Wohnungspolitik
Studie belegt: Im Kreis Lörrach fehlen seniorengerechte Wohnungen – und der Mangel nimmt zu
Der Kreis Lörrach kommt in die Jahre – und ist auf das Wohnen der älteren Menschen nicht vorbereitet. Das geht aus einer Regional-Untersuchung zum Senioren-Wohnen des Pestel-Instituts hervor.
Mi, 2. Apr 2025, 11:30 Uhr
Kreis Lörrach
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Die Babyboomer gehen bis 2035 komplett in Rente. Dann werden im Landkreis Lörrach rund 11.600 Menschen mehr im Ruhestand sein als heute – insgesamt nämlich rund 59.800. Die Zahlen sind aufgelistet in einer Regional-Untersuchung des Pestel-Instituts, über die der Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel als Auftraggeber der Studie informiert. Und die Wissenschaftler warnen: "Der Wohnungsmarkt im Kreis Lörrach ist mit der neuen Rentnergeneration der geburtenstarken Jahrgänge komplett überfordert. Es fehlen Seniorenwohnungen", so Matthias Günther vom Pestel-Institut. Schon jetzt gebe es einen massiven Mangel an altersgerechten Wohnungen: "Das wird sich in den nächsten Jahren allerdings noch enorm verschlimmern."
Der Leiter des Pestel-Instituts nennt dazu konkrete Zahlen: So gibt es aktuell rund 110.000 Haushalte im Landkreis Lörrach. In 33 Prozent davon leben Senioren. "Bereits heute braucht der Kreis Lörrach rund 8400 Wohnungen für die älteren Menschen, die nicht mehr gut zu Fuß sind. Doch diese Seniorenwohnungen gibt der Wohnungsmarkt im Kreis Lörrach bei weitem nicht her", sagt Matthias Günther. Und für 2045 ermittelt die Untersuchung bei den benötigten Seniorenwohnungen sogar einen deutlichen Anstieg: Demzufolge wird der Landkreis Lörrach in zwanzig Jahren für rund 12.500 Seniorenhaushalte Wohnungen brauchen, die zum Leben im Alter passen.
Viele altersgerechte Wohnungen werden gar nicht von Senioren bewohnt
Eigentlich sei der Bedarf sogar noch höher, so das Pestel-Institut. "Denn ein Großteil der altersgerechten Wohnungen wird noch nicht einmal von Älteren bewohnt. Oft nutzen nämlich auch Familien den Komfort einer Wohnung ohne Schwellen, mit breiten Türen, Fluren und Räumen. Wo das Leben mit einem Rollator klappt, da kommt man auch mit einem Kinderwagen klar", sagt Matthias Günther.
Neben dem Neubau sei deshalb vor allem eine Sanierungsoffensive notwendig, um für mehr seniorengerechte Wohnungen im Kreis Lörrach zu sorgen. Doch die sei bislang nicht in Sicht. Das müsse sich jetzt dringend ändern, fordert Katharina Metzger. Sie ist Präsidentin des Bundesverbandes Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB), der die Regional-Untersuchung zum Senioren-Wohnen beim Pestel-Institut in Auftrag gegeben hat. Eine künftige schwarz-rote Bundesregierung müsse den Wohnungsbau als Motor für die Binnenkonjunktur entdecken und nutzen: "Es geht um mehr Seniorenwohnungen, die durch Neubau und Sanierung entstehen müssen – auch im Kreis Lörrach. Außerdem um mehr bezahlbare Wohnungen und um mehr Sozialwohnungen", so die Präsidentin des Baustoff-Fachhandels.
Kritik an zu wenig und falsch gefördertem Wohnungsbau
Die neue Bundesregierung müsse die Brisanz, die die Wohnungsnot habe, erkennen: "Wer eine horrende Miete zahlen muss oder erst gar keine Wohnung findet, die er noch irgendwie bezahlen kann, bei dem wächst Frust. Das alles ist sozialer und letztlich auch demokratischer Sprengstoff", warnt Katharina Metzer. Der Bund habe den Neubau von Wohnungen zu wenig und außerdem auch noch falsch gefördert: "Statt wenige Gebäude mit übertriebener Klimaschutztechnik zu fördern, muss der Bund künftig deutlich mehr Geld für mehr Wohnungen in die Hand nehmen, die dann auch barrierearm sein müssen." Und Matthias Günther ergänzt: "Wenn sich die Wohnungsbau-Krise weiter zuspitzt, wird das auch im Kreis Lörrach einen erheblichen Verlust von Arbeitsplätzen auf dem Bau bedeuten."
Besondere Bedeutung haben große, barrierefreie Bäder
Der Chef-Ökonom des Pestel-Instituts hat bei einer Sanierungsoffensive für mehr altengerechte Wohnungen vor allem auch die rund 22.100 Haushalte im Landkreis Lörrach im Blick, wo Senioren in den eigenen vier Wänden wohnen: "Es ist wichtig, älteren Menschen für ihr Wohneigentum rechtzeitig einen Anreiz zu geben, ihr eigenes Zuhause seniorengerecht umzubauen." Das Wichtigste seien große Bäder mit einer Dusche ohne Schwellen und Stufen.
Bei Senioren, die zur Miete wohnen, warnt das Pestel-Institut vor Altersarmut: "Bei vielen Babyboomern gab es immer wieder Phasen von Arbeitslosigkeit. Außerdem waren die geburtenstarken Jahrgänge die, die oft zum Niedriglohn gearbeitet haben. Also gehen viele der Babyboomer mit einer eher kleinen Rente nach Hause. Ihre Miete können sie sich damit nicht mehr leisten. In Zukunft werden also deutlich mehr Menschen als heute im Kreis Lörrach auf staatliche Unterstützung angewiesen sein."
Laut Pestel liegt die durchschnittliche Monatskaltmiete im Landkreis Lörrach aktuell bei rund 8,20 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche. 68 Prozent der Seniorenhaushalte, die zur Miete wohnen, leben sogar günstiger: Rund 7700 Haushalte im Landkreis Lörrach, in denen Ältere leben, zahlen nach Angaben des Pestel-Instituts derzeit weniger als die Durchschnittsmiete.
"Noch jedenfalls", sagt Ökonom Matthias Günther. Er warnt: "Eine Wohnung altersgerecht zu machen, kostet Geld und schraubt die Miete nach oben. Aber eine höhere Miete können sich viele Ältere einfach nicht leisten. Und erst recht nicht die Kosten für eine seniorengerechte Sanierung ihrer Wohnung." Dabei sei es für die öffentlichen Kassen in der Regel sogar deutlich günstiger, altersgerechten Wohnraum zu schaffen: "Andernfalls sind Ältere nämlich gezwungen, ins Heim zu gehen. Und die Kosten für einen Heimplatz stehen auf Dauer in keinem Verhältnis zu dem, was der Staat investieren müsste, um eine altersgerechte Wohnung zu schaffen."