Account/Login

Schwur vor Gott und Heiratsantrag in Disneyland

  • JuZ-Mitarbeiterin Meike Riebau

  • Do, 28. Juli 2005
    Zisch

     

Trotz Globalisierung und Amerika-Trend: Einiges ist immer noch ganz schön fremd auf der anderen Seite des großen Teichs.

So. Jetzt ist es so weit. Die erste meiner Freundinnen hat sich verlobt. Mit 21. In Disneyland hat ihr Freund ihr einen Heiratsantrag gemacht – und sie ist restlos begeistert oder "thrilled", wie sie es ausdrückt. Und ich – ich habe gemischte Gefühle, während ich ihr eine Glückwunschmail zurückschreibe.

Dana ist Amerikanerin und ich lernte sie kennen während eines Austauschjahres in Hayward in Kalifornien vor vier Jahren. Schon damals waren sie und ihr Freund Ryan ein Paar – er mit dem Ziel, Jugendpastor zu werden, und sie wollte Lehrerin werden. Mit Dana konnte man super die klassischen amerikanischen "girls activities" machen: Pyjama-Partys, endlos über "cute guys" – gutaussehende Jungs – reden, mit dem Auto stundenlang durchs Land fahren, Minigolf, Shoppen – die Liste ließe sich endlos fortsetzen. Aber während der Gedanke ans Heiraten damals wie heute für mich genauso fern lag wie die Frage, welche Namen meine Kinder einmal haben würden, setzte sich Dana schon intensiv damit auseinander.

Selbst das Hochzeitskleid ist schon seit Jahren ausgesucht

Die Frage des Hochzeitskleides war längst geklärt (cremefarben und schlicht), bei den Ringen schwankte sie noch zwischen Gold mit Rubinen oder Silber mit Smaragden ("aber das hängt ja auch von der finanziellen Situation ab", urteilte sie ganz nüchtern) und bei einem Ausflug hielt sie mir einmal geheimnisvoll eine CD unter die Nase – auf dieser befand sich das Lied, das gespielt werden sollte, wenn sie die Kirche betrat. "Das ist doch verrückt, krank", dachte ich in solchen Momenten manchmal. Spätestens, als sie mir einen Ring zeigte, auf dem ein kleines Kreuz eingraviert war. Feierlich erklärte sie mir, es handele sich um einen Bund zwischen "Gott, meinen Eltern, meinem Freund und mir", mit dem sie schwor, keinen Geschlechtsverkehr vor der Ehe zu haben. Andere Länder, andere Sitten meinetwegen, aber ging das nicht eine Spur zu weit?

Jetzt sind Dana und Ryan also verlobt und wollen heiraten, sobald sie in einem Jahr mit dem Studium fertig sind und zusammenziehen können. Sicher, da amerikanische Studenten viel früher einen Studienabschluss haben, stellen sich auch Fragen nach Ehe und Kindern viel eher als den meisten Deutschen – aber für niemanden, den ich hier kenne, ist die Ehe noch ein solches "Muss", ein Lebensziel. Und die meisten meiner deutschen Freundinnen würden es für einen Witz halten, wenn ihr Freund vor der Achterbahn im Europa-Park auf die Knie fallen und ihnen einen Ring entgegenstrecken würde.

Aber diese ganzen Gedanken spielen für Dana und Ryan keine Rolle. Für sie war es die richtige Entscheidung, denn darauf haben sie beide hingearbeitet – und von Zweifeln wird keiner von beiden geplagt. Auch in Deutschland wird jede dritte Ehe geschieden, und anscheinend spielt es keine Rolle, ob man mit 20, 30 oder 40 heiratet. Vielleicht gehen wir Deutsche auch viel zu nüchtern daran; denn eines kann man den beiden bestimmt nicht vorwerfen: einen Mangel an Romantik. Und davon können wir uns vielleicht eine Scheibe abschneiden.

Ressort: Zisch

Artikel verlinken

Wenn Sie auf diesen Artikel von badische-zeitung.de verlinken möchten, können Sie einfach und kostenlos folgenden HTML-Code in Ihre Internetseite einbinden:

© 2024 Badische Zeitung. Keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben.
Bitte beachten Sie auch folgende Nutzungshinweise, die Datenschutzerklärung und das Impressum.

Kommentare


Weitere Artikel