Kinderbuch
Shaun Tans surreale "Reise ins Innere der Stadt"
Ein Buch für Kinder wie Erwachsene, prächtig ausgestattet: Shaun Tans "Reise ins Innere der Stadt" führt in eine Welt des Miteinanders von Mensch und Tier.
Mo, 25. Feb 2019, 19:47 Uhr
Literatur & Vorträge
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In 25 Geschichten und 40 doppelseitigen Ölgemälden erzählt er von einer "Reise ins Innere der Stadt", so der Titel, als ob er tief verborgene Menschheitsfantasien sichtbar machte. Die sind oft prächtig ausgestattet und witzig komponiert. Oder hypnotisch-melancholisch, wie das Gedicht über das Jahrtausende alte Verhältnis von Mensch und Hund, das selbst Erwachsene zu Tränen rührt: "Und als du starbst / brachte ich dich zum Fluss. / Und als ich starb, / wartetest du am Ufer auf mich. / Und so verging zwischen uns die Zeit." Berührend auch die Geschichte des kleinen Kindes, das bei seiner Einlieferung ins Krankenhaus Angst hat vor der riesigen weißen Eule auf seinem Bett, die es aber mit ihren federweichen Flügeln bedeckt und tröstet.
Ein Buch für Kinder wie Erwachsene. Man ist sogar versucht, es seinen geliebten Tieren zu zeigen, die bei Shaun Tan in seinem Buch einen noch nie gesehenen würdevollen Auftritt erhalten, der sie zu stillen Begleitern des menschlichen Lebens macht. Wie die Schmetterlinge, die zur Mittagszeit kommen – in einer unvorstellbaren Menge: "Wir standen so still da, Schulter an Schulter, stockend wie der Verkehr auf Brücken, jeder Atem angehalten, jedes Auge offen und erwarteten den schwerelosen Segen winziger Insekten." Oder von den Krokodilen, die im 87. Stock seit Millionen Jahren "in zeitlosem Frieden" leben.
Shaun Tans Texte sind Traumerzählungen, Science-Fiction-Erfindungen, moderne Mythen. Oder surrealistische Geschichten. Wie die der von der Familie über alles geliebten Katze, die nach ihrem Tod winzige Menschen wie Schiffbrüchige durch die Fluten des Ozenas trägt. Wie das Bild vom Schwein in der Wohnung, das scheibchenweise versinkt. Eine Zumutung sind diese Erzählungen, sind sie doch im besten Sinne unvernünftig.
Shaun Tan erhielt 2011 für die Filmadaption seines Bilderbuchs "Die Fundsache" einen Oscar. Sein erster Erzählband mit Illustrationen, "Geschichten aus der Vorstadt des Universums", brachte ihm den Deutschen Jugendliteraturpreis, für sein Gesamtwerk bekam er den Astrid- Lindgren-Gedächtnispreis. Mit "Eine Reise ins innere der Welt" ist ihm sein wahrscheinlich schönstes Buch gelungen, ein Gesamtkunstwerk aus Bild und Text, in der ihm eigenen Traumsprache, die selbst über düsteren Erscheinungen helle Hoffnung leuchten lässt.
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