touré: "Es stimmt ganz oft nämlich nicht, dass Jugendliche politisch uninteressiert ist. Sie sind nur genervt von der Art und Weise, wie Politik gemacht wird."
Nicht nur junge Politikerinnen und Politiker sind zu der Konferenz in den Grünhof an der Ecke von Schnewlinstraße und Belfortstraße gekommen, auch junge Initiativen aus Freiburg und Sindelfingen stellen sich vor. Zum Beispiel "Care Revolution", das sich für eine Verbesserung des Pflegesystems einsetzt, oder auch "Solidarity City", eine Initiative, die die Stadt für alle unabhängig vom Aufenthaltsstatus öffnen möchte. Sie sind da, um zu zeigen, dass auch in der eigenen Stadt ehrenamtliches Engagement mit vielleicht bundesweiter Auswirkung möglich ist und Kommunalpolitik vielleicht doch "sexy" sein kann.
Nach den Kommunalwahlen im nächsten Jahr, hofft Bacherle, werden die Gemeinderäte deutlich jünger besetzt sein. "Jedenfalls schaffe ich es bald bei uns in der Stadt, wenn es so weitergeht, jeden unter 40 Jahren dazu zu bringen, wenigstens mal darüber nachzudenken, ob er nicht doch kandidieren möchte", meint Bacherle.
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