Seuche
Züchter haben Angst vor Afrikanischer Schweinepest
Der Impfstoff fehlt, Polen und Tschechien bekommen die Seuche nicht in Griff: In Deutschland mit seiner hohen Zahl an Wildschweinen wächst die Sorge vor einem Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest.
Natalie Skrzypczak, Michael Heitmann (dpa)
Sa, 26. Aug 2017, 0:01 Uhr
Panorama
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Die Seuche, die seit 2007 in Osteuropa grassiert, ist für den Menschen zwar ungefährlich, doch Wild- und Hausschweine rafft sie nieder. Das Schlimme ist: Gegen die ursprünglich aus Afrika stammende Krankheit gibt es keinen Impfstoff. Sollte die hochansteckende Seuche von Tschechien, Rumänien oder Polen nach Deutschland schwappen, kann sie nur durch die Bejagung bekämpft werden. Alle Bemühungen blieben bislang erfolglos. Der Erreger breitet sich weiter aus.
In polnischen Schweinemastbetrieben ist das Virus seit Entdeckung des ersten Falls 2014 bereits rund 75 Mal nachgewiesen worden – über 50 Mal in diesem Jahr, wie das Warschauer Hauptveterinäramt mitteilt. Mehr als 400 Fälle bei Wildschweinen seien festgestellt worden. Bisher trat die Krankheit aber nur im Osten des Landes auf.
Ende Juni schlugen erstmals die tschechischen Behörden Alarm: Bei zwei toten Wildschweinen wurde die ASP entdeckt. Seither ist die Zahl der Infektionen in dem Ausbruchsgebiet um die östliche Stadt Zlin dramatisch gestiegen. Bisher wurden rund 90 Tierkadaver positiv auf das Virus getestet, wie die Veterinärbehörde SVS mitteilte. Von Zlin ins bayerische Passau sind es nur rund 300 Kilometer Luftlinie. Der plötzliche Ausbruch der Krankheit in Südmähren hat Experten überrascht.
In der Region Zlin ist der Krisenfall ausgerufen. Menschen dürfen Felder, Wälder und Forstwege im 50 Quadratkilometer großen Ausbruchsgebiet nicht mehr betreten. Rundherum wurden ein kilometerlanger Elektrozaun errichtet. Es wird vermehrt auf Wildschweine Jagd gemacht. Seit Juli wurden mehr als 1780 Tiere abgeschossen.
In Deutschland laufen die Vorbereitungen für den Ernstfall auf Hochtouren. Mit jedem weiteren Fall in Polen oder Tschechien nimmt die Sorge zu. Das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) mit dem Nationalen Referenzlabor für Afrikanische Schweinepest hat vor wenigen Tagen einen Maßnahmenkatalog veröffentlicht: Um den Fundort würden Sperrbezirke und Pufferzonen eingerichtet. In der Pufferzone halten die Experten die Tötung des Großteils der Wildschweine für erforderlich. Doch in Polen und Tschechien zeigt sich, dass sich auch durch intensive Bejagung die Seuche nicht ausmerzen ließ.
Der Erreger wurde 2007 aus Afrika nach Georgien eingeschleppt und hat sich über Russland, das Baltikum, die Ukraine nach Polen, Rumänien und Tschechien ausgebreitet. Zwischen 2014 und heute wurden in Europa mehr als 6000 infizierte Wildschweine und knapp 300 Ausbrüche in Schweine-Beständen registriert.
Ein Ausbruch der Seuche in Deutschland hätte enorme Konsequenzen für die Schweinehalter. Deutschland gehört mit 5,53 Millionen Tonnen Schweinefleisch zu den weltweiten Schwergewichten. Für Landwirte würde hierzulande der Absatz einbrechen. Es könnte zudem auch Exportbeschränkungen geben. "Beim letzten Seuchenzug der klassischen Schweinepest in Niedersachsen Mitte der 90er Jahre mussten allein in der Region Weser-Ems 1,5 Millionen Schweine getötet werden", sagte Matthias Quaing, Marktreferent der Interessensgemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands. Modellrechnungen sprechen für die Region von einem volkswirtschaftlichen Gesamtschaden von drei Milliarden Euro.
Der Verband schätzt, dass der Schaden durch die ASP viel schlimmere Folgen hätte. Der Grund: Die ASP könne – anders als die klassische Schweinepest – nicht durch Impfungen aus den Wild- und Haustierbeständen gedrängt werden, sagt Quaing. Das Bundeslandwirtschaftsministerium hat eine Informationskampagne gestartet. Bei einem Ausbruch sind vor allem die Jäger gefragt. Deutschland ist laut FLI seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten, das Land mit der höchsten Wildschweindichte in Europa.