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Traumjob oder Knochenarbeit?

Geld verdienen, wo andere Urlaub machen – Ferienjobs in Wintersportorten sind attraktiv, haben aber ihre Schattenseiten.  

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Für begeisterte Skifahrer ein attraktiver Saisonjob: Skilehrer  | Foto: Sunshine Village Skiresort (dpa)
Für begeisterte Skifahrer ein attraktiver Saisonjob: Skilehrer Foto: Sunshine Village Skiresort (dpa)

Ein paar Stunden ranklotzen und dann viel Zeit im Schnee verbringen. So stellt man sich einen Job in einem Wintersportort vor. Ganz so traumhaft ist es zwar nicht – lohnen kann es sich aber.

Das Skiresort Sunshine Village im kanadischen Banff-Nationalpark ist ein Sehnsuchtsort für viele Skifahrer. Mit dem Delirium Dive wartet hier eine der berüchtigtsten Abfahrten Nordamerikas. Insgesamt gibt es 108 Pisten. David Hennekes ist hier mittendrin – der 23-Jährige wird diesen Winter seine vierte Saison als Skilehrer in einem der größten Skigebiete Kanadas machen. Wie hat es den jungen Bayer in die Rocky Mountains verschlagen?

Nach seinem Fachabi 2016 wollte er nicht gleich an die Uni, sagt Hennekes. Er nahm sich vor, erst mal Erfahrungen zu sammeln und sein Englisch zu verbessern. Ein Freund gab ihm den Tipp mit dem Sunshine Village. Hennekes kümmerte sich schnell um ein Visum und bewarb sich als Skilehrer – ein Job, den er schon zu Schulzeiten nebenbei gemacht hatte, im beschaulichen Lenggries im Tölzer Land.

Er lebt damit einen Traum vieler junger, wintersportbegeisterter Menschen: Arbeiten im Skigebiet. Etwas malochen, Geld verdienen und ganz viel über die Pisten fetzen. So malt man sich das vor seinem geistigen Auge aus. Doch entspricht das auch der Realität?

Das Angebot ist größer als die Nachfrage

Fakt ist auf jeden Fall: Jobs gibt es in der Wintersaison in den Skigebieten meist genug. Das Angebot sei wesentlich größer als die Nachfrage, sagt Andreas Steibl, Geschäftsführer des Tourismusverbands Paznaun-Ischgl. Allein in der Tiroler Party-Hochburg Ischgl arbeiten jeden Winter rund 3000 Saisonkräfte. "Es wird jedes Jahr schwieriger, Mitarbeiter zu finden", so Steibl.

An den Anreizen dürfte es im Paznauntal nicht liegen, dass die Arbeitskräftesuche mitunter hakt. Unterkunft und Logis werden oft bezahlt, es gibt Vergünstigungen für Freizeitaktivitäten. Und das Gehaltslevel sei hoch: "Bei uns kann ein ungelernter Abwäscher um die 1400 Euro netto im Monat verdienen", sagt Steibl. Und da Verpflegung und Wohnung inklusive seien, könne man fast sein ganzes Gehalt zur Seite legen, wenn man das möchte.

Ungelernte und Quereinsteiger seien zwar ein Thema, führt der Verbandsgeschäftsführer aus. Doch nachgefragt sind vor allem gelernte Kräfte, vom technischen Mitarbeiter bei der Seilbahn bis zum Kellner. "Ausgebildeten Köchen wird hier der rote Teppich ausgerollt."

Eine Wintersaison dauert rund ein halbes Jahr – je nach Gebiet mal länger und mal kürzer. In Ischgl etwa startet sie Ende November und endet Anfang Mai. Eine zentrale Plattform mit Job-Ausschreibungen für den Wintersporttourismus gibt es in Österreich nicht – dafür aber in einzelnen Regionen, in Ischgl etwa unter ischgl.com. Die Betriebe suchen nach Angaben von Steibl besonders im August und September intensiv nach Saisonkräften. Weil aber auch immer wieder Leute abspringen, kann man auch danach noch Glück haben.

Und in der Hochsaison werden Fachkräfte mitunter für nur wenige Wochen gesucht, wie zum Beispiel ein Blick auf die Jobbörse des Schweizer Skischul-Dachverbands Swiss Snowsports, snowsports.ch, zeigt.

Aber wie war das nun mit der schönen Vorstellung vom traumhaften Wintersport-Berufsalltag? Natürlich sollen die Leute auch Skifahren und die Region genießen, sagt Steibl. Aber es wartet auch harte Arbeit. "Es gibt natürlich ein paar wenige Leute, die glauben, dass es hier ein Zuckerschlecken ist. Die werfen aber in der Regel kurz nach Saisonstart das Handtuch."

Aus Sicht von Skilehrer David Hennekes muss man die richtige Einstellung zur Arbeit mitbringen. Wenn die Kanadier in den Ferien Sunshine Village stürmen, ist es vorbei mit der Fünf-Tage-Woche. Dann geht es auch mal zwölf Tage am Stück zur Arbeit. "Geht man da negativ heran, werden das lange, lange Tage", sagt er.

Die Wintersaison in den Resorts ist intensiv. Und man muss bereit sein, nur für ein halbes Jahr einen Job anzunehmen und danach weiterzuziehen. Denn im Sommer gibt es meist weniger zu tun – selbst wenn in vielen Alpenorten der Tourismus mit Mountainbiking und Wandern in den warmen Monaten anzieht. "Auch die jungen Leute wollen verstärkt einen Ganzjahresjob, das merken wir", sagt Susanne Droux vom Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband.

Aus eigener Erfahrung weiß sie aber: "Eine Wintersportsaison mitzuarbeiten, macht Riesenfreude." Sie hat während ihres Studiums zweimal vier Monate in der Nähe des Schweizer Wintersportorts Verbier im Service gearbeitet. "Da stand man morgens früh auf, arbeitete, ging danach in der Mittagszeit auf die Piste, abends wieder arbeiten – und dann ging es oft noch in die Disco."

Für junge Menschen, die gerne Ski fahren, sei so ein Saisonjob "absolut empfehlenswert", sagt Droux. Und selbst wer nicht Pisten herunterbrettern möchte, erlebe die Berge, die Natur und die frische Luft. Über Wochen und Monate gemeinsam zu arbeiten, das schweißt zusammen. "Man ist eine große Familie", sagt Droux. Das Teamgefühl trage über die Zeit hinaus. Sie trifft noch immer alle vier bis fünf Jahre alte Kolleginnen und Kollegen aus ihrer Zeit in Verbier.

Im Sommer gibt es weniger Jobs

David Hennekes hat sich in seinen drei bisherigen Aufenthalten in Sunshine Village einen gewissen Stand erarbeitet. So sorgt etwa ein internes Belohnungssystem der Skischule dafür, dass sein Stundenlohn erheblich höher liegt als noch am Anfang seiner Zeit. Das macht eine Rückkehr attraktiv. Dazu kommt ein gutes Verhältnis zu Kollegen und Vorgesetzten. Auch darum wird er diesen Winter wieder nach Kanada fliegen. Allerdings: Danach sei wohl Schluss, sagt er.

Bisher hat Hennekes in den Sommermonaten zwischen seinen Arbeitseinsätzen in den Rocky Mountains in Deutschland Mini-Jobs angenommen und auch mal ein Praktikum gemacht. Drei Jahre stand er beim Oktoberfest in einem der Zelte hinter der Bar. Nächstes Jahr jedoch werde er wohl ein Studium beginnen – und er möchte die höchste Ausbildungsstufe des Skilehrers machen. Aufgeben wird Hennekes seine Leidenschaft also nicht: "Das möchte ich weiter nebenbei machen." Allerdings nicht mehr in Banff, sondern im heimatlichen Bayern.

Ressort: Wirtschaft

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Sa, 05. Oktober 2019: PDF-Version herunterladen

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