Wagenknecht spricht von "Startschuss"
Plakate mit Friedenstauben, dazu der Ruf nach einem Waffenstillstand im Ukraine-Krieg: Tausende Menschen haben am Samstag in Berlin demonstriert. Sahra Wagenknecht sieht den Beginn eines gesellschaftlichen Aufbruchs.
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Frauenrechtlerin Alice Schwarzer warnte, man könne die Atommacht Russland nicht besiegen. "Wer das ernsthaft versucht, riskiert das Ende der Welt", sagte sie. Schwarzer nannte es "verbrecherisch, der Ukraine weiszumachen, sie habe eine Chance gegen Russland". Die Politiker pokerten "mit unserer Existenz". Wagenknecht machte klar, dass die Kundgebung der Beginn eines Aufbruchs sein solle. "Lasst uns heute den Startschuss geben für eine neue, starke Friedensbewegung in Deutschland."
Während die Veranstalter die Zahl der Teilnehmenden auf 50.000 bezifferten, zählte die Polizei rund 13.000 Menschen, die trotz Schneeregens unter dem Motto "Aufstand für den Frieden" vor das Brandenburger Tor gezogen waren. Wagenknecht und Schwarzer wollten damit ihre Forderungen aus ihrem umstrittenen "Manifest für Frieden" untermauern.
Tatsächlich zeigte das Wochenende, wie sehr und wie unterschiedlich das Thema Ukraine bewegt. Zum Jahrestag des russischen Einmarsches in die Ukraine waren schon am Freitag mehr als 10.000 Menschen in Berlin auf die Straße gegangen. In Sprechchören vor der russischen Botschaft wurde "Russland ist ein Terrorstaat" gerufen. Auch die rechte Szene mobilisierte am Sonntag auf Kundgebungen in der Nähe der amerikanischen "Air Base" in Ramstein.
Im Vorfeld der Kundgebung vor dem Brandenburger Tor war Sahra Wagenknecht der Vorwurf mangelnder Abgrenzung zu rechtsradikalen Milieus gemacht worden. Auf der Kundgebung sagte Wagenknecht dazu, Neonazis und "Reichsbürger" hätten dort selbstverständlich nichts zu suchen. Sie wiederholte aber ihren Grundsatz: "Jeder, der ehrlichen Herzens mit uns für Frieden und für Verhandlungen demonstrieren will, ist hier willkommen."
Tatsächlich mischte sich die rechte Szene unter die Demonstrierenden. So war der sächsische AfD-Landesvorsitzende Jörg Urban genauso vor Ort wie der russlandnahe Berliner AfD-Politiker Gunnar Lindemann. Anwesend war auch der Vize-Landeschef der AfD in Sachsen-Anhalt Hans-Thomas Tillschneider. Auch der Herausgeber des rechten Szene-Magazins "Compact" nahm an der Kundgebung teil. Die rechten Gruppen waren keineswegs in der Mehrheit, aber sie machten sich bemerkbar. Als die Veranstalter zu Beginn klar machten, dass weder russische Fahnen, noch russische Militärabzeichen oder Fahnen der Ukraine ohne den Donbass gezeigt werden dürften, gab es vernehmliche Pfiffe und Gelächter.
Wie die Bild-Zeitung am Freitag berichtete, hat der thüringische AfD-Vorsitzende Björn Höcke Wagenknecht einen Wechsel zur AfD angeboten. Wagenknecht habe beim Thema Friedenspolitik "die richtige Position" gefunden, sagte Höcke demnach bei einer Veranstaltung in Dresden. Aber: "Sie werden mit dieser Partei niemals ihre Vorstellungen von Friedenspolitik durchsetzen. Deshalb, liebe Frau Wagenknecht, schlage ich Ihnen einen zweiten Schritt vor. Ich bitte Sie: Kommen Sie zu uns!", so Höcke.
Parteiübergreifend stieß die Demonstration auf heftige Kritik. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte: "Das ist kein Frieden, das ist eine Chimäre, die da aufgebaut wird, das ist eine politische Irreführung der Bevölkerung." Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei, sagte: "Ich habe keinerlei Verständnis für diese kremlfreundliche Position, die die Rolle von Tätern und Opfern umdreht.
Auch die Vize-Parteivorsitzende der Linken, Katina Schubert, übte scharfe Kritik. "Wer einen Aufruf startet, der querfronttauglich ist, erntet Querfront", sagte Schubert der Süddeutschen Zeitung. Amira Mohamed Ali, die Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, sprach dagegen von einer "friedlichen Demonstration mit überwältigender Teilnehmerzahl". Sie sei "ein wichtiges Zeichen" gewesen, "dass sehr viele Menschen wollen, dass wir aus der Kriegs- und Aufrüstungslogik ausbrechen", sagte Mohamed Ali der Süddeutschen Zeitung.
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