Rhein-Neckar-Kreis
Verbundenheit bis in den Tod auf dem Mensch-Tier-Friedhof
In Deutschland leben rund 35 Millionen Haustiere. Manche sind ihren Haltern ans Herz gewachsen. Diese wollen ihrem teuren Gefährten auch über den Tod hinaus nah sein. Ist das überhaupt möglich?
Julia Giertz
Fr, 6. Mai 2022, 20:00 Uhr
Südwest
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Auch, wer nicht seinen Wohnsitz in der 12 000-Einwohner-Gemeinde hatte, kommt für eine gemeinsame Bestattung von Mensch und Tier infrage. "Hier sind alle willkommen", sagt Bürgermeister Stefan Schmutz. Er blickt auf das neu angelegte Areal, das sich von konventionellen Gräbern mit akkuraten Abgrenzungen und perfekter Blumenpracht unterscheidet. Buchen, Fichten und Bärenklau sollen später ein Dickicht auf dem neuen Grabfeld bilden. Den Eindruck der Naturbelassenheit verstärken auf der Fläche verteilte knorrige Äste. Ein Granitblock in Buchform mit einer Hand, in deren Mitte eine Tatze abgebildet ist, verweist auf die besondere Bestattung.
In Ladenburg können alle Tiere beigesetzt werden – vom Kleintier wie Hamster über Katzen bis hin zu Pferden. In Urnen, versteht sich. Beim Pferd ist ein großes Grab nötig, weil bei einer Verbrennung etwa zwölf Kilogramm anfallen.
Friedhofsleiter Roger Jochim hat über 80 Gräber für Urnen von Menschen und Tieren im Angebot und fünf für Särge und Tierurnen. Doch noch habe niemand einen Vertrag abgeschlossen, nur eine Hand voll ernsthafter Interessenten habe sich gemeldet.
Die Zurückhaltung mag auch an den nicht ganz niedrigen Preisen liegen. Wer einen Platz für sich und sein Tier reservieren will, muss 4637 Euro für die Urnen- oder 6500 Euro für die Sargbestattung hinlegen. Hinzu kommen je 336 Euro für die Beigabe der Tierurne. In den Preisen ist Grabpflege enthalten.
Stirbt der Mensch vor dem Tier, dann wird das bei Angehörigen untergekommene Haustier nach seinem Tod verbrannt und dem bestehenden Grab beigefügt. Stirbt das Tier zu Lebzeiten des Besitzers, kann Herrchen oder Frauchen die Asche des Vierbeiners bis zum eigenen Tod daheim aufbewahren.
Für Bürgermeister Schmutz hat das Thema auch finanzielle Aspekte: "Die Fläche, für die der Friedhof einmal ausgelegt war, wird heute nicht mehr benötigt und muss jetzt anders gestaltet werden." Friedhöfe seien immer defizitär für eine Gemeinde. Da komme das neue Angebot gerade recht. Schmutz: "Jedes belegte Grab ist ein Gewinn."
Es gibt auch mahnende Stimmen, die einen Mensch-Tier-Friedhof schlicht für pietätlos halten. So weit will die Erzdiözese Freiburg nicht gehen. Zwar seien nach christlicher Lehre Menschen und Tiere nicht gleichzusetzen. Aber es sei positiv zu bewerten, dass sich Menschen vorausschauend mit dem Tod beschäftigen – nicht nur mit dem eigenen und dem nahe stehender Menschen, sondern auch mit dem Tod ihnen eng verbundener Haustiere. "Einer qualifizierten Auseinandersetzung über die Frage gemeinsamer Urnengräber von Menschen und Tieren steht die Erzdiözese Freiburg offen gegenüber."
Für Christoph Keldenich, den Geschäftsführer der Verbraucherinitiative Bestattungskultur Aeternitas, ist die Sache hingegen klar: "Wenn eine 95 Jahre alte Dame ihrem langjährigen vierbeinigen Begleiter auch im Tode nah sei will, ist das doch verständlich." Der Wandel der Zeit bringe mit sich, dass ein Haustier zum Freund und Familienmitglied werden könne.
Friedhofschef Jochim resümiert: "Es besteht das Bedürfnis, die Verbundenheit, ja die Liebe, die zu Lebzeiten bestanden haben, auch über den Tod hinaus beizubehalten – wir müssen uns dafür öffnen."
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