US-Präsidentschaftswahl
Südbaden schaut auf die US-Wahl: "Es wird hauchdünn, aber sie schafft es"
Trump oder Harris? Am Dienstag entscheiden die Wählerinnen und Wähler. Es wird wohl ein sehr knappes Rennen. Wie blicken US-Wähler in Südbaden und Experten aus der Region auf die Präsidentschaftswahl?
So, 3. Nov 2024, 12:20 Uhr
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In den USA leben mehr als 330 Millionen Menschen, aber am Ende könnte es um jede Stimme gehen. "Das aus deutscher Perspektive schwer Nachvollziehbare ist, dass es bei der Wahl auf nur ein paar zehntausend Stimmen in den entscheidenden sieben Swing States ankommt. Wer die für sich vereinnahmt, hat es geschafft", sagt Sieglinde Lemke, Amerikanistik-Professorin der Universität Freiburg, im Podcast der Badischen Zeitung. Gemeint sind die Bundesstaaten Arizona, Nevada, North Carolina, Georgia, Michigan, Pennsylvania und Wisconsin.
" "Wenn alle zur Wahl gingen, läge Harris vorne, weil es einfach mehr Demokraten gibt." Christoph Haas, Politikwissenschaftler aus Freiburg
Der Politologe Christoph Haas von der Universität Freiburg sagt: Immer sei es knapp gewesen in den vergangenen Jahrzehnten. Wichtig sei, dass die Demokraten Wisconsin, Michigan und Pennsylvania – "The Blue Wall" – für sich entscheiden, so Haas. Beim Early Voting, der vorzeitigen Stimmabgabe, seien diesmal, anders als 2020, die Republikaner in der Mehrzahl. Lässt das eine allgemeine Aussage über die Wählermobilisierung zu? Die wird in jedem Fall entscheidend. "Wenn alle zur Wahl gingen, läge Harris vorne, weil es einfach mehr Demokraten gibt", sagt Haas.
Benjamin Wolfmeier, Sprecher der Republicans Overseas in Deutschland, geht als einer von wenigen von einem Erdrutsch-Sieg Donald Trumps aus. Harris' Wahlkampf sei "total inhaltsleer". Wolfmeier sieht Trump als Problemlöser, etwa im Ukraine-Krieg, wo Trump Friedensverhandlungen einleiten und eine Waffenruhe durchsetzen werde, ist Wolfmeier überzeugt. Mit Harris geht der Republikaner verbal so hart ins Gericht wie Trump: "Sie ist wirklich dumm."
Der 19-jährige Maddux Lunde, US-Politikstudent an der Uni Freiburg, kommt aus Wisconsins Hauptstadt Madison und hat das erste Mal wählen dürfen. Getan hat er das vor vier Wochen, um sicherzugehen, dass sein Stimmzettel rechtzeitig ankommt und gilt. Lunde ist Harris-Wähler. Ein Grund für ihn ist die Sozialpolitik der Demokraten.
"Ich halte einen Trump-Sieg für ein sehr reales Szenario."Historiker Greg Pedlow
Der Historiker Greg Pedlow aus Emmendingen, geboren im Swing State Pennsylvania, aber wahlberechtigt im Staat seines letzten Wohnsitzes in Virgina, war früher überzeugter Republikaner, ein Anhänger des liberalen Flügels der Partei, den es nicht mehr gibt. Dieses Mal aber hat der 75-Jährige Kamala Harris gewählt – wegen Trump, der ein "unwürdiger" Präsident wäre, aber auch wegen dessen Politik. 26 Jahre hat Pedlow für die Nato gearbeitet. Dass Trump das Militärbündnis in Frage gestellt und einen Austritt erwogen habe, ärgert ihn ungemein, ebenso Trumps Nähe zu Putin. Einen Sieg Trumps hält er für ein "sehr reales Szenario".
Viele wählen Trump wegen dessen Wirtschaftspolitik
Auch die in Freiburg lebende Englisch-Lehrerin Stephanie Pleasants hat in einem Swing State ihre Stimme abgegeben, in North Carolina – und wie immer, seit sie wählen darf, für die Demokraten, also für Kamala Harris. "Ich würde liebend gerne eine Frau im Weißen Haus sehen", sagt Pleasants. Die 36-Jährige glaubt, dass viele Trump wählen wegen der Wirtschaftspolitik und deshalb über sein ganzes Fehlverhalten und seine Lügen hinwegsähen. Vor allem die vielen Menschen, die selber zu kämpfen hätten und denen wichtig sei, dass es für sie besser werde.
Friederike Schulte, Direktorin des Carl-Schurz-Hauses, des deutsch-amerikanischen Instituts, in Freiburg, findet, bei Harris' Auftritten sei das Problem momentan, dass sie bloß nichts falsch machen wolle, "und das engt natürlich die Möglichkeiten im Wahlkampf wahnsinnig ein". Auch deshalb habe sie an Strahlkraft verloren seit dem Parteitag der Demokraten im August. Für Haas geht es bei Harris zu sehr um die Gefährdung der Demokratie durch Trump und was der alles falsch mache. "Ich weiß nicht, ob das wahltaktisch so klug ist, die klassischen Themen zu vernachlässigen." Harris bringe "zu wenige eigene Inhalte. Und ich weiß auch nicht, ob es klug ist, Trump als Faschisten zu bezeichnen."
Auwirkungen einer Trump-Präsidentschaft auf die Zölle bereitet SPD-Politiker Sorgen
Der Emmendinger SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Fechner blickt mit Sorgen auf die US-Wahl. "Eine zweite Trump-Präsidentschaft wäre mit massiven wirtschaftlichen Nachteilen für alle Seiten verbunden", sagt Fechner. "Es würde sauteuer. Sowohl was die Verteidigung angeht, die wir dann künftig ohne die USA organisieren müssten, als auch wirtschaftlich, wenn Trump die Zölle einführt, die er seiner Anhängerschaft versprochen hat."
Er drücke daher der demokratischen Bewerberin Kamala Harris die Daumen. Harris sei, so sagt Fechner, "berechenbar und offen", vor allem, was die internationale Zusammenarbeit anbelangt. "Mit ihr kann man sprechen und sie hat verstanden, dass ein Handelskrieg allen Seiten schaden würde." Fechner wagt außerdem eine Prognose: "Sie schafft es. Es wird hauchdünn, aber sie schafft es."
"Wir stünden dann vor einer schwierigen Lage, die wir danach zu bewältigen hätten."Der südbadische Europaabgeordnete Andreas Schwaab (CDU) über einen Trump-Sieg
"Wir müssen ganz realistisch damit rechnen, dass Donald Trump besser abschneidet, als man sich das wünschen würde. Wir stünden dann vor einer schwierigen Lage, die wir danach zu bewältigen hätten", sagt der südbadische Europaabgeordnete Andreas Schwab (CDU). Allerdings habe man die letzte Amtszeit von Trump besser überstanden, als viele gedacht hätten. "Und es gibt nach wie vor eine realistische Chance, dass Kamala Harris diese Wahl gewinnt." In diesem Fall wäre zwar klar, dass sich die USA nicht aus der Nato zurückzögen, aber auch Harris würde verlangen, dass die Nato-Mitgliedsstaaten mehr für die eigene Verteidigung ausgeben, glaubt der CDU-Politiker.
Unternehmer wohl mehrheitlich mit Trump-Sieg
"Die meisten Unternehmer, mit denen ich in jüngster Zeit gesprochen habe, gehen davon aus, dass der künftige US-Präsident Donald Trump heißen wird", sagt Christoph Münzer. Der Hauptgeschäftsführer des Wirtschaftsverbands Industrieller Unternehmen Baden-Schwarzwald AG rechnet in diesem Fall mit negativen Auswirkungen für die heimische Wirtschaft. "Ein Land wie Deutschland und eine Region wie Baden-Württemberg bekämen die Folgen von 'America first' zweifellos zu spüren. Zollkriege kennen keine Sieger", sagt Münzer. "Harris würde weniger spalten, außenpolitisch weniger Radau machen und die Wirtschaftspolitik wäre nicht ganz so protektionistisch."
Allerdings müssten Deutschland und die anderen europäischen Staaten in jedem Fall mehr Verantwortung in der Nato und für die eigene Verteidigung übernehmen, glaubt Münzer. "Das wird den Steuerzahler Geld kosten, das an anderer Stelle fehlt."
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